Ob Avicii, Scott Hutchinson von den Frightened Rabbits oder Demba Nabé´von Seeed. Auch 2018 ist die Liste an Musiker*innen, die ihren Lebenskampf vermutlich an Suizid verloren, viel zu lang; gerade im musischen Sektor scheint die Depressionsrate immens hoch zu sein. Umso wichtiger sind die Stimmen, die eben diese Problematiken ansprechen und somit einen großen Teil zur Aufklärung beitragen.
Es ist wohl kein großes Geheimnis, dass auch Beartooth-Frontmann Caleb Shomo immer wieder mit Depressionen zu kämpfen hat; schließlich fungiert dieses Thema bei allen Beartooth-Releases wie ein roter Faden. So sollte es keine große Überraschung sein, dass auch “Disease” eben nicht Krebs oder andere Erkrankungen, sondern eben Depression bezeichnet. Unter diesem thematischen Schirm bietet die Metalcore-Band 12 Songs, die in neue Gebiete vordringen, aber auch ganz viel typischen Trademark-Sound verwenden. Mit dem Opener “Greatness or Death” wird man zunächst ins kalte Wasser geworfen, direkt stürmen alle Instrumente los und Shomo beklagt sich in gewohnt dramatischen Texten. Im Refrain packt die Band die großen Mitsing-Hymnen aus, die letzte Bridge präsentiert ein richtiges Metalcore-Brett. Fertig ist der nächste große Beartooth-Hit. Auch “Disease” könnte so auf den letzten Alben erschienen sein, dieses Mal wird jedoch die eher ruhigere Spielweise ausgepackt, die den Fokus auf Melodie setzt und auch gerne mal Oh-Oh-Chöre einbaut; “Fire” ist wiederum schneller, sonst aber ebenfalls gewohnt. Mit “You Never Know” folgt dann jedoch der erste Track, der etwas Neues bietet, die Gitarre ist besonders schnell, der Refrain erinnert eher an Alternative als an Metalcore. “Bad Listener” überrascht dann mit einem Sprung in eine ganz andere Richtung und ist wohl der härteste Track, den die Band bis dato veröffentlicht hat. Ausnahmsweise geht es hier nicht um psychische Probleme, sondern wie bereits bei “Rock is Dead” um die Relevanz der Alternative-Genre. “Enemy” baut Gitarren ein, die überraschend nach Classic Rock klingen, “Believe” ist tatsächlich sogar eine Art schneller Pop-Punk-Song geworden. In vielen Songs können gerade die Kleinigkeiten überzeugen, so wird “Infection” durch eine ganz grandiose Schlagzeug-Fraktion geleitet.
Beartooth wissen einfach, wie ein Metalcore-Hit aussehen muss – jeden einzelnen der 12 Tracks wird man schon nach dem ersten Durchgang nicht mehr los. Auch das dritte Album geht dabei den gewohnt eingängigen Weg und überrascht gar mit einigen Experimenten. Dass dabei thematisch durchgehend Depressionen behandelt werden, macht “Disease” zudem zu einem ganz wichtigen Aufklärungsalbum. Denn Weggucken ist 2018 keine Option mehr – erst der offene Diskurs wird hier helfen. Und wenn sich dabei Tausende in den Armen liegen und leidenschaftlich die Texte dieses starken Metalcore-Albums mitgrölen, ist der Zusammenhalt wohl der größte Mittelfinger in Richtung der dunklen Dämonen im Kopf.
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Rechte am Albumcover liegen bei Red Bull Records.
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