Biffy Clyro – The Myth Of The Happily Ever After

Review: Auf "The Myth" kehren Biffy Clyro ihrer handzahmen Seite den Rücken zu und üben sich in Krawall und Schrägheit.

Auch für ihr zu dem Zeitpunkt achtes Album kehren Biffy Clyro ihre Routinen um und veröffentlichen überschüssiges Material nicht einfach als B-Seiten-Resterampe. Stattdessen setzt die Band die Arbeiten an dem überschüssigen Material nach der Veröffentlichung von „A Celebration Of Endings“ fort. Im letzten Jahr entstehen daher neue Songs, alte werden zugespitzt. Das Ergebnis dieses Verfeinerungsprozesses heißt „The Myth Of The Happily Ever After“ und ist nun doch weit mehr als nur ein Buffet wieder aufgewärmter Speisen.

Eines teilt sich das nun neunte Studioalbum der Schotten dann aber doch mit den bislang sechs kleineren B-Seiten-Geschwistern: Das Element des Sonderbaren findet mehr statt denn auf den oft handzahmeren Großprojekten. Viele Haken setzen Riffs und Drums an Stellen, an denen gewöhnliche Rock-Hymnen straight auf ihr Ziel hinzu rennen würden. „Witch’s Cup“ etwa feiert mit seinem euphorischen Pomp-Chorus farbenfrohen Plüschtier-Pogo, arrangiert die Party jedoch auf derart kantigen Rhythmen, dass es der Band in der Bridge leicht gefallen sein sollte, die Kuschellandschaft über Bord zu werfen.

Dieses Aufbäumen generell liegt der Band (wieder) in ihrer DNA. Jedes der elf Stücke – manche reichen an die sechs Minuten heran – möchte an irgendeiner Stelle aus den Fugen geraten. Zumeist geschieht das gegen Ende hin. Der beschwerliche Schlusssong „Slurpy Slurpy Sleep Sleep“ weicht von dieser Grundformel ab: Gleich zu Beginn steht der Volumeregler auf 10. Zu den kartharsisch Innenbehandlungen von Songschreiber und Sänger Simon Neil passt das. „Life is a sad song we only hear once“, heißt es hier. „It’s been dark a while so where’s the fucking dawn?“, fragt der 42-Jährige wiederum in der Vorab-Hymne „A Hunger In Your Haunt“. Das ebenfalls bereits ausgekoppelte „Unknown Male 01“ indes bespricht die Emotionen, die der Verlust enger Freunde auslöst. Ein Muster ist erkennbar: Wirklich knallig koloriert werden die Themen nicht, die Neil auf „The Myth“ besingt. Demgemäß färben die Umstände der weltweit wütenden Pandemie auch die Texte der Band grau.

Dem Gesamteindruck schmeichelt zudem, dass „The Myth“ auf ebenjene staubtrockenen Obligat-Balladen verzichtet, die die letzten Biffy Clyro-Alben nahezu frenetisch zelebriert hatten. „Holy Water“ gaukelt zunächst zwar vor genau dies zu sein, wird dann jedoch erst Power-Ballade, dann Bunker-esque Soundwand. In Klangtraditionen denken die Schotten grundsätzlich wenig. „Existed“ könnte der perfekte Soundtrack für alle TikTok-Indie-Heads sein – wäre da nicht Neils Gekeife im Hintergrund. „Haru Urara“ währenddessen mischt Jazz und Lounge, „Separate Missions“ Post-Punk und überdrehte Synthesizer.

Formeln bedienen Biffy Clyro auf „The Myth“ kaum – auch das eint es mit seinen B-Seiten-Vorgängern. Die Gitarrenberge, Gesangsspitzen und Schlagzeug-Gewitter zeichnen sich daher so kantig ab wie die schottische Küstenlinie. Bei all den steinigen Wanderungen fernab der üblichen Wege bleibt ein Glaubensbekenntnis zu setzen: Hoch leben die Weirdness-Päbste des Rock!

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Und so hört sich das an:

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Biffy Clyro live 2022:

17.02.2022 – Hannover, Swiss Life Music Hall
19.02.2022 – Berlin, Velodrom
21.02.2022 – Düsseldorf, Mitsubishi Electric Halle
23.02.2022 – Frankfurt, Festhalle
25.02.2022 – München, Zenith
04.02.2022 – Stuttgart, Porsche Arena
16.08.2022 – Hamburg, Stadtpark Open Air

Die Rechte für das Cover liegen bei Warner Music.

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