Mit „Live In Ghent“ steuern Brutus aus Belgien ihren zugegebenermaßen sehr späten Teil zum Sommer der Live-Alben bei. Das erste Live-Dokument des Trios ist dabei die wohl letzte relevante Veröffentlichung der Art im laufenden Jahr – und gibt einen gutes Abbild vom Charakter der Band.
Im Mai 2019 spielten Brutus vor etwa 750 Fans im bereits lange im Voraus ausverkauften Genter Handelsbeurs. Dieses knapp einstündige Set findet sich nun auf ihrem Live-Album-Debüt. „Live In Ghent“ unterscheidet sich in einem wichtigen Punkt von der breiten Masse derartiger Veröffentlichungen. Steht sonst zumeist das Zusammenspiel von Band und Publikum im Vordergrund, so offenbart sich hier gerade eines: Was für eine ausgecheckte Live-Band Brutus sind. Denn die Ansagen von Sängerin und Schlagzeugerin Stefanie Mannaerts – ihre Kollegen Peter Mulders (Bass) sowie Stijn Vanhoegaerden (Gitarre) kommen gar nicht zu Wort – bleiben zumeist bei kurzen Danksagungen und auch das Publikum ist nahezu ausschließlich zwischen den Songs zu vernehmen. Ja, wenn Brutus spielen, dann bleibt die Welt drumherum stehen und es zählt nur die Musik.
Und tatsächlich: Die dreizehn Stücke entführen in eine andere Welt. Und sprechen eine klare Sprache, denn Brutus klingen zu dritt fetter als andere Bands in Fünferbesetzung. Vanhoegaerdens Gitarren füllen den Mix in Breite aus und changieren von hoffnungsvollen Post-Rock-Sphären zu treibenden Riffing-Passagen. Mulders Bass wiederum gibt stets zielgerichtet die nötige Tiefe und wird maßgeblich auch von seinem zähen Ton getrieben. Und über die Frau an Schlagzeug und Gesang, die laut eigener Aussage niemals in die Menge blickt, muss man eigentlich gar nicht sprechen: In butterweichen Hall gepackt schwebt Mannaerts Stimme wie der verzweifelte Gesang eines Engels über den dichten Soundschwaden und zeichnet lange Melodiebögen. Währenddessen drischt die Frontfrau teufelsgleich auf ihr Schlagzeug ein und lässt vertrackte Momente auf treibende Blast-Beats und schwere Headbang-Passagen folgen.
„Live In Ghent“ dokumentiert eindrucksvoll, warum Brutus reihenweise auf der nördlichen Erdhalbkugel gelegene Clubs und Hallen ausverkaufen: Weil das Wesentliche – die Musik – im Vordergrund steht. Und genau das vermittelt auch das erste Live-Album der Belgier*innen.
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