Weite Landschaften, getüncht in dezenten Farben – ja, das sind durchaus bildliche Assoziationen, die man mit Island als Land im Generellen, aber auch als Herkunftsort für isländische Musik unterschreiben würde. Was das betrifft, passt das Albumcover des fünften Mammút-Albums “Ride The Fire” also ziemlich gut in die Klischee-Schublade, doch genau so wie das rote Tuch und das Feuer des Titels mit der Erwartung brechen, geht die Platte des isländischen Quintetts auch gänzlich andere Wege.
Hollywood-Grandezza trifft auf satten Indie-Sound
Das ist schon eine ordentliche Hausnummer: Gemischt wurde “Ride The Fire” von Sam Slater, der zusammen mit Oscar-Preisträgerin Hildur Guðnadóttir die Partituren “Joker” und “Tschernobyl” produziert hatte, das Mastering übernahm Mandy Parnell, die schon für Björk und Sigur Rós an den Reglern stand. Eine gewisse Erwartungshaltung wird durch solche Fakten ohne Frage erzeugt, doch auch aus dieser Schablone bricht das isländische Quintett aus. Dafür fallen die fünf sogar mit der Tür ins Haus, denn schon der Opener “Sun And Me” schielt mit pulsierenden Riffs und Beats eher Richtung Dancefloor als auf exzentrische Maskenschau. Tatsächlich überzieht diese konkrete Indie-Glasur das Songwriting über weite Strecken, gemahnt im Storytelling-Song “Prince” an einen Hybrid aus Meg Myers und Amanda Palmer. Ganz ohne Bombast und weite Sphären möchte “Ride The Fire” aber doch nicht auskommen – nur eben auf eine ganz eigene Mammút-Art.
Kollektivität und Elektronik
Hier ein zerrender Synthesizer, dort ein Reigen an modulierten Stimme, am anderen Ende brodelt es unheilvoll. “Ride The Fire” ist wahrlich kein analoges Album, lebt es doch von Verfremdung und unerwarteten Sound-Mixturen. Hier spürt man sie dann doch, die übergroßen Björk-Momente, allen voran im weiten “Birds”, das sich nach einem schlichten Start in klirrende Tiefen schwingt. Hollywood-Flair gibt es in den mystischen Strophen von “Pow Pow”, die durch die geradlinigeren Refrains jedoch wieder auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt werden. Bei aller Experimentierfreude, die “Ride The Fire” zu einer wahren Entdeckungsreise machen, bleibt es dank dieser Besonnenheit auch ein stets nachvollziehbarer Prozess. Und dieser hinterlässt unter anderem mit der unglaublichen Dynamik eines “Solomon” und dem drängenden “Forever On Your Mind” viele potentielle Hits. Letzterer lebt zudem immens von der atmosphärischen Vokal-Arbeit des Quintetts, bei der Sängerin Katrína Mogensen wiederholt Unterstützung erfährt. Zwar ist “Ride The Fire” das erste Album, das Mammút nicht in alter Garagenband-Manier komplett gemeinsam in einem Studio aufgenommen haben, doch durch die spürbare Kollektivarbeit werden Grenzen nicht nur im räumlichen, sondern auch im musikalischen Sinne überwunden. Dezente Dramatik voller geradliniger Überraschungen – bei Mammút eben keine unmöglichen Verbindungen, sondern eine verdammt spannende Sound-Welt.
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