Genug von der häuchlerischen Harmonie. Wer kann diese auch länger ertragen, in einer Welt, in der Rassismus, Klassismus, Sexismus und Queerphobie diverse Keile zwischen die Menschen treiben? Bei Dana Dentata, dem ersten rein weiblichen Signing bei Roadrunner Records, öffnet dieser Ethos den Raum für die Dissonanz. Dabei soll das Debütalbum “pantychrist” vor allem die empowernde Retourkutsche nach einem sexuellen Übergriff darstellen. Die zwölf Stücke der Platte spielen deswegen ganz offensiv mit sexuellen Reizen, ohne dabei jemals selbst die Zügel abzugeben. Dana Dentata macht schnell klar, wer hier der Boss ist.
Wanderung im diffusen Genre-Nebel
Dabei ist die Musik für diesen kleinen Höllenritt teils so ungreifbar und diffus, dass es sichtlich schwer fällt, eine Genre-Zuordnung zu treffen. Im Opener und Titeltrac wabern Störgeräusche durch die Boxen, während von Spoken Word bis zur repititiven und am Ende geschrienen Parole “Don’t you ever fucking doubt me!” changiert wird. DIrekt danach kippt die Stimmung: sanfte Background-Chöre öffnen den Weg für ein kurzes Piano. Das Travis-Barker-Feature “Spit” ist dann gar so von bestialischem Kreischen und unheimlichen Tuscheln getragen, dass das Zuhören zu einer echten Herausforderung wird. Und was macht Dana Dentata dann? Rollt mal eben Synthesizer (“Like a Preyer”) und Trap-Beats aus (“Manic Monday”), um sogar kurzzeitig gen R’n’B abzudriften (“Apology”). Eine ganz ungewohnte Melange der Musikrichtungen.
“You need to face what you fear”
…singt Dentata im tosenden Breakdown von “Apology”, dessen Dasein nach dem vorigen droppenden Beat eine dramaturgische Glanzleistung darstellt. Unter diesem Schlachtruf lässt sich die Platte kompromisslos zusammenfassen. Egal ob in lasziven Enthüllungen, wütendem Schreien oder den gekonnten Spoken Word-Parts: Dana Dentata ist die Göttin in diesem Universum. Insbesondere für den alten Feind Patriarchat wird es hingegen ungemütlich. Vielleicht ist die Drohgebärde wie in “Church Hooker” mit der Andeutung von Kirchenmusik und irrem Lachen etwas drüber, doch gerade gegen Ende nimmt die Platte deutlich Fahrt auf. “I showed you how to fuck” und “My pussy got teeth” rappt die Künstlerin vor einem pumpenden Beat in “I.U.D.” und sorgt dafür glatt für eins der Album-Highlights. Auch die kühlen Synthies in “Like a Preyer” passen hervorragend zur inhaltlichen Umkehr des Narrativs, Männer hätten die Rolle der Eroberer inne. Zu guter letzt fährt “Woodstock 99” dann mit einem stampfenden Crossover-Sound noch augenzwinkernd am desaströsen historischen Festival vorbei.
“pantychrist” ist kompromisslos dissonant, an vielen Stellen konturlos, an anderen wiederum ziemlich deutlich. Mit einem solchen Debütalbum setzt Dana Dentata dort an, wo Konzeptkünstler*innen wie Poppy und Grimes bereits seit Jahre grasen. Mögen es die richtigen zu hören bekommen!
Das Album “pantychrist” kannst du hier hören. *
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Rechte am Albumcover liegen bei Roadrunner.
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