Deichkind – Wer Sagt Denn Das?

„Deine Eltern sind auf einem Tennisturnier…“ – wenig Songs haben so einen Kultfaktor entwickelt wie das 2006 erschienene „Remmidemmi“ von Deichkind. In den Singlecharts reichte es zwar nur für Platz 68, was aber keinen Abbruch tat. Heute sollte es kaum einen Menschen geben, der nicht mindestens die Hälfte der Lyrics zitieren kann. Dabei gab es bereits zuvor mit „Bon Voyage“ und „Limit“ zwei einschlagende Hits – und letztendlich nach „Remmidemmi“ mit „Leider Geil“ und „Bück dich hoch“ sogar zwei Gold-Auskopplungen.

Im kommenden Mai ist die erste Deichkind-Veröffentlichung bereits zwei Jahrzehnte her. 2000 kam das Debütalbum „Bitte ziehen sie durch“. Nun steht mit Wer sagt denn das? Album Nummer Sieben in den Startlöchern. Dafür haben sich die beiden MCs Philipp aka Kryptik Joe und Sebastian aka Porky länger Zeit gelassen als sonst: zwischen dem zuletzt erschienenen „Niveau weshalb warum“ und dem neuen Longplayer dauerte es nun vier Jahre und acht Monate. Die Zeit wurde zwar mit unzähligen Festivals und ausgiebigen Tourneen überbrückt, aber auf neue Musik musste trotzdem gewartet werden. Zwischendrin ist Ferris MC auf der Strecke geblieben und nun Roger Rekless am Mic.

Und was hat sich verändert? So gut wie gar nichts. Ist das enttäuschend? Ein bisschen vielleicht. Dennoch ballern die 18 neuen Tracks ordentlich und sorgen eben für den gewünschten Deichkind-Effekt: Feierlaune von der ersten bis zur letzten Sekunde. Wer sagt denn das? hält eine gemischte Tüte an Süßigkeiten bereit, ähnlich wie die vom Kiosk. Man weiß bereits beim Kaufen, was ungefähr drin ist. Letztendlich freut man sich aber doch, wenn ein Schlumpf und eine von den geilen Bananen mit reingepackt wurden und wirft das, was nicht schmeckt, in die Tonne.

Wahnwitzige Ideen, die stets originell und durchdacht daherkommen, treffen auf Sarkasmus, Ironie und moderne Beats. Dabei wird Hip-Hop-Fans wenig geboten, Electro-Fans umso mehr. Trap ist auch 2019 bei Deichkind nicht wegzudenken. Was der Effektcomputer so hergibt, ist am Start („Quasi“). Außerdem wird sich natürlich gehörig selbst zitiert („Wer sagt denn das?“) und selbst vor unglaublich erscheinenden Samples von Metallegenden nicht zurückgeschreckt („Bude voll People“).

Das „Remmidemmi“-Zitat zu Beginn steht nicht zum Spaß da. Lange drauf gewartet, nun ist es da.
„Keine Party“ ist die Antwort auf ebenjenen Übersong und hat tatsächlich Potenzial, genauso groß zu werden. Wir sehen jetzt schon eine sensationelle Inszenierung auf der Bühne vor unserem inneren Auge. Thematisch ist ansonsten „Cliffhanger“ am Zeitgeist und behandelt die allgegenwärtige Seriensucht, „Powerbank“ hingegen die Abhängigkeit vom Smartphone und „Richtig gutes Zeug“ das penetrante Empfehlen von Dingen, denen der andere letztendlich sowieso niemals nachgehen wird. Zuhören lohnt also wie eh und je. Ab und zu ist dann akustisch doch ein wenig zu viel Chaos und Großraumdisco („Ich bin ein Geist“, „Gewinne Gewinne“, „Sonate in F-Doll“), aber Deichkind sind keine wirklichen Künstler für Alben. Hier packt man sich das raus, was gefällt und geht darauf einfach steil.

Eigentlich sagt man ja, dass Dinge anders werden müssen, damit sie besser werden. Bei Deichkind gilt das nicht. Ein bisschen Variation im Sound, genügend schrullige und bekloppte Ideen, schlaue Lines und Material für die nächsten Partys. Fertig ist der Bums.

Das Album “Wer Sagt Denn Das?” kannst du dir hier kaufen.*

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