„Ich tausche diesen Kittel gegen 808.“ Dexter ist wahrlich kein neuer Name für Kenner*innen der Deutschrap-Landschaft. Schon zu Anbeginn der letzten Dekade rappten Künstler wie Casper oder Cro über Beats des Stuttgarters, der damals noch hauptberuflich als Kinderarzt tätig war, nebenbei aber schon lange an Beats schraubte. Der Status als Teilzeit-Rap-Mensch blieb auch für sein 2017er-Album „Haare Nice, Socken Fly“ bestehen, auf dem Dexter mit gewissem Sicherheitsabstand auf die Szene herabblickte – und erstmals ganz auf sich gestellt als Rapper agierte. Ja, Dexi kann auch rappen! Die inzwischen zum Kernmotiv gewordene Zweigleisigkeit im Alltag ist nun Geschichte: Felix Göppel aka Dexter hat seinen Arztkittel an den Nagel gehängt – und zelebriert diesen weitreichenden Schritt mit seinem zweiten Rap-Album „Yung Boomer“.
Bis auf die vielen Verweise auf den neuen Alltag, die sich in den Texten niederschlagen, macht der Dexter-Zweitling jedoch gar nicht so viel anders als sein Vorgänger. Da wären zum einen die Beats, die noch immer auf der Schwelle zwischen Old- und New-School tanzen und mehr Wert auf Entspannung als auf Stress legen. Dementsprechend transzendental klingen die Songs streckenweise auch: Gerade „Holiday“ kann davon ein Lied singen. Zum euphorischen Nackentraining, Hip-Hop-Heads der alten Schule wird das freuen, lädt zudem auch „Gold“ – tschitsching – ein. Verschmitzt eingängig wird das später in „Nur Noch Was Ich Mag“ – samt unverschämter LGoony Hit-Hook. Und da wären zum anderen die Texte, die Querverweis auf Querverweis folgen lassen und ganz klar machen, wo der Beat-bauende Rapper steht: Auf der Seite aller „links-grün versifften“, alt gewordenen Hip-Hopper ohne Interesse am Deutschrap-Mainstream, aber mit einer Offenheit für moderne Soundbilder.
Abgesehen von vereinzelten Schüssen in Richtung Zeitgeist-Rap ist „Yung Boomer“ eine einzige Zelebration der schönen Dinge. Dexi feiert das Leben und sich selbst („Corner“, „Holiday“), den Konsum von Vino und Gras („Beyblade“), die Unabhängigkeit als Musiker („Kontrolle“) und das Erwachsensein. Dass der Stuttgarter dabei nicht der technisch versierteste Rapper ist, verzeiht man ihm dank Sympathiebonus gerne. Auch Göppel selber beäugt seine oft leicht tapsigen Lines selbstkritisch – und ist selbst dabei ultra-sympathisch. In „Gold“ fasst er zusammen: „90% lit, 10% cringe!“ Sich selbst nur nicht zu ernst nehmen: Man möchte ja nicht so sein wie die prollige Konkurrenz.
Auf all den Spaß, den der 36-Jährige merklich mit seinen Songs hat, folgt abschließend eine doch ernste Retrospektive, die dann allerdings – natürlich, es ist ja immer noch eine Dexter-Platte – mit einem optimistischen Ausblick zusammengeführt wird: „Apoplex“ behandelt einen Schlaganfall, den der 36-Jährige während eines DJ-Gig erlitt. Und doch heißt es in der Hook: „Ja, das hab’ ich jetzt kapiert: Irgendwann ist es vorbei, aber noch nicht jetzt.“ Nur nicht unterkriegen lassen! Und alles Gute für den neuen Lebensabschnitt, Mr. Berufsmusiker!
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Und so hört sich das an:
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Dexter live 2021:
29.10. – Heilbronn, Mobilat
30.10. – Zürich, Exil (CH)
31.10. – Bern, ISC (CH)
01.11. – Wien, B72 (AU)
03.11. – Leipzig, Naumanns
04.11. – Bremen, Zentrum Lagerhaus
05.11. – Jena, Kassablanca
06.11. – Hannover, Kulturzentrum Faust
08.11. – Hamburg, Übel & Gefährlich
09.11. – Köln, CBE
10.11. – Berlin, Lido
11.11. – München, Ampere
13.11. – Regensburg, Alte Mälzerei
14.11. – Münster, Skaters Palace
15.11. – Frankfurt am Main, Zoom
16.11. – Stuttgart, Wizemann
18.11. – Nürnberg, Z-Bau
19.11. – Dresden, Groove Station
20.11. – Chemnitz, Weltecho
Die Rechte für das Cover liegen bei prodbydexter.
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wtf.
dexi schon seit wortsport immer wieder am rappen.
schwacher text
Hi Ben, danke für dein Feedback. 🙂 Dass Dexter auch schon vor „Haare Nice, Socken Fly“ gerappt hat, ist mir natürlich bewusst. Bis dahin standen seine Producer-Tätigkeiten aber sehr klar im Vordergrund. Deshalb heißt es in meinem Text auch, dass er da “erstmals ganz auf sich gestellt als Rapper agierte”.
Kannst du ansonsten vielleicht weiter ausführen, was du an dem Text sonst “schwach” findest? 🙂
Liebe Grüße
Jonas
Hey Jonas, da muss ich Ben aber zustimmen. Alle Dexiparts auf “Palmen&Freunde” sind imo absolute classics. Anscheinend scheinen aber irgendwie alle Hiphop-Journalisten “Haare Nice, Socken Fly” für Dexis erstes Rapalbum zu halten.
Hi Julius, klar, Dexter hat auch schon lange vor “Haare Nice, Socken Fly” gerappt! 🙂 Dass “Palmen & Freunde” von vielen nicht als Solo-Album wahrgenommen wird, liegt vermutlich daran, dass das Konzept der Platte ganz klar ist Freunde zu featuren. Die Platte kann man deshalb auch als Kollaborations-Album betrachten. “Haare Nice, Socken Fly” wurde aus der Perspektive daher vielfach als das erste “richtige” Rap-Album von Dexter wahrgenommen. Letzten Endes ist das aber eine Definitions-Frage und tut aus meiner Sicht gar nicht so viel zu der Sache und zu der Bewertung des Albums dazu. 🙂
Liebe Grüße
Jonas