Fontaines D.C. – Dogrel

Fontaines D. C. - Dogrel

Musik beschreibt Zustände, Orte, Gefühle oder Ereignisse manchmal zutreffender als Worte es je könnten. Bei einer besonders gelungenen Komposition fühlt man sich gar unweigerlich in den jeweiligen Zustand versetzt. Fontaines D.C. versuchen sich auf ihrem Debüt gleich daran, ihrer Heimatstadt Dublin ein musikalisches Werk an die Seite zu stellen – und meistern diese Aufgabe überragend. Wer sich hier nicht direkt in die verregneten Gassen der irischen Hauptstadt fühlt, hat die Musik wohl einfach zu leise gedreht. Das Bild, das die Band dabei zeichnet, ist wahrlich kein positives – und doch strotzt es vor Liebe zur Heimat.

Schon im Opener “Big” fühlt sich jeder kompromisslose Beat an wie ein weiterer Schritt hinein in Irlands Hauptstadt. Das lyrische Ich leitet die Hörer*innen durch die engen Gassen und bekräftigt dabei immer wieder “My childhood was small, but I’m gonna be big”, beschreibt seine eigene Stadt als “pregnant city with a catholic mind”. Vom kühlen Post-Punk geht die Reise in lockere Gefilde mit lässigen Gitarren über, auch Sänger Grian Chatten entfernt sich vom nüchternen Erzählton. Zwar wird hier Liebeskummer zentral, ansonsten dreht sich die Platte aber größtenteils um ein universelles Problem: die Gentrifizierung. Dank voranschreitenden Technologien und veränderten Arbeitsfeldern verdichten sich die Ballungszentren weltweit, was einen großen Einfluss auf (Groß-)Städte hat. Kaufhausketten verdrängen die kleinen süßen Läden von früher, der einzigartige Charme einer Stadt verblasst unter diesen Bedingungen enorm. “Roy’s Tune” beschreibt die Ratlosigkeit nach der Schließung einer ortsansässigen Firma, “The Lotts” dreht sich um die Zerrissenheit der Arbeiterklasse, “Hurricane Laughter” rezitiert im nahezu maschinell-repititiven Tonfall “There is no connection available” – und fügt dem Signalton eines Telefons eine kulturelle Neukodierung bei. All das beobachten Fontaines D.C., stellen diese Veränderungen im Erzählton vor und fragen folgerichtig “Is this too real for you?” – die Realität liegt nun mal schwer im Magen. Zwar werden die Iren meist in die Post-Punk Ecke der Idles geräumt, offensichtlich schöpfen Fontaines D.C. jedoch aus einem viel breiteren Stil-Vorrat. In “Television Screens” erinnern die Iren eher an die traurig-glücklichen Klänge der Smiths, “Liberty Belle” und “Boys in the Better Land” laden den stets melancholischen Texten zutrotz zum Tanzen ein.

Am Ende ist “Dogrel” ein wahnsinnig starkes Debüt, das mit verschiedensten Stilmitteln des Punk ein detailliertes Bild der irischen Arbeiterschicht inszeniert. Für die folgenden Alben warten sicherlich noch genügend andere europäische Städte darauf, so treffend vertont zu werden. Fontaines D.C. dürfen sich über ihren ganz eigenen Platz im aktuellen UK-Hype freuen. “My Childhood was small, but I’m gonna be big” – das glauben wir aufs Wort.

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Und so hört sich das an:

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Fontaines D.C. live 2019:

  • 04.11.2019 Gebäude 9 Köln

Rechte am Albumcover liegen bei Partisan Records.

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