Kvelertak – Splid

Kvelertak - Splid

Mit unfassbarer Leidenschaft haben sich Kvelertak innerhalb von zehn Jahren aus Studenten-WGs im norwegischen Stavanger auf die größten Bühnen der Welt in Metallicas Vorprogramm gespielt. 2018 geschah dann das unvorstellbare: Frontmann Erlend Hjelvik verließ die Band. Seit Tag eins führte er die intensiven Live-Shows der Gruppe mit seiner brachial-trockenen Stimme an. Kurze Zeit nach Hjelviks Ausstieg verkündete die Band mit Ivar Nikolaisen von The Good The Bad And The Zugly seinen Nachfolger. Nikolaisen kreischte sich direkt in die Herzen der Fans. 2019 ging es dann ins Studio. Erneut arbeitete die Gruppe mit Converge-Gitarrist Kurt Ballou als Produzenten zusammen, der bereits für Kvelertaks erste beiden Alben hinter den Reglern saß. Heraus gekommen sind elf unfassbar eklektische Stücke, welche den Hörer immer wieder in bislang unerforschte musikalische Welten ziehen und gleichermaßen überfordert und befriedigt zurücklassen. „Splid“ vereint die rohe, ungezügelte Gewalt ihres Debüt-Albums, die spielerische Präzision von „Meir“ und „Nattesferds“ künstlerische Vision.

Melodieverliebte Hymnen

Wie „Meir“ von 2013 und das 2016 erschienene „Nattesferd“ startet auch „Splid“ mit erhabenen Gitarren in „Rogaland“, bevor die Rhythmus-Fraktion einsetzt und Nikolaisens rotzige Stimme beginnt das enorme Klangbild zu bändigen. Das verhängnisvolle „Crack Of Doom“ ist das erste komplett englischsprachige Stück der Gruppe. Für diesen Song lieh Mastodon-Frontmann Troy Sanders seine markante Stimme. Anschließend wechselt das drei-minütige „Necrosoft“ zwischen vertracktem Spiel und geradlinigen Blastbeats, bei denen immer wieder Akzente auf dem Ridebecken gesetzt werden. „Discord“ ist ein energiegeladener Punk-Rock-Ritt, dessen Refrain Ohrwurm-Character beweist. Zum Ende des Songs kreischt sich Nikolaisen beinahe seine Lunge aus dem Brustkorb. Die erste Vorabsingle, „Bråtebrann“, gab bereits im November einen ersten Vorgeschmack auf „Splid“ und fügt sich perfekt in die knappe Stunde musikalischer Überraschungen ein. „Uglas Hegemoni“ ist der traditionelle Scandirock-Song der Platte, fröhlich und energiegeladen. Durchweg wird treibender Hardcore Punk mit melodievierliebten Gitarren-Passagen kombiniert. Black Metal wird zur Randnotiz.

Nach sechs Stücken schlägt das Album eine Kehrtwende ein und erreicht neue musikalische Sphären. „Faden ta dette hull!“ zeigt Kvelertak zunächst von ihrer mitreißend-melodischen Seite, bevor sie das Stück urplötzlich in eine Slayer-Metallica-80s-Thrash-Hommage verwandeln. Das Beeindruckende dabei: das Ganze wirkt unfassbar organisch und klingt vertraut, obwohl verschiedenste Elemente neu kombiniert wurden. „Tevling“ verbindet danach leichte Indie- und Post-Punk-Momente, wodurch es sich als heimlicher Held der Platte entpuppt. Anschließend bringt „Stevnemøte med Satan“ verschiedenste Rock- und Metal-Spielarten in bester Kvelertak-Manier zusammen. Immer wieder erklingen Background-Chöre, die stark an die „Nattesferd“-Era erinnern.

Unbekümmerte Konventionen

Für „Splid“s größte Überraschung sorgt „Delirium Tremens“. Was als melancholisches Indie-Rock-Stück mit Post-Punk-Schlagseite beginnt, mündet in eine chaotische Black-Metal-Rauferei, die irgendwo zwischen Watain und Mayhem liegt. „Ved bredden av Nihil“ rundet die elf Songs mit reichlich Blastbeats und eiskalten Gitarren ab. Schon immer waren die sechs Norweger dafür bekannt, in ihrer Musik alles zusammen zu bringen, was sie selbst lieben. Eklektizismus ist zur Konvention geworden. Andauernd geschieht das Unerwartete. Gegensätze werden vereint und wider die Erwartungen vervollständigen sie sich. Nach drei bahnbrechenden Veröffentlichungen lief die Band Gefahr, sich selbst zu kopieren. Sie haben ihren Stil beibehalten und sind weit über sich selbst herausgewachsen, was nicht zuletzt an Nikolaisen liegt. Er ist er selbst und versucht zu keiner Sekunde Fan-Liebling Hjelvik im Geringsten zu kopieren.

Ebenfalls betritt die Band lyrisch neue Welten. Anstatt das Album mit humorvollen Interpretationen der nordischen Sagenwelt zu füllen, ergreifen sie ungewohnt gesellschafts-politische Töne. Kritisch kommentieren sie die Maßlosigkeit der westlichen Gesellschaft. Sie sind gewachsen, musikalisch wie inhaltlich. „Splid“ ist von einer gewissen Ernsthaftigkeit geprägt, die nur erahnen lässt, zu was Kvelertak noch im Stande sind. Trotzdem herrscht noch immer eine unverschämt charmante Jugendlichkeit vor: Wenn ein Gitarren-Solo mit den Worten „El Guitar, com on“ angekündigt wird, bedienen sie nicht nur augenzwinkernd gängige Rock N’Roll-Klischees, ebenfalls beweisen sie, dass sie sich ihre kindliche Spielfreude bewahrt haben.

Das Album ist hier erhältlich.*

Tickets für die Tour sind hier erhältlich.*

Und so hört sich das an:

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Kvelertak Live 2020:

  • 27.02. – Bremen, Kulturzentrum Schlachthof
  • 28.02. Hamburg, Gruenspan
  • 29.02. – Köln, Essigfabrik
  • 04.03. – Karlsruhe, Substage
  • 06.03. -Leipzig, Conne Island
  • 14.03. – München, Backstage Werk
  • 17.03. – Wiesbaden, Kulturzentrum Schlachthof e.V

Die Rechte am Albumcover liegen bei Rise Records.

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