Schon mit ihrer im letzten Jahr veröffentlichten EP „ritual“ konnte die Flensburger Band Lirr. beweisen, dass sie zu den wohl vielseitigsten und größten Hoffnungsträgern der deutschen Post-Hardcore- und Emo-Szene gehören. In knapp zwanzig Minuten fuhr man auf vier Tracks die komplette Bandbreite beider Genres auf und schielte sogar zu Pop und Rock hinüber. Kein Wunder, dass das Debütalbum des Quintettes zu den meisterwartetesten Releases 2017 gehört. Über das Hamburger Indie-Label Grand Hotel Van Cleef erscheint diese Platte nun und ist sogar noch vielfältiger als die Debüt-EP. Dass das möglich ist!
Beginnen darf der erste Langspieler der Band jedoch mit einem fast schon typischen Post-Hardcore-Track. In knapp über einer Minute bewegt sich „This House Is Clean, Baby (This House Is Clean)“ zwischen knatternden Bass-Lines und emotionalen Screams. Das zweigeteilte „Jungle“ gibt sich darauf sehr emolastig mit Appregio-Gitarren und schönem Zusammenspiel von Bass und den beiden elektrischen Sechsaitern. Im zweiten Teil des Songs wird es dann erst etwas stürmischer, bevor der Track mit Talk Box, getappten Gitarren und schließlich einem letzten kraftvollen Refrain ausklingt.
„Sour, Pt. 1“ fährt daraufhin sphärische Synthie-Klänge und Falsett-Gesang auf und kommt ungewohnt catchy daher. Auch diese Richtung beherrschen Lirr. perfekt. Krass wie viele verschiedene Seiten die Band aufzuweisen hat. Der zweite Part des Liedes verliert sich anfänglich in seichten Gitarrenparts, die zum Ende hin immer vertrackter werden und auch kurzzeitig ausbrechen dürfen.
Auch in den folgenden Songs lassen Lirr. sich schwer in verschiedene Schubladen stecken. Bringt „Grow“ elektronische Drum-Samples und Synthie-Wände mit sich, entfaltet „MTV“ seine atmosphärische Stimmung über Bottle-Neck Gitarren und das erneut so geniale Zusammenspiel der beiden Sechsaiter. In „Down“ zeigen Lirr. dann ihre stürmische Seite.
Ebenfalls der letzte Song „Chicago“, wieder zweigeteilt, betont diese Mannigfaltigkeit des Quintettes. Lebt der erste Teil nur so von seiner ruhigen Stimmung, bricht der zweite komplett aus und betont noch einmal die härteren Aspekte der Band. Aufgewühlt und betroffen lassen das krachende Gitarrenriff gegen Ende des Albums – im Hintergrund eine Gitarrenwand aus düsteren Sounds – und die schwingenden Keyboard-Klänge, die das Werk beenden, den Hörer zurück.
Lirr. zeigen auf ihrem Debütalbum, wie vielseitig ihre Band ist. Kein Song behält durchgängig seine Stimmung bei, leise und laute Töne wechseln sich fast im Sekunden-Takt ab, genauso wie emotionale Screams und (Falsett-)Gesang. Trotzdem schaffen es die fünf Flensburger ein Gesamtwerk zu schaffen, das für sich spricht, Emotionen weckt und locker mit der ersten EP aus dem letzten Jahr mithalten kann. So klingt vielschichtiger Emo!
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Und so hört sich das an:
Lirr. live 2017:
08.09. – Flensburg, Volksbad (Release Show)
04.10. – Hamburg, Kleiner Donner
05.10. – Leipzig, 4rooms
06.10. – Freiburg, White Rabbit
07.10. – Marburg, Trauma
08.10. – Münster, Baracke
11.10. – Köln, Tsunami
12.10. – Berlin, Badehaus
13.10. – Jena, Baracke
14.10. – Darmstadt, Oettinger Villa
Die Rechte für das Albumcover liegen bei Grand Hotel Van Cleef.
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