Soundtrack: Various Artists – Der König der Löwen

Es ist schon erstaunlich, wie hoch die Trefferquote bei Disney-Filmen ist. Natürlich fühlt sich der eine oder andere bei dem oftmals an Cuteness überfrachteten Spektakel etwas überzuckert, letztendlich steht die größte Industrie für Animationsfilme aber seit fast 100 (!) Jahren stets für Kreativität und einfach blendende Familienunterhaltung. Dabei hat jede Generation ihren ganz persönlichen Film. Kinder der 90er sind sich wahrscheinlich einig. Zwar liegen Die Schöne und das Biest, Aladdin oder Arielle – Die Meerjungfrau alle ganz gut im Rennen – trotzdem steht der 1994 erschienene Der König der Löwen für eine ganz eigene Kategorie. Kaum ein Streifen hat so eine große Anhängerschaft, kaum eine Musicaladaption so viele Besucher. Zum 25jährigen Jubiläum musste also was Besonderes her – warum kein aufwendiges Remake? Abermals komplett animiert, diesmal aber mit einem zum Täuschen echten Look. Seit dem 17.7. laufen also wiederholt Millionen von Fans die Kinokassen platt und lassen sich zurecht von der gelungenen, wenn auch nicht ganz so perfekten Neuauflage nach Afrika zaubern.

Trotz sensationeller, neuer Technik ist in vielen Kritiken mit recht zu lesen, dass es dem 2019er-Film ein wenig an emotionaler Tiefe fehle. Eine halbe Stunde mehr Filmmaterial hätte eigentlich genügen sollen und durchaus Potenzial gehabt, noch mehr zu berühren. Aber sei es drum. Was weiterhin genauso bewegt wie vor einem Vierteljahrhundert, ist die grandiose Musik, für die es Preise nur so hagelte. Einerseits spielte Genie Hans Zimmer voll auf und sorgte für den fabelhaften Score, andererseits ergaben Sir Elton John und Tim Rice die perfekte Symbiose für Pop-Songs, die zu Klassiker wurden. Warum etwas so Gutes also über Bord schmeißen und Fans verärgern?

Stattdessen konzentriert sich auch der neue Soundtrack von Der König der Löwen auf die gewollten Stilmittel und liefert 77 Minuten tolle Titel. 19 Songs, die sich aus neuen Interpretationen der beliebten Hits, einem wahren Brett an Score-Titeln und einigen, extra für den Film geschriebenen neuen Songs zusammensetzen. Auf Quantität-Seite ist das schon mal ordentlich.

Inhaltlich bleibt, wie bereits angedeutet, die Überraschung überschaubar, was aber nicht enttäuscht, sondern im Gesamtbild eher zufriedenstellt, wenn man für Abwechslung offen genug ist. Mit 18 Minuten deutschsprachigen Songs ist der Anteil im Vergleich zum Rest ganz schön gering, aber so zu erwarten. Die Titel, die im Film gesungen werden, sind auch alle hier vorzufinden – nicht mehr und nicht weniger. Dem Gegenüber steht fast eine Dreiviertelstunde instrumentale Orchestermusik von Zimmer und als Zugabe vier englisch- bzw. afrikaans-sprachige Lieder.

Bereits das Intro zu „Der ewige Kreis“ könnte kaum nostalgischer machen. Das Original, wie es 1994 zu hören war mit dem Originalsänger Lebo M. Das gibt Gänsehaut, versprochen! Passt ganz vorzüglich zu den ebenfalls gehäuften 1:1 übernommenen Einstellungen im Film. Der neue deutschsprachige Gesang von Gladys Mwachiti kann definitiv berühren, kommt aber leider nicht an die Durchschlagskraft der 94-Version heran, die einfach legendär bleibt. Der Kindergesang von Davit Nikalayan und Anisa Celik hingegen macht sowohl in „Ich will jetzt gleich König sein“ als auch in „Hakuna Matata“ eine ordentliche Figur und kommt mit den leicht veränderten, aber sehr satten Klängen gut überein. „Hakuna Matata“ und „Der Löwe schläft heut Nacht“ haben im Storytelling von den Protagonisten Pumbaa und Timon einige witzige Easter-Eggs versteckt, sodass Fans nicht alles vorhersehen können, sondern auch gehäuft ordentlich was zu lachen bekommen. Die tolle Vorlage wird genutzt, um mit Erwartungen zu spielen und diese durch Überraschungen auch zu erfüllen. „Kann es wirklich Liebe sein“ ist solide und fällt weder ab, noch gewinnt es dazu. Dafür sorgt das Scar-Solo „Sei bereit“ mit der deutschen Stimme von Torsten Michaelis für furchteinflößende Schauer. Seine Schauspielkunst und der Hyänenchor heben den 2-minüter auf ein beeindruckendes Level und machen aus ihm das Highlight unter den Gesangsnummern.

Hans Zimmer darf in seinen neun Score-Stücken voll auffahren. Die Produktion und Abmischung ist State of the Art und funktioniert mit ein wenig Konzentration und hochwertigen Kopfhören voller Eindringlichkeit. Eine starke Kombination aus Symphonieorchester, afrikanischen Chören, Trommeln, Percussion und einfach allem, was irgendwie geht. Ständig wird zwischen extrem lauten Tutti-Momenten, die für Angstperlen auf der Stirn sorgen, und sehr leisen, intimen Klängen gewechselt. Fast jeder Titel hat eins der bekannten Themen parat und übernimmt auch an mehreren Stellen Stücke aus der Musicalpartitur, sodass auch Besitzer der Musical- und Soundtrack-CD von 1994 auf ihre Kosten kommen und quasi die Quintessenz hören dürfen. Anspieltipps sind das erschlagende „Herdenpanik“ und der finale Kampf in „Die Schlacht um den Königsfelsen“, der elf Minuten für sich beansprucht.

Die Neukompositionen hingegen sind so nett wie unnötig. Elton John hatte schon wesentlich lichtere Momente als in „Never Too Late“ und liefert straighten WDR 4-Pop mit Clap-Beat und Chor. Maximal ok. Selbst Beyoncé, die im englischen Original die erwachsene Nala spricht, hat mit „Spirit“ nur Pflichtprogramm geliefert. Soll womöglich zeigen, wie ein Spagat zwischen gegenwärtigen Sounds und traditionellen Klängen klappt, langweilt aber. Gesanglich gibt’s zwar von ganz tief bis in die Kopfstimme die gesamte Palette, aber gerade bei der Melodie scheinen ein wenig die Ideen ausgegangen zu sein. Konnte selbst Shakira mit „Waka Waka“ geiler. Dann doch lieber authentisches Afrika-Flair mit den beiden Schlusssongs von Lebo M, die dafür sorgen, dass das Feeling aus dem Film beim Zuschauer noch ein wenig nachhallt.

Fazit: Film gucken lohnt. Wer überlegt, sich den Soundtrack anzuschaffen, sollte aber vorher im Kino gewesen sein, um zu gucken, wie er mit den neuen deutschen Stimmen klarkommt. Fans von Zimmer und orchestralem Sound werden perfekt bedient und haben genug zu entdecken. Leute, die sich besonders auf neue poppige Titel freuen, können es hingegen lassen.

(Anmerkung: Beyoncé hat einen weiteren, komplett eigenen Soundtrack unter dem Titel „The Lion King: The Gift“ veröffentlicht. Unsere Kritik dazu lest Ihr HIER).

Und so hört sich das an:

Website / Facebook / Instagram / Twitter

Die Rechte fürs Cover liegen bei WALT DISNEY RECORDS.

* Affiliate-Link: Du unterstützt minutenmusik über deinen Einkauf. Der Artikel wird für dich dadurch nicht teurer.