„Coming out of my cage and I’ve been doing just fine…“ – beim ersten Mal hast du diese Zeile vielleicht nur gelesen, sie dann aber wiederholt und mitgesungen! Und das ist gut so. Direkt mit der Debütsingle „Mr. Brightside“ gelang 2003 der Band The Killers ein absoluter Meilenstein des Indie-Rocks, der bis heute Millionen von Fans auch außerhalb des Genres fand. Bald knackt der Song bei Spotify die eine Millarden-Streams-Marke. Bevor das passiert liefert der sechste Longplayer Imploding The Mirage allerdings fix neue Kost inklusive epischem Artwork.
Zu große Pausen können doch ordentlich die Laune der Fans – Achtung, extrem schlechter Wortwitz – „killen“. Zwischen Album Nr. 4 („Battle Born“, 2012) und 5 („Wonderful Wonderful“, 2017) lagen fünf Jahre. Das hatte zur Konsequenz, dass die Verkaufszahlen um 90% zurückgingen. 2012 konnte man noch eine Million Einheiten absetzen, 2017 nur noch 100.000, was im Vergleich zum Kultdebüt „Hot Fuss“, das 7 Millionen Mal über die Ladentheke ging, echt erbärmlich ist. Das hat jedoch neben der arg langen Wartezeit auch einen anderen Grund: Indie-Rock ist tot. Zwar zählt er zweifelsohne zu DEN Sounds, die die 2000er bestimmten, aber eben nicht die 2010er. Davon lassen sich die vier Guys aus Las Vegas trotzdem wenig beeindrucken und machen auch auf dem neusten Output Imploding The Mirage konsequent weiter.
2020 klingt, als wäre die Zeit angehalten. Brandon Flowers hört sich immer noch unverkennbar geil an und macht mit seinen Jungs eine schicke Kombination aus Stadionrock, Pop zum Mitklatschen, leichten Stompern für die Tanzfläche, einer angenehmen Portion Ohrwürmer sowie hier und da Falsettgesang. Alles wie gewohnt. Das bedeutet wenig Überraschung, wenig Herausforderung und null Edge – aber auf der anderen Seite gewohnter, guter Killers-Sound.
Gerade der erste Durchlauf von Imploding The Mirage, das Corona-bedingt um mehrere Monate nach hinten verschoben wurde, flutscht an einem vorbei. Ein bisschen uninspiriert ist das schon. The Killers probieren zu keiner Sekunde innovativ zu wirken oder sich neu zu erfinden, sondern stattdessen in 42 Minuten Lauflänge beziehungsweise 10 Songs das zu liefern, wofür sie bekannt wurden. Das wiederum gelingt. Paradebeispiel ist die Vorabsingle „Caution“, die mit sphärischem Intro und großem Refrain den Nostalgienerv trifft und Gefühle von ranzigen Kellerclubs mit Heineken-Bierfläschen, an denen man mit Kippe in der Hand das Etikett abknibbelt, auflodern lässt. Augen zu, atmen und Hand nach oben reißen, wenn die Hook droppt. „Lightning Fields“ (feat. k.d. lang) wäre auf Deutsch ein Schlager – klingt aber dank Flowers catchy und liebenswert-kitschig. Mit „My God“ (feat. Weyes Blood) steht als achter Song das Highlight für Melodiefetischisten an – Hands down, sie können es noch. Im Opener „My Own Soul’s Warning“ fühlen sich Anhänger der Gruppe zwangsläufig an „Spaceman“ („Day & Age“, 2008) erinnert und drehen das Autoradio auf der im Kopf entstehenden Route 66 auf volle Pulle.
Schade, dass es nicht einmal so richtig knallt. Brandon und die restliche Truppe schielen Killers-typisch permanent Richtung Airplay-Charts und brechen nahezu gar nicht aus ihren Strukturen aus. Das könnte bei dem aktuellen 80s-Reloaded-Hype von Vorteil sein, passt der Klang einfach perfekt in den gegenwärtigen Trend, erzeugt aber doch einige Male das Gefühl von „Ach, die Killers! Jau, die waren gut. Mach mal den einen Klassiker von denen an!“. So gehen Filler wie „Running Towards A Place“ oder „Dying Breed“ auch nach einigen Wiederholungen beachtungslos an einem vorbei.
Letztendlich darf aber auch Imploding The Mirage bei der Anhängerschaft ein Must-Hear sein. Die großen Zeiten sind vorbei, doch wen stört das!? Eine Dreiviertelstunde für diejenigen, die in ihrer favorisierten Jugend-Mucke steckengeblieben sind und genau das zelebrieren wollen. Ein paar Tracks dürfen aber dank ihres breitband-amerikanischen Charmes dennoch auch die Gelegenheitshörer ihrer Playlist hinzufügen.
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