Various Artists – Tiny Changes: A Celebration Of Frightened Rabbit’s „The Midnight Organ Fight“

Vor rund 11 Jahren erschien „The Midnight Organ Fight“, ein Album, das einem Manifest der Selbstzweifel und Angstzustände gleich kam. Vielen Menschen dienten die 14 Songs als helfende Hand, als warme Umarmung in den düstersten Stunden, als bester Freund, der immer verstand, wie es einem geht – und das bis heute. Viel zu oft neigt man dazu, zu vergessen, dass hinter diesen tieftraurigen Texten häufig auch zerschundene, einsame Seelen stecken. Genau dies war auch bei Scott Hutchinson der Fall, dem Sänger und Songwriter hinter diesem wahrlich düsteren Werk. Vergangenes Jahr nahm sich der Musiker das Leben, den Kampf gegen die eigenen Dämonen hatte er trotz des großen Ventils Musik nicht gewonnen. Gemeinsam mit renommierten Freund*innen und Wegbegleitern des Musikers haben Hutchinsons Bandkollegen von Frightened Rabbit das Album nochmal aufgenommen. Die gesamten Erlöse gehen an „Tiny Changes“, der Charity-Organisation, die Hutchinsons Family ins Leben gerufen hatte, um Kindern und Erwachsenen mit seelischen Problemen zu helfen. Der Kloß im Hals ist schon dank dieser Umstände vorprogrammiert.

Als wäre es nicht ohnehin schon schwierig genug, einem Lieblingslied mit einem Cover gerecht zu werden, erhöht sich die Problematik bei einem Tribute-Album zugunsten eines verstorbenen Freundes nochmal um einige Level. Von den zahlreichen Gästen haben sich die meisten daher scheinbar bewusst für eine möglichst originalgetreue Version entschieden. Da fällt tatsächlich noch Biffy Clyros Opener „The Modern Leper“ am stärksten aus dem Rahmen. Wird der Song zunächst von zarten Streichern und gefühlvollem Gesang getragen, schraubt sich der zweite Refrain in die typische Epik des Trios. Ganz anders funktioniert das zweite Cover desselben Songs, der von Julien Baker stammt und bewusst auf den zarten Minimalismus der Musikerin setzt. Andererorts setzen die Gäste noch einige Bausteine auf die ursprüngliche Version drauf, wie Josh Ritter, der den Americana-Sound vom Original „Old Old Fashioned“ mit Banjo und Akkordeon direkt auf die Ranch zieht. Besonders experimentierfreudig klingen aber die Stücke, in denen das organische Instrumentarium von Frightened Rabbit durch elektronische Bausätze ausgetauscht wird, wie in Fiskurs Version von „Good Arms vs. Bad Arms“ und „My Backwards Walk“ von Harkin und Sarah Silverman. Insbesondere hier zeigt sich das geniale Songwriting, das auch durch die Synthie-Nebel genau dahin trifft, wo es weh tut.

Tief in Trauer und Angst verfallen streicheln die Songs die betrübte Seele auch in den neuen Versionen, ob das nun die Indie-Melancholiker Daughter übernehmen sollen oder der beinahe schon schmerzhaft-intime Moment mit Craig Finn in „Heads Roll Off“, überlässt das Album bewusst der Hörer*innenschaft. Den letzten Song des ursprünglichen Albums übernehmen dann niemand Geringeres als Chvrches‚ Lauren Mayberry und The-National-Mastermind Aaron Dessner, die sich mit beinahe geflüsterten Worten die beiden Sätze des Closer zuhauchen. Davor liegt eine beschwerliche Reise durch etliche tiefe Täler, überschattet vom Verlust eines großartigen Musikers. Wie kraftvoll seine Kompositionen waren, beweist dieses Album in jeder Sekunde. Trotz all der unterschiedlichen Sound-Tupfer funktioniert auch dieses bunte Sammelsurium des Indie-Who-Is-Who als großes Ganzes. Und wenn auch euch die Musik nicht mehr als einzige Stütze reicht, die Dämonen zu gewinnen scheinen; dann macht bitte das, was Hutchinson nicht mehr möglich ist: Nehmt Hilfe in Anspruch. Für Scott.

Tiny Changes: A Celebration of Frightened Rabbit’s „The Midnight Organ Fight“-Tracklist:

  1. Biffy Clyro – „The Modern Leper“
  2. Oxford Collapse – „I Feel Better“
  3. Fiskut – „Good Arms vs. Bad Arms“
  4. Right On Dynamite – „Fast Blood“
  5. Josh Ritter – „Olf Old Fashioned“
  6. Wintersleep – „The Twist“
  7. Peter Katis – „Bright Pink Bookmark“
  8. Craig Finn – „Heads Roll Off“
  9. Katie Harkin / Sarah Silverman – „My Backwards Walk“
  10. Benjamin Gibbard – „Keep Yourself Warm“
  11. Jeff Zeigler – „Extrasupervery“
  12. Daughter – „Poke“
  13. The Twilight Sad – „Floating In The Forth“
  14. Aaron Dessner/Lauren Mayberry – „Who’d You Kill Now“
  15. Julien Baker – „The Modern Leper“
  16. Piano Bar Fight – „The Twist“
  17. Manchester Orchestra – „My Backwards Walk“

Das Album „Tiny Changes“ kannst du hier kaufen.*

Und so hört sich das an:

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https://www.youtube.com/watch?v=qN0xxPTK94U

Rechte am Albumcover liegen bei Atlantic.

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