Yungblud – 21st Century Liability

Yungblud - 21st Century Liability

Yungblud ist 19 Jahre alt und steht vor der Veröffentlichung seines Debütalbums. Schon jetzt wurden sechs seiner Lieder über eine Millionen Mal bei Spotify gestreamt, 5 davon von seiner ersten EP, eines aus dem Soundtrack der Erfolgsserie “Thirteen Reasons Why”. Damit gehört er zu der Reihe neuester Hype-Acts wie Tash Sultana und Grandson – erstere schafft es noch vor Release ihres Debütalbums, das Kölner Palladium auszuverkaufen, letzterer überzeugt mit krassen Streaming-Zahlen- ebenfalls vor dem Debütalbum. Die ersten Singles und der Online-Auftritt scheinen überzeugt zu haben, der Hype ist geboren. Mit einem großen schnellen Erfolg wächst jedoch auch der Druck auf das Erstlingswerk – wie stellt sich der junge Musiker dieser Aufgabe?

Als Intro wird ein kurzes Instrumental mit dem Namen “Eulogy” verwendet, das schließlich in den ersten Song “Die for the Hype” mündet. Hier lockt Yungblud die Hörer*innenschaft bereits auf eine falsche Fährte: mit einem singenden Kind, einem sommerlichen Beat und einem Refrain, in dem der Sänger von vielen Stimmen begleitet wird, klingt das rein musikalisch so nach einfacher Indie-Party, dass man es wohl schnell als leichte Kost abtun könnte. Yungblud verbindet Sprechgesang mit Gitarre, Trap-Beats mit Punk-Attitüde und erschafft damit genau die Form von modernem Alternative des großen Formats, der momentan besonders gut ankommt. Rein oberflächlich wäre die Aufgabe erfüllt, auch die nächsten Tracks liefern ab, “Doctor Doctor” fügt eine Honky Tonk-Gitarre hinzu, bei “Medication” steht der Sprechgesang im Zentrum, “Psychotic Kids” spielt mit Reggaeton-Beats und so weiter. Es wirkt, als würde jeder der Songs das Ausgangsmodell eines Yungblud-Songs auf eine bestimmte Komponente hin verändern – und ja, das kann auch auf Albumlänge überzeugen. Zeitgeist-Alternative also, Album abgestempelt, her mit dem nächsten. So einfach sollte man es sich mit dem Künstler dann aber nicht machen, denn die Besonderheit wird erst bei einem Blick ins Booklet augenscheinlich. Ein Musiker der jungen Generation, der der älteren Generation ihr Fehlverhalten vorhalten will – kennt man, oder? Aus diesem Antrieb entschied sich der Musiker überhaupt für einen Hybriden aus Hiphop und Rock, denn diese Genre sieht er beide als effektivste Sprachrohre für Rebellion. Thematisch kommt also immens viel auf den Tisch: die Menschenhülsen, die jedem Hype blind folgen, die Ratlosigkeit junger Menschen, die in einer Gesellschaft aufwachsen, die lieber in Kriege als in Bildung investiert, absurde Waffengesetze, Drogen, Technologien und immer wieder das Missverständnis der Eltern-Generation für die Jugend. Dabei geht Yungblud stilistisch ganz verschieden Wege: “I don’t wanna cry, I don’t wanna die, I just want to be stupid” lautet seine Antwort auf eben jene Regierungseinstellung. Als vermeintlicher Liebessong fungiert “I Love You Will You Marry Me”, das sich auf ein tatsächlich existierendes Grafitti bezieht. Geheiratet haben die Menschen, die mit diesem gemeint waren aber nie. Hier lautet es “A version of Romeo and Juliet, this time with Adidas sneakers and cigarettes” und genau in dieser Welt kann man ihn verorten: in der Übertragung ewiger, klassischer Elemente auf die aktuelle Gesellschaft und das mit so viel Witz und Charme, dass man gar nicht mehr weghören kann und in jedem Song neue Ebenen entdeckt. So wird auch das Thema sexueller Missbrauch nicht gemieden und Yungblud spricht in “Polygraph Eyes” direkt männliche Mitmenschen an und bittet diese, ihr Verhalten zu überdenken – ganz stark!

Im Titeltrack zitiert eine Gitarre die Spielart von Rage against the Machine, Yungblud selbst erinnert in den besten Momenten an The Streets, immer wieder auch an die Twenty One Pilots. Mit seiner ganz besonderen Mischung aus abwechslungsreicher, unverkennbarer moderner Musik und klugen, hinterfragenden, rebellischen Lyrics könnte Yungbluds kometengleicher Aufstieg genau so weitergehen. Zumindest, wenn dieses Ausnahmetalent gebührend belohnt wird. Wir sind dafür!

Das Album “21st Century Liability” kannst du dir hier kaufen.*

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