Das Spongebob Musical, Theater am Tanzbrunnen Köln, 14.11.2022

Es gibt Filme und Serien, bei denen alle jahrelang auf eine Musical-Umsetzung warten. Spongebob Schwammkopf gehört da nicht zu. Klar, der Kult-Cartoon ist auch im Meme-Zeitalter beliebt wie eh und je. Und mit Songs wie „Krosse Krabbe Pizza“, „F.U.N.“ oder dem „Lagerfeuerlied-Lied“ hat die Unterwasser-Welt um den gelben Schwamm auch ein paar echte Klassiker auf Lager. Die Umsetzung der quietschbunten Cartoon-Welt auf der Show-Bühne will aber – selbst mit einer Meeenge Fantasie nicht in den Kopf. Nun stellt Showslot das Konzept aus den USA auch auf deutsche Bühnen. Dort lief das Stück von Tina Landau seit 2017 mehr als erfolgreich am Broadway und konnte sich sogar 12 Tony Award Nominierungen einheimsen. In Deutschland schreibt man lieber mal „Familien-Musical“ obendrauf. Ein Blick in das Publikum zeigt: Fehleinschätzung. Die Fans, die hier heute inklusive Shirts, Plüschtieren und begeisterten Augen anreisen, sind zu 80% im Alter von 25-35, Familien sind eher rar. Ein verkalkuliertes Konzept?

3,5 Stunden später…

…können die Anwesenden aufatmen: Diese Show ist Fan-Service mit ganz viel Herz und einer überraschend hochwertigen musikalischen Qualität. Und das ab der ersten Sekunde: Patchy, der Pirat läutet die Show ein und macht auf typischem Klabauter-Niveau auf die Handyverbotsregel am Abend aufmerksam. Dann lüftet sich auch schon der Vorhang für einen ganz normalen Tag in Bikini Bottom – mit dem gelben Helden im Mittelpunkt. Vornweg: Schauspieler Michiel Janssens könnte dieses Stück sogar alleine tragen, so großartig stellt er die komplette Überzeichnung von Gestik, Mimik und Stimmfarbe zusammen. Aber natürlich gesellen sich auch alle anderen Lieblinge dazu: Ob Plankton (Maximilian Vogel) und seine Computer-Ehefrau Karen (Pauline Schubert), Mr. Krabs (Richard McCowen) und Perla (Helena Lenn) oder natürlich Patrick (Antonia Crames) und Sandy (Mariyama Ebel). Wie gut diese Figuren in Menschenform wirken? Total korall! Und das sogar trotz eher unauffälligen Kostümen. Der Charme kommt hier zu großen Anteilen durch die schauspielerisch durchweg gute bis sehr gute Leistung des Ensembles – und dem tollen Transfer vom TV-Bildschirm auf die Bühne.

So gibt es das ikonische Schuhe-Knirschen von Spongebob, das Tipseln von Planktons oder Mr. Krabs‘ Schritten zu hören, bewegt sich Krabs‘ Wal-Tochter Perla, bebt der Boden – und so weiter. Auch viel Humor wird aus der Serie gekonnt übernommen. Beispiele gefällig? Der bekannte Fischkopf-Nachrichtensprecher spricht über einen der beiden kleinen Bildschirme, die in das Bühnenbild eingelassen sind, zum Publikum. Die Figuren werden immer mal wieder durch Real-Life-Schwämme und Merchandise-Produkte ersetzt- immer mit dem Überraschungsfaktor auf ihrer Seite. Und natürlich gibt es jede Menge Krabbenburger und Fachsimpeleien über Meerjungfraumann und Blaubarschbube. Die Gespräche zwischen den Figuren ist ikonisch wie in der Serienvorlage selbst, die bekannten Charakteristika kommen gut rüber und führen zu teils rasend schnellen Schlagabtauschen. Mein Kollege Christopher als Non-Spongebob-Kenner kam bei all der Schnelligkeit und Albernheit an einigen Stellen sogar nicht ganz mit – gerade inhaltlich ist diese Aufführung definitiv eher an Fans ausgerichtet.

Mehr als nur Fan-Service?

Den Punkt mit den Fan-Herzen können sich die Einwohner*innen Bikini Bottoms also schonmal neben ihren BFF-Ring stecken. Aber wie steht es denn mit dem Musical-Faktor? Die Geschichte führt durch knapp 1,5 Tage in Bikini Bottom. Und zwar einem Bikini Bottom in bedrohlicher Atmosphäre. Ein Vulkan droht, die gesamte Stadt zu zerstören. Während Plankton diese Situation für seine bösen Machenschaften ausnutzen will, wittert Mr Krabs das schnelle Geld – und Sandy will dem Ganzen mit Wissenschaft entgegentreten. Zwischen den Zeilen oder direkt auf die Flosse wird es auch immer wieder politisch, es wird ganz selbstverständlich gegendert und über die Extreme in Krisensituationen gesprochen. Top! In der Mitte von all dem gibt es mit Musik, Abenteuer und Freundschaft ein echtes Spongebob-Feeling. Eine kurzweilig erzählte und doch auch spannende Geschichte, die von 18 Songs getragen wird.

Ob Ensemble, Solo oder Duett – kein einziges Stück fällt negativ aus der Reihe. Geschrieben wurden die übrigens im englischen Original von Größen wie John Legend, Panic! At The Disco oder Sara Bareilles. Kann man machen! Von emotionalem Tiefgang bei Thaddäus‘ (Martijn Smids) großartigem Solo „Ich bin kein Loser“ über den chaotischen Freundschaftssong „BFF“ von Spongebob und Patrick bis zum spannend theatralischen Vibe zwischen Plankton und Karen gibt es angenehm abwechslungsreiche Stimmungsbilder mit ähnlich abwechslungsreichen Bühnen-Sequenzen. Die zeigt mal ganz Bikini Bottom, mal den Vulkan, mal Spongebobs Ananas, mal Patricks Stein. Alles technisch nicht auf dem Niveau der ganz großen Produktionen, aber doch vollkommen ausreichend für die passende Atmosphäre. Überhaupt nimmt sich das Musical angenehm selten selbst zu ernst und schafft es doch, nicht zu billig zu wirken.

Wer Makel finden will: Nicht immer sind der Sound der Schritte synchron mit den Schritten der Schauspieler*innen, nicht immer ist das Licht da, wo es sein sollte, nicht alles ist zu 100% synchron. Der einzige Wermutstropfen, der bleibt: Songs aus der Serie selbst bleiben aus. Aber – geschenkt. Das sieht auch das Publikum so, das von Sekunde 1 mit nahezu frenetischem Jubel dabei ist und auch am Wasserball bleibt. Zum großen Finale heißt es dann auch endlich „Ooooooh, wer wohnt in ’ner Ananas ganz tief im Meer“? Und natürlich singen alle nach so einem tollen Abend gut gelaunt und aus voller Inbrunst mit, dass selbst der fliegende Holländer stolz wäre. Ein Must-Have fürs Schwamm-Herz.

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Und so sieht das aus:

  • 16.11.2022 Theater am Tanzbrunnen Köln
  • 18.11.2022 Thüringen-Halle Erfurt
  • 19.11.2022 Thüringen-Halle Erfurt
  • 21.11.2022 Hugenottenhalle Neu-Isenburg
  • 22.11.2022 Hugenottenhalle Neu-Isenburg
  • 23.11.2022 Hugenottenhalle Neu-Isenburg
  • 25.11.2022 Saarlandhalle Saarbrücken
  • 28.11.2022 Oberreinhalle Offenburg
  • 29.11.2022 Oberrheinhalle Offenburg
  • 01.12.2022 Schwarzwaldhalle Karlsruhe
  • 03.12.2022 Meistersingerhalle Nürnberg
  • 06.12.2022 Europahalle Trier
  • 07.12.2022 Europahalle Trier
  • 08.12.2022 Eurogress Aachen
  • 12.12.2022 Kleine Olympiahalle München
  • 13.12.2022 Kleine Olympiahalle München
  • 14.12.2022 Kleine Olympiahalle München
  • 16.12.2022 Friedrich-Ebert-Halle Ludwigshafen
  • 17.12.2022 Friedrich-Ebert-Halle Ludwigshafen

Beitragsbild von Christopher.

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