Es kracht zwischen Max, dessen erstes Musik-Festival Wacken war, ein Festival bei dem man auch Blind Guardian regelmäßig vorfindet, und Julia, die sich auch nach dem Plattenkrach nicht nach Wacken traut. Warum, lest ihr jetzt:
Max findet:
Schon erstaunlich, meine zweite runde Plattenkrach und erneut wähle ich eine Band und ein Album, welches in direktem Zusammenhang mit meinem besten Freund und seinem großen Bruder stehen.
Ebenso wie System Of A Down habe ich nämlich in ihrem elterlichen Haus zum ersten Mal Blind Guardian gehört!
Blind Guardian, meiner Meinung nach (ohne ehrlicherweise je dort gewesen zu sein) neben dem Namen Seidenstadt, das Wahrzeichen von Krefeld – sind nach wie vor eine meiner Lieblingsbands. Auch, wenn ich eher den älteren Alben zugetan bin – Imaginations From The Other Side zum Beispiel.
Diese Platte ist recht exemplarisch für den Stil der Band. Es werden virtuose, schnelle Gitarren mit typischem Power-/Speed-Metal zu einem faszinierendem Sound verbunden. Dazu eine Prise der eingängigen Stimme von Hansi Kürsch (auf Englisch wohlgemerkt) und der Mut, je nach Thema, neue Elemente einzubauen. Hin und wieder klingen Blind Guardian dann nämlich doch irgendwie wie aus dem mystischen Mittelalter – aber ohne, dass man jetzt In Extremo oder Saltatio Mortis mit in den gleichen Topf werfen könnte.
Dafür klingen Blind Guardian zu speziell. Im Hinblick auf die Lieder auf Imaginations From The Other Side ist insbesondere der Klassiker Bright Eyes zu nennen, denn dieser ist nicht nur zuhause und live ein Bringer, sondern zeigt auch schön das Können der Gitarristen.
Bei Another Holy War merkt man gut den Backgroundgesang der Instrumentalisten, ein tolles Lied!
In A Past And Future Secret fühlt man sich schon musikalisch deutlich mehr der Barden-/ und mittelalterlichen Musik angenähert. Auch textlich geht es klar um eine andere Zeit, unter anderem mit Anspielungen auf die Sage des Schwertes Excalibur, welches fest in einem Stein verankert gewesen sein soll, bis es Arthur herauszog.
Um nun die geneigten Leser nicht mit kleinteiligen Details zu malträtieren:
Dieses Album lohnt sich und sollte es auch auf eure Musikabspielgeräte schaffen!
Und Julia findet:
Schon in jungen Teenager-Jahren konnte ich mich mit Metal anfreunden. Ob Nu-Metal wie Korn, Alternative Metal mit System Of A Down oder schnellere Gangarten mit Slipknot und As I Lay Dying – irgendwie war diese Härte Balsam für das jugendliche Herz. Von vielen kamen daher schnell die Fragen, ob ich nicht mal zu Wacken wollen würde. Aber genau mit der Musik, die dort stattfindet, konnte ich überhaupt nichts anfangen. Mag sein, dass Genre-Puristen diese überhaupt erst als “trve” Metal bezeichnen, aber irgendwie waren mir die meisten Bands mit ihren Mittelalter oder Viking-Sounds zu dramatisch und so konnte die Musik nie Gefühle in mir auslösen – was eigentlich das Schlimmste ist, was passieren kann. In meinem Kopf sind Blind Guardian genau in dieser Rige verordnet, so dass ich der Band bisher keinen Hördurchlauf gegönnt habe, für den Plattenkrach überwinde ich mich dann aber natürlich.
Ein erster Blick auf Album-Artwork und den bekannten Bandschriftzug schrecken mich noch ein bisschen mehr ab. Ich wappne mich für Epos, Kitsch und natürlich Gitarrensoli en masse.
Mit dem Opener “Imaginations from the Other Side” steigen wir in ziemlich genau die Gefilde ein, die ich erwartet habe. Große, epische Chöre und einige Minuten Gitarrensoli. Die Stimme des Sängers Hansi Kürsch ist noch recht erträglich, berührt aber jetzt auch nicht wirklich. Die reinen Beats und Riffs der Strophen liegen mir schon eher, da diese dem Song doch eine interessante Basis verschaffen und ziemlich mitreißen können.
Mit “I’m Alive” geht’s dann aber in eine komplett andere Richtung. Hier wird’s schneller, die Gitarren nehmen mehr Platz ein, ab und zu wird mit leisen Passagen gespielt, die sich dann aber wieder in schnellere auftürmen. Ich verstehe langsam, was man an dieser Musik mag – schließlich erinnert sie von den Grundzügen auch an andere Metal-Spielarten, mir persönlich ist sie nur komplett zu überzogen.
Mit “A Past and Future Secret” wird’s dann richtig Wackenös, Mittelalter-Feeling mit Flöte und Laute und einem Gesang wie bei einem Minnesang…ich bin raus. Das taugt vielleicht als Soundtrack für einen Fantasy-Film, ist aber so fernab von meiner Realität, dass es mich eher verstört als berührt.
“The Script for My Requiem” wird wieder ganz schnell, Kürschs Stimme springt in die Kopfstimme, die Gitarren werden von Streichern begleitet. Bei “Mordred’s Song” steigen im Refrain epische Chöre ein. Klar, Epos kann begeistern, ich selbst bin großer Fan von Queen und die sind ja nun mal auch nicht ganz ohne – aber das in Kombination mit Metal erzeugt Gänsehaut im falschen Sinn. Die Gitarren stolpern nahezu übereinander, um immer schneller zu werden – meinetwegen können sie auch mal solche Sequenzen einbauen, dadurch, dass diese aber den Großteil der Albumspielzeit einnehmen, verlieren mich die Parts völlig.
Lied 9 heißt “And the Story Ends”. Ich atme erleichtert auf – überstanden ist der Ritt. Musikalisch werde ich auch weiterhin nichts mit dieser Art von Metal im Allgemeinen und Blind Guardian im Speziellen anfangen können. Zugute heißen kann ich dem Album allerdings, dass die Melodie-Führung der Gesangsparts ziemlich eingängig und dadurch Ohrwurm tauglich geraten ist, der Epos gelingt immer wieder, gerade im letzten Song öffnen sich weite Klangflächen und unweigerlich entstehen Blockbuster-Bilder im Kopf. Komplett verliert mich die Band jedoch durch das “zu viel” – jeder Song will möglichst viele Gitarren und epische Szenen einbauen. Immerhin konnte mir das Experiment beweisen, dass ich auch 2018 nicht bereit bin für Wacken.
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Mehr Plattenkrach: Hate it or love it – was für den einen ein lebensveränderndes Monumentalwerk ist, ist für die andere nur einen Stirnrunzler wert! Ein Album, zwei Autor*innen, ein Artikel, zwei Meinungen! Mehr Auseinandersetzungen findest du hier.
Und so hört sich das an:
Die Coverrechte liegen bei Nuclear Blast.
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