So war das Youth Brigade Festival 2018!

Erst letztes Jahr haben wir uns vom Youth Brigade Festival in Dortmund mitreißen lassen (Bericht hier) – so viele abwechslungsreiche, vielversprechende Bands an einem Abend in einer Location zu sehen, grenzt an ein Wunder! Da war es keine Frage, dass wir auch bei der diesjährigen Ausgabe dabei sein wollen – ein Blick ins Line-Up offenbarte jedoch, dass dieses Jahr viel kleinere Bands dabei sind, halbwegs große Namen wie letztes Jahr Love A und Liedfett bleiben aus. Dass das aber überhaupt nichts Schlechtes heißen muss, zeigt der Abend schnell! Das Konzept ist einfach: alle drei Bühnen des FZW werden genutzt und so treten von 17.30 bis 24 Uhr insgesamt 19 Bands auf – ein straffer Zeitplan für Bands und Publikum!

Zu Beginn werden Bands aufgefahren, die die Vielfalt des Festivals perfekt darstellen: Granulat bieten kurz und knackigen Punk, dessen einziges (!) Thema das Biertrinken ist, den anderen Bands kann man ihre großen Vorbilder direkt anhören: Princess of Tremonia möchten gerne klingen wie Guano Apes, Blomqist hätten bestimmt nichts gegen einen Support-Slot bei Kettcar und co und Tuphead schielen mit ihrem zugegeben durchaus gelungenen Pirate-Metal Richtung Wacken und Santiano (in härter). Im Anschluss spielt dann Grundhass, ein Singer-Songwriter, der direkte Lyrics mit seiner Akkustik-Gitarre präsentiert. Dass diese auch mal von dem Geruch am Pfandautomaten oder dem Vapiano handeln, ist ziemlich sympathisch. Nur eine Sache hätte sich der Musiker wirklich sparen können. Ohne Aufforderung nutzt er die Pause zwischen zwei Songs, um zu sagen „Es gibt manche Sachen, die ich gar nicht mag, zum Beispiel die Band, die gerade drüben gespielt hat, Princess of Tremonia, die waren ja mal scheiße!“ Unsportlich, unfair, unnötig! Solche Aussagen sind vor allem auf Newcomer-Festivals einfach absolut fehl am Platz. Vielleicht lag es auch an der Übermüdung des Musikers, man weiß es nicht.

Nun wurde es Zeit für den ersten Act, dessen Namen wir auch tatsächlich kannten: Angry Youth Elite (Bild), dessen Album „Ready! Set! No!“ letzten Monat erschien. Unweigerlich bemerkt man einen immensen Qualitätssprung, ein professioneller Auftritt mit spaßigem Skatepunk wird geboten und lockt schon mehr Gäste an. Für Fans von NOFX und ZSK könnte das auf jeden Fall einen Hinhörer wert sein! Nichts ahnend begeben wir uns in die große Halle und werden direkt von den Socken gerissen: das Alternative-Trio Woodship (Beitragsbild) spielen wie ein unglaublich gelungener Hybrid aus Biffy Clyro und Royal Blood. Mitreißende Refrains werden ebenso geboten wie ausufernde, atmosphärische Instrumental-Parts, die auch gerne mal in den Math-Rock rutschen. Erst vor einem Monat erschien das Debütalbum der Band, „Bright Coloured Town“ und wenn alles mit rechten Dingen zugeht, werden wir noch einiges von ihnen hören! Nun folgt wieder eine ziemlich abwechslungsreiche Bandrutsche: Schelle bieten eine Portion Hau-Drauf Hardcore mit Rock ’n Roll-Anteilen, Der feine Herr Soundso spielt charmanten deutschsprachigen Punkrock, der etwas zurückhaltend wirkt, was vielleicht an der Erkältung des Sängers liegen könnte, Sleeping God hauen einem dann astreinen Post-Hardcore um die Ohren, der auch durchaus gefallen kann, insbesondere weil die Musiker mit dem Herzen bei der Sache zu sein scheinen – das kann schon unter die Haut gehen!

Direkter Cut – im Club 2 spielt Andrew Paley (Bild), einer der wenigen internationalen Acts des Abends. Nur mit Akkustik-Gitarre und einem Computer ausgestattet taucht der Musiker den Raum unweigerlich in Pastelltöne und bietet eine ganz sanfte, zerbrechliche Version von Wave. Paley performt hauptsächlich mit geschlossenen Augen und man bekommt unweigerlich das Gefühl, dass jede einzelne Note dahin gehört, wo sie gespielt wird. Neben all den lauten Auftritten, überzeugt dieser eben durch die bewusste Zurückhaltung!

Wenn es heute einen Headliner gibt, dann heißt der wohl Affenmesserkampf, der Club 1 füllt sich rasend schnell, den Sänger hält es gar nicht lange auf der Bühne. Nun verbringt er den ganzen Auftritt damit, von links nach rechts zu stampfen und dabei seine gesellschaftskritischen Lyrics in die Menge zu spucken. Thematisiert werden typisch linke Themen, wie zum Beispiel die Kritik an der Bundeswehr – generell wird überhaupt den ganzen Abend über Haltung bezogen, man fühlt sich doch schon wohl mit diesen Acts. Wer dem Punk der Band nicht viel abgewinnen kann, wird in der Halle vielleicht sein Highlight des Abends finden: die Stereokeys (Bild) spielen einen Indie-Alternative mit mitreißenden Melodien, abwechslungsreichem Songwriting und dem gewissen Effekt, der einen direkt Mitsingen lassen will. Heute wirken sie unglaublich professionell und schreien nur so nach den großen Bühnen. Umso geschockter sind wir, als die Band sich für den Abend bedankt, schließlich sei es ihr erster gemeinsamer Auftritt – bitte was? Da wagt man es sich gar nicht vorzustellen, was die Band noch alles erreichen kann! Wir behalten die Musiker auf jeden Fall im Auge!

Wieder im Club 2 angekommen, erleben wir ein kleines Flashback, denn irgendwie erinnern uns Kurschatten extrem an Love A! Auch hier wird Post-Punk in einer rebellischen Form geboten, die Lyrics nur so herausgeschrien, beeindruckend und bewegend! Schon lassen Pöbel MC & Milli Dance im Club 1 ihren Hip-Hop auf die Leute los und ziehen die Masse schnell in ihren Bann. Für uns endet der Abend mit den Niederländer*innen von March, die zackigen Powerpunk spielen und eine so beeindruckende Frontfrau in ihren Reihen haben, dass wir sie uns unweigerlich mit Riot-Grrl-Größen auf Tour vorstellen können.

Im Großen und Ganzen bot das Youth Brigade auch dieses Jahr eine wunderbare Mischung an lokalen und internationalen Newcomer-Acts. In dieser Ausgabe war das Wort Newcomer groß geschrieben, die meisten Bands stehen noch ganz am Anfang – aber können jetzt schon für offene Münder sorgen. Die Organisation läuft beeindruckend glatt, die Aufteilung der Spielzeiten und der drei Bühnen ist ohnehin genial, ein Stand im Flur bietet Fanzines und Sticker mit explizit linken Haltungen an, die Atmosphäre zwischen Mitarbeiter*innen, Bands, Publikum und Security ist unkompliziert und freundlich, bei dem tollen Wetter wird auch der Outdoor-Beach-Bereich gerne benutzt. Einziges Manko: Nur durch den Club 2 ist der Außenbereich zu erreichen, so dass die Konzerte in dieser Halle extrem häufig durch an der Bühne vorbeigehende Leute gestört werden. Für einen wahnsinnig niedrigen Eintrittspreis werden einem hier unglaublich gute Acts geboten und wir sind gespannt, wo wir die Musiker*innen wiedertreffen! Bis zum nächsten Jahr, liebes Youth-Brigade!

Und so hört sich das an:

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https://www.youtube.com/watch?v=9CAT8dD3OPw

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Rechte an den Beitragsbildern liegen bei Julia Köhler.

 

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