Interview mit Giant Rooks über „Rookery“

Interview mit den Giant Rooks

Die Giant Rooks haben sich in den vergangenen Jahren wie kaum eine andere deutsche Indie-Band von den kleinen Bühnen in die Herzen der Fans und ins Mainstream-Radio gespielt. Nun kam mit „Rookery“ ihr lang ersehntes Debütalbum heraus und stieg direkt auf Platz 3 der Albumcharts ein. Wir haben uns mit Sänger Fred und Gitarrist Finn getroffen und über ihr neues Werk, die Herausforderungen der aktuellen Zeit und ihre Träume gesprochen. 

minutenmusik: Euer Album Rookery ist gerade auf Platz 3 in den Charts eingestiegen. Wie geht es euch?

Fred: Wir sind überglücklich. Wir haben heute noch darüber gesprochen, dass wir es noch gar nicht so richtig realisiert haben, dass das Album jetzt schon seit einer Woche draußen ist. Wir sind die ganze Zeit unterwegs und haben noch gar nicht richtig die Zeit gehabt, das wirken zu lassen. Aber wir sind überglücklich und unfassbar dankbar dafür, dass so viele Leute sich das Album gekauft haben.

minutenmusik: Rookery ist euer Debütalbum, aber mit euren drei EPs und unzähligen Shows habt ihr euch vorher schon einen guten Status und eine Fanbase erarbeitet. Hat euch das Sicherheit für das Album gegeben oder eher den Erwartungsdruck erhöht?

Finn: Das ist eine spannende Frage!

Fred: Ich glaube beides, auf eine Art. Der Erfolg der letzten Jahre hat uns auf jeden Fall die Sicherheit gegeben, dass wir ein Selbstbewusstsein bekommen haben, um zu sagen „Wir schreiben jetzt ein Debütalbum und wir nehmen das auch auf und wir fühlen uns in der Lage, unseren eigenen Erwartungen gerecht zu werden.“ Das war auf jeden Fall schon so. Natürlich sind aber auch die Erwartungen von außen hoch gewesen. Aber wir bereuen überhaupt nichts und sind super zufrieden mit der ganzen Entwicklung.

Finn: Wir haben uns zum Glück auch während des Schreibprozesses relativ frei davon gemacht. Wir haben einfach die Musik geschrieben, die wir auch selber gerne hören würden. Uns ist erst am Ende aufgefallen, als wir das Album abgegeben haben, dass wir uns während des Schreibens und Aufnehmens relativ wenig Gedanken darüber gemacht haben, wie das eigentlich den Leuten gefällt, die vielleicht unsere Musik gerade schon hören und darauf warten. Das war der Punkt, wo wir gedacht haben: „Oh, krass. Was machen wir denn jetzt, wenn die das richtig scheiße finden?“ Das ist ja auch möglich, weil sich das Album schon von den vorherigen Veröffentlichungen unterscheidet. Aber bisher haben wir das Gefühl, dass es sehr positiv aufgenommen wurde.

minutenmusik: Habt ihr überlegt, den Release von Rookery wegen Corona zu verschieben?

Fred: Wir haben tatsächlich darüber nachgedacht. Man kann schon von Glück sprechen, dass wir das Album komplett vor Corona aufgenommen haben. Wir sind in den letzten Monaten nochmal richtig ins Detail gegangen und haben den Feinschliff gemacht und das Album abgegeben, finalisiert, gemixt, das Artwork besprochen. Es gab so viel zu tun. Das war auf jeden Fall ein Mammutprojekt und wir haben das am Anfang unterschätzt. Aber wir hatten zumindest Glück, die Aufnahmen schon abgeschlossen zu haben. Wir wollen auch einfach neue Musik schreiben und finden, dass dieses Album auch jetzt gerade aktuell ist. Es ist ein Stand von dem, was wir machen und wer wir sind und behandelt aktuelle Themen. Da war uns auf jeden Fall relativ schnell klar, dass wir es in diesem Jahr rausbringen wollen.

minutenmusik: Ihr hinterfragt auf dem Album sehr vieles, ohne wirklich Antworten darauf zu finden. Spiegelt das euer eigenes aktuelles Empfinden wider, gerade auch im Hinblick auf alles, was in der Welt passiert?

Finn: Ja, ich denke schon, dass das das widerspiegelt. Ich glaube, die Lage der Welt hinterlässt gerade viele ratlos. Auch so Fragen wie „Was ist meine Aufgabe in diesem ganzen Chaos? Wie gehe ich damit um, dass ich ein privilegierter Mensch bin? Wie nutze ich das? Was ist meine Verantwortung?“ Das sind alles Fragen, die uns auf dem Album beschäftigt haben und die uns auch nicht erst seit gerade beschäftigen, sondern uns seit Jahren begleiten. Das ist ja alles nichts Neues, zum Beispiel die Klimakrise, Rassismus, Sexismus. Das sind alles Themen, die uns schon länger beschäftigen und die auch bleiben.

minutenmusik: Findet ihr es frustrierend, dass es keine klaren Antworten darauf gibt?

Finn: Ja, ich finde das schon frustrierend manchmal. Man wünscht sich manchmal schon ein bisschen mehr Klarheit und klare Antworten, was die Lösung ist. Aber die gibt es halt nicht.

minutenmusik: In euren Texten verwendet ihr oft eine sehr bildliche und mystische Sprache. Woher nehmt ihr die Inspirationen dafür?

Finn: Inspirationen nehmen wir auf jeden Fall aus Filmen, aus Büchern, aus anderer Musik.

Fred: Natürlich auch aus dem, was wir selber erleben, aus unseren eigenen Erfahrungen, aus dem, was uns beschäftigt. Aber auch, was unsere Mitmenschen beschäftigt und was sie erlebt haben. Das inspiriert uns.

minutenmusik: Gibt es auf Rookery einen Song, der für euch persönlich besonders wichtig ist?

Fred: Für mich ist das auf jeden Fall „Into Your Arms“.

Finn: Aber persönlich wichtig sind tatsächlich alle.

Fred: Ja gut, so gesehen auf jeden Fall. Ich habe das jetzt eher so gesehen, was mein Lieblingssong ist oder welcher mich am meisten berührt. Das ist auf jeden Fall „Into Your Arms“. Aber irgendwie sind für uns schon alle gleich wichtig. Aber ich glaube, jeder hat so seinen Favorite Song auf dem Album.

minutenmusik: Welcher ist das bei dir, Finn?

Finn: Bei mir ist das „What I Know Is All Quicksand“.

minutenmusik: Rookery ist im Gegensatz zu den vorherigen EPs im Studio entstanden und nicht über mehrere Liveshows hinweg auf der Bühne. Das merkt man unter anderem auch daran, dass ihr viele ausgetüftelte Studio-Effekte verwendet. Wie war es, das Album auf die Live-Bühne zu bringen?

Fred: Das war auf jeden Fall am Anfang eine riesengroße Herausforderung. Wir haben diese ganzen Songs vorher noch nie live gespielt, was eigentlich ungewöhnlich für uns ist. Bevor wir „New Estate“ und „Wild Stare“ aufgenommen haben, haben wir diese EPs eben auch live gespielt, um auch zu gucken, ob die Songs funktionieren und ankommen. Wir haben die dann auch immer noch weitergeschrieben und umgeschrieben. Das war jetzt schon ein neuer Prozess, weil wir das Meiste im Studio geschrieben haben und direkt aufgenommen haben. Insofern war es eine große Herausforderung, das, was im Studio passiert ist, auf die Bühne zu bringen. Es hat auf jeden Fall Wochen gedauert, bis das irgendwann gut geklappt hat. Das war fast bei jedem Song sehr hartnäckig.

minutenmusik: Aber ihr wart dann mit dem Ergebnis zufrieden?

Fred: Klar, es gibt immer irgendetwas, aber im Grunde waren wir schon sehr zufrieden. Es hat mich auch ein bisschen gewundert, aber das hat schon gut funktioniert.

minutenmusik: Ihr konntet trotz Corona ein paar Live-Konzerte spielen, zum Beispiel bei den Picknick-Konzerten. Wie war das für euch und wie habt ihr diese Art von Konzerten wahrgenommen?

Fred: Ich habe es als sehr, sehr schön wahrgenommen. Ich glaube, wir haben das alle sehr genossen, auch weil wir ewig keine Konzerte gespielt haben. Wir haben aber auch bei den Leuten gemerkt, dass sie so Bock darauf haben. Es haben sogar manche Leute gesagt, dass ihnen diese Konzerte besser gefallen als die Konzerte, wie man sie aus 2019 kennt. Das fand ich schon lustig.

minutenmusik: Ihr hättet dieses Jahr eigentlich eure große Europa-Tour und mit Milky Chance in den USA gespielt. Habt ihr das Gefühl, dass euch Corona zurückwirft?

Finn: Das ist ganz schwierig zu sagen. Es hat sich für uns so viel entwickelt, dadurch, dass wir jetzt unser erstes Album rausgebracht haben. Das fühlt sich für uns wie das Ende von etwas an, aber auch wie ein Anfang von etwas Neuem, weil es schon ein Meilenstein für uns ist und etwas, worauf wir seit fünf Jahren hinarbeiten. Das lässt sich nicht nehmen durch ausgefallene Konzerte.

Fred: Und ob das jetzt alleine für uns oder für unsere Band eine positive oder negative – oder wenn überhaupt negative – Entwicklung gibt, das können wir erst in ein, zwei Jahren beurteilen. Aber wir werden häufig in Interviews gefragt: „Was gibt es denn Positives an Corona? Habt ihr jetzt mehr Zeit, um zu euch zu finden oder mal runter zu kommen?“ Wir sehen das halt relativ krass, weil es an Corona überhaupt nichts Positives gibt in unseren Augen. Das ist etwas, was so schrecklich ist und so eine riesengroße Katastrophe ist und so viele Leute leiden darunter. Deswegen finden wir es schwierig zu sagen: „Ja, aber uns geht es ja gerade nicht schlecht und wir haben jetzt zu uns gefunden.“ oder was auch immer. Das ist auch überhaupt nicht der Fall. Ich glaube, es gibt halt überhaupt nichts Positives an dieser ganzen Sache.

minutenmusik: Ihr habt für eine recht junge Band schon wahnsinnig viel erreicht. Gibt es das eine große Ziel, das ihr noch erreichen wollt? In einer bestimmten Stadt spielen oder bei einem bestimmten Festival?

Fred: Ich würde gerne mal beim Glastonbury in UK spielen. Und im Greek Theatre in Los Angeles. Ich glaube, für uns ist es einfach ein riesengroßer Traum, wenn es bald wieder weitergeht, weltweit Konzerte zu spielen und Orte zu sehen und Kulturen zu erleben und Erfahrungen zu machen.

minutenmusik: Wie sehen die nächsten Wochen und Monate bei euch aus? Live-Shows werden ja wahrscheinlich vorerst nicht stattfinden und das Album ist veröffentlicht. Macht ihr jetzt Urlaub?

Finn: Wir haben jetzt auf jeden Fall eine wahnsinnig intensive Zeit hinter uns. Wir hatten die letzten Wochen eigentlich keine freien Tage im Hinblick auf die Veröffentlichung von dem Album und Promo und Konzertvorbereitung, die neuen Songs erproben, all sowas. Jetzt kommen noch ein paar TV-Shows und das wird sich noch so durch den September ziehen. Und ich denke, dann werden wir erstmal so drei Wochen Luft holen und mal was komplett Anderes machen.

Fred: Ja, um dann auch im besten Fall Inspiration zu haben für neue Musik.

minutenmusik: Das klingt gut. Vielen Dank, dass ihr euch die Zeit genommen habt!

Fred: Danke dir für das schöne Gespräch!

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