Mit einem Album erwachsen werden wird häufig geschrieben, wenn Künstler sich weiterentwickeln. Bei Nico Laska ist dieses mit seinem Debütalbum auch wortwörtlich zu verstehen, denn auf NI/CO erzählt er seine Geschichte von 16 bis 21 Jahren. Nach den ersten beiden EPs FINE und GONE ist es nun Zeit für das erste richtige Album und auf diesem wird versucht die Frage zu klären wer Nico Laska eigentlich ist. Im Interview spricht Nico Laska mit uns über die Herausforderungen, die sich ihm bei der Produktion des Albums gestellt haben und wie er seinen eigenen Sound gefunden hat.
Minutenmusik: Nachdem in den letzten Jahren bereits zwei EPs von dir veröffentlicht wurden, bringst du nun mit NI/CO dein erstes Album raus. Warum hast du dich jetzt entschieden ein Album und keine EP zu veröffentlichen?
Nico Laska: Ich habe schon immer von der Idee geträumt ein Album direkt als erstes zu machen. Mir wurde aber immer wieder von Freunden und Bekannten aus der Branche gesagt, dass man sich für das erste Album Zeit nehmen muss. Vor allem sollte man es nicht zu früh rausholen und den Leuten eine Chance geben einen erstmal so kennen zu lernen. Auch aus der Businesssicht sollte man die Chance nehmen und eine kleine Fanbase aufbauen, damit das erste Album nicht verpufft, da das etwas Wichtiges und Wertvolles ist. Dann habe ich die erste EP FINE rausgebracht und mich danach noch nicht bereit gefühlt. Da hätte man ein Album machen können, aber ich wusste noch nicht genau wie ich klingen wollte und wer ich musikalisch bin. Dann habe ich mit der GONE noch einmal mehr ausprobiert und weiß ich wer ich bin und was ich machen möchte. Die große Frage, die nach der GONE im Raum stand war: Wer ist Nico Laska? Und die haben wir jetzt versucht zu beantworten.
Minutenmusik: Wie das Album mit dem Titel „NI/CO“ schon vermuten lässt, ist es sehr persönlich geworden. War es schwierig für dich sehr persönliche Texte zu schreiben?
Nico Laska: Das Album beschreibt meine Lebensgeschichte zwischen 16 und 21 Jahren. Es ist autobiographisch geschrieben, aber doch sehr distanziert 4-5 Jahre später, wenn man es zum 21. Lebensjahr sieht und dass ich 16 war, ist inzwischen fast 9 Jahre her. Mir ist aufgefallen, dass ich damals sehr negativ über Dinge wie Beziehungen geschrieben habe. Ich habe jetzt auf dem Album versucht beide Blickwinkel zu erkennen, denn meine erste Beziehung war wunderbar. Klar ist die geendet und dann habe ich viele traurige Songs darübergeschrieben, aber ich war so verliebt und durfte das erste Mal Liebe kennenlernen. Das alles hat es nie in Songs geschafft. Dieses Mal habe ich versucht sehr autobiographisch und ehrlich zu schreiben, aber nicht aus der Person heraus. Ich stand quasi über dem jungen Nico und habe mir gedacht, was ich damals gefühlt habe und will das jetzt alles ein bisschen zusammenfassen.
Minutenmusik: In Songs wie „Mama / Said“ oder „Empty / Room“ versteckst du Referenzen an die vorherigen EPs und auch bei den früheren Alben konnte man immer wieder Anlehnung an andere Songs finden. Magst du das einfach gerne oder warum verseckst du immer wieder so Kleinigkeiten?
Nico Laska: Ich finde es voll schön, dass dir sowas auffällt. Erst einmal ganz großen Respekt daran, denn, wenn man super in der Materie drin ist dann checkt man es, aber wenn man es nebenbei hört, dann fällt es einem nicht auf. Ich hatte jetzt schon ein paar Interviews zum Album und du bist die erste, die fragt, deswegen freue ich mich gerade so. Meine Regel ist immer, dass die Sachen, die ich versuche rein zu bauen und zu verstecken, niemals den Sinn des Songs gefährden dürften. Ich versuche nicht auf Biegen und Brechen etwas reinzupressen nur damit irgendetwas da ist, aber ich mache das total gerne. Es gibt sehr viele Hints auf dem Album und im Booklet etc. . Ich habe das Album einem Kumpel vorgespielt und er meinte zu mir, dass das Album sehr direkt ist und ich immer sehr direkt das sage, was ich meine. Ich glaube das ist auf der ersten Ebene so, aber wenn man rein tauchen möchte, dann kann man noch ganz viele Sachen, Namen und alles Mögliche entdecken. Ich mach das total gerne, weil es mir total Spaß macht und ich den Leuten, die das Album öfters hören die Möglichkeit geben immer noch Sachen zu entdecken, die vielleicht beim ersten Mal nicht auffallen.
Minutenmusik: In dem Song Mama / Said geht es viel darum, was deine Mama dir beigebracht hast. Was ist denn das Wichtigste was du von deiner Mama gelernt hast?
Nico Laska: Meine Mama ist eine ganz großartige Frau und hatte schon immer einen sehr strengen Kodex von „was ist richtig und was ist falsch“. Ich finde da kann jeder seine Ansicht haben, aber unabhängig von dem was ich im Song erzähle, würde ich sagen, was meine Mama mir beigebracht hat ist, dass man sich selber treu bleiben soll, egal was die Menschen drumherum sagen. Wenn du etwas für richtig empfindest, dann steh dazu und wenn du findest, dass etwas falsch ist, dann mach deinen Mund auf und sag etwas. Das macht sie bis heute noch. Meine Mama ist Italienerin und hat dementsprechend auch das Temperament dazu. Ich würde sagen, dass ist eine wichtige Sache. Und eine andere wichtige Sache ist natürlich: mach was immer du willst im Leben und sei glücklich, aber egal was du machst, mach es richtig. Also keine halben Sachen. Du willst Musik machen? Dann mach Musik, aber dann halt dir nicht sieben andere Wege offen, sondern mach Musik.
Minutenmusik: Ein weiterer sehr persönlicher Song auf dem Album ist Ro/Bot, der gerade am Anfang sehr persönlich und intim ist, aber gleichzeitig im zweiten Teil einen perfekter Recap des Albums darstellt. Wie viel magst du über die Entstehung dieses Songs erzählen?
Nico Laska: Ro/Bot ist interessant. Ich habe mir vorgenommen nicht so viel über den Song zu sagen, weil er doch sehr persönlich ist. Wenn man unter den Prospekt schaut, dass das Album mein Leben zwischen 16 und 21 beinhaltet, dann ist Ro/Bot auch chronologisch gesehen der letzte Song. In dem Song geht über Dinge, die mir wirklich passiert sind und mit denen ich danach lange zu kämpfen hatte. Mein Leben hat sich, nachdem es damals passiert ist, sehr geändert. Warum danach quasi das Outro kommt: Ich stelle es mir so vor, dass der Hauptcharakter oder das lyrische ich des Songs, der sich ja in einem Krankenhaus befindet, aus dem Krankenhaus raus geht, sich einen Block nimmt und anfängt aufzuschreiben „It all started at the age of 16…“. Deswegen bekommt man dann das ganze Album noch einmal mit als wäre es quasi eine Reise, die in meinem Kopf stattgefunden hat, während ich das Revue passieren lasse und ich jetzt alles aufschreibe, was mir passiert ist. Deswegen gibt es dieses Outro.
Minutenmusik: Mit dem Album hast du dich vom schlichteren Singer-Songwriter Sound, wie es auf der ersten EP FINE zu hören war, zu aufwendiger produzierten Pop-Musik entwickelt. Wie kam es zu diesem Wandel?
Nico Laska: Das ist eine sehr gute Frage. FINE kam raus als ich gerade 20 war und das war meine erste Studioerfahrung. Ich arbeite seit FINE, GONE und jetzt dem Album NI/CO mit exakt den gleichen Leuten. Joseph Thomson hat mir beim Songwriting geholfen genauso wie Mario Radetzky. Karan Walia hat produziert und das dieses Mal viel mehr und selbstständiger als bei den Alben davor. Michael Dreilich hat getrommelt und Mario hat mitproduziert. Aber wir fünf haben das Album zumindest künstlerisch gemacht. Artwork und sowas ist noch eine andere Geschichte. Was sich über die Jahre geändert hat ist, dass ich bei der FINE keine Ahnung von Nichts hatte. Ich habe mich darauf verlassen, was meine Mitmenschen, die mehr Erfahrung haben, beisteuern. Bei der GONE habe ich mehr die Zügel in die Hand genommen und gesagt, dass ich andere Sachen probieren wollte. Und dieses Mal war es so, dass ich eine ganz genaue Vorstellung hatte von dem was ich musikalisch möchte und vorher Nico Laska für mich sehr genau definiert habe. Ich bin Gott sei Dank in der privilegierten Situation, dass die Menschen, mit denen ich zusammen produziert habe, so vielfertig sind, dass sie das auch einfach können. Und wenn sie mir etwas vorgeschlagen haben, sei es ein Beat oder ein Sound und ich gesagt habe, dass ich das nicht so passend finde, dann kam einfach sofort etwas Neues raus. Und dieses Mal habe ich bei allen Entscheidungen die letzte Entscheidung getroffen und immer die Richtung vorgegeben. Und da hat Karan, der einen Großteil des Albums produziert hat, einen unglaublichen Job gemacht. Michi und Mario haben einen unglaublichen Job gemacht und Joseph und ich sind viel tiefer in die Texte gegangen also früher und es hat einfach mehr Spaß gemacht. Man konnte vorher immer sagen „Oh das klingt wie Ed Sheeran“ und dann bei der GONE hat jeder gesagt „Oh das klingt wie Twenty One Pilots“. Ich glaube, dass es dieses Mal so gemischt ist und so viele Stilrichtungen dabei sind und es ist doch irgendwie aus einem Guss. Jetzt kann man sagen, dass klingt einfach nach Nico. Und vielleicht gibt es irgendwann andere Künstler, die Musik machen und man sagt dann, das klingt wie das Album von Nico Laska.
Minutenmusik: Das Gefühl hatte ich beim Hören auch, dass man bei jedem Song sehr unterschiedliche Einflüsse, wie bei Fam/Ily zum Beispiel Dermot Kennedy oder Twenty one Pilots heraushört, es aber doch insgesamt einen sehr eigenen Sound entwickelt. Welche Einflüsse gab es denn außerhalb der fünf Leute, mit denen du im Studio warst?
Nico Laska: Gerade Karan und ich haben, bevor wir das Album angefangen haben, unglaublich viel Musik gehört. Aber wir haben es analytisch angehört und uns gefragt, warum uns das gefällt und was es auslöst. Da sind wir von Justin Bieber bis zu Rise Against gegangen. Ich habe geschaut, was ich früher gehört habe. Ich war früher Rise Against Fan und dann kam All Time Low. Ich habe immer Karan Songs geschickt und der musste sich jeden einzelnen Song anhören. Ich würde sagen, dass die Musik, die ich gehört habe und höre eine große Rolle gespielt hat. Ansonsten haben wir uns wirklich in unserer Blase aufgehalten und niemanden sonst ins Boot geholt. Ich habe ein paar Freunde, die nichts mit Musik zu tun haben und Freunde, die super musikalisch sind, und denen habe ich mal eine Demo geschickt und gefragt, wie die die so finden. Aber sonst hat niemand mitgearbeitet. Wir haben auch versucht uns bedeckt zu halten, da ich vorher sehr wenige Demos verschicken wollte. Ich wollte nicht, dass jemand vorher reinreden kann, weil ich ganz anfällig dafür bin. Wenn jemand sagt, dass er es richtig kacke findet und ich es vorher geil fand, dann muss ich immer überlegen, warum die Person das jetzt so findet. Deshalb haben wir es diesmal vorher gar nicht rausgeschickt.
Minutenmusik: Und was sind Ziele, die du mit deinem Album erreichen möchtest?
Nico Laska: Erst einmal möchte ich natürlich mit dem Album einen Startpunkt setzen. Das ist das erste Album und die Grundebene für alles, was danach noch kommt. Dann möchte ich den Leuten definieren wer Nico Laska ist und was Nico Laska macht. Es ist mir ganz wichtig, dass die Frage jetzt endlich geklärt ist. Immer wenn wir ein Meeting mit irgendwelchen Business Leuten hatten, dann hieß es immer „Wer ist denn Nico Laska?“ und „auf welche Bühne sollen wir ihn stecken? Rock am Ring oder Lollapalooza?“ oder „Willst du in eine HipHop Playlist oder in eine Rock Playlist?“. Jetzt ist klar: hört euch das Album an und macht euch selber ein Bild. Aber das bin ich zu einhundert Prozent. Ein kommerzielles Ziel, dass ich mir gewünscht habe, ist mit dem Album auf Platz 99 der deutschen Album Charts, der letzte zweistellige Platz auf dem man landen kann, zu charten. Das ist etwas auf das wir aktuell alle ganz hektisch drauf hinarbeiten. Ich bin sehr gespannt, was da eine Woche nach Album Release wirklich bei rauskommt. Das wäre schon verrückt.
Minutenmusik: Und was ist die größte Herausforderung die du bei dem Album hattest?
Nico Laska: Die größte Herausforderung die wir hatten, war natürlich die von Pandemie. Wir mussten sehr viel remote arbeiten. Sprich ich saß an meinem Laptop, Karan saß an seinem Laptop und wir haben sehr viele Sachen hin und hergeschickt. Das war schon sehr außergewöhnlich und eine große Herausforderung. Zweitens hatte ich den Anspruch hatte die Richtung vorzugeben. Das bedeutete auch, wenn man mal zu viert oder fünft in einem Raum steht und nicht wissen wie es weitergeht oder was als nächstes passiert, alle Augen auf mich gerichtet waren und ich eine Entscheidung treffen musste. Das war auch eine große Herausforderung. Und so dumm es klingt: das Album zu verkaufen. Leute kaufen sowieso schon wenig CDs und dann habe ich eine ziemlich kleine Fanbase. Eine sehr dankbare und liebevolle Fanbase, aber die ist einfach noch klein. Ich bin noch ein kleiner Künstler und habe das Gefühl, dass jetzt in die Charts zu kommen ein Krieg ist, den wir gerade alle gemeinsam bestreiten. Jeder schickt die Songs an Nachbarn und Freunde und nervt Leute damit. Ich habe letztens eine Instagram Nachricht bekommen: „Hey ich habe dein Album bestellt, nachdem ich von vier verschiedenen Leuten geschrieben bekommen habe, dass ich es machen soll. Wer bist du überhaupt?“ Da bin ich echt dankbar. Das sind die Hürden, mit denen wir gerade zu tun haben, aber eigentlich macht alles Spaß.
Minutenmusik: Das Album erzählt die Geschichte vom 16-21 Jährigen Nico. Was würdest du rückblickend denn deinem 16-jährigen Ich sagen oder als Tipp geben?
Nico Laska: Interessant. Darüber denke ich oft nach. Das klingt jetzt ziemlich absurd, aber als ich 16/17 war habe ich mit meiner Mama das Gespräch geführt, dass ich mir manchmal wünschen würde, wenn es um wichtige Entscheidungen gehen, dass es Zeitreisen gäbe. Und dann mein 25- oder 26-jähriges Ich zurückkommen könnte und sagen kann: „mach das“ und „das ist die richtige Entscheidung“. Ich hatte damals viele Unsicherheiten und nicht wusste, ob ich jetzt Musik machen soll und auch auf Beziehung bezogen nicht wusste, ob das jetzt die Partnerin ist oder nicht. Gerade als das alles schwieriger wurde, gegen Ende des Albums, habe ich mir so sehr gewünscht, dass ich zurückkomme und mir einen Tipp gebe. Aber wenn ich jetzt rückblickend schaue, dann bin ich so froh und es ist alles so geil wie es gerade ist. Ich arbeite mit den besten Leuten zusammen. Ich habe wunderschöne Freunde und ich darf wunderschöne Konzerte spielen. Ich will gar nichts an meinem Leben ändern. Das heißt, wenn ich jetzt diese Zeitmaschine bekommen würde, würde ich nicht zurückgehen. Ich würde mich quasi selber enttäuschen, weil ich weiß, dass am Ende alles so läuft wie es laufen soll. Ich würde mir nichts sagen, aber ich weiß, dass ich es mir wünschen würde, wenn ich einen Tipp bekomme.
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Nico Laska live 2021:
28.10.21 Frankfurt
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