Am 29. Januar spielte der bekannte britische Singer-Songwriter Jake Bugg im Kölner Gloria-Theater ein ausverkauftes Konzert im Rahmen seiner Solo-Akustik-Tour. Bevor der fabelhafte Gitarrist und Sänger, der erst vor wenigen Monaten in der Kölner Kulturkirche zu Gast war, mit einem kurzweiligen und abwechslungsreichen Programm zu gefallen wusste, stimmte Nina Nesbitt aus Schottland das Publikum auf den Abend ein.
Nina reduzierte ihren Pop-Sound, der schon in den Studioversionen sehr angenehm und zurückgenommen daherkommt, bei ihrem Solo-Auftritt auf die Wirkung ihrer Stimme und eine einfache instrumentale Begleitung, mal am Piano, mal an der Gitarre. Dabei präsentierte sie lauter neue Songs, darunter natürlich auch ihre zuletzt veröffentlichten Singles. Das Publikum schien von der Darbietung im Allgemeinen sehr angetan zu sein und kam natürlich auch der Aufforderung zum Mitsingen bei “Somebody Special”, dem letzten Song des 30-minütigen Sets nach.
Vor dem Konzert hatten wir die Gelegenheit, uns mit Nina Nesbitt zu unterhalten, die gerade aus Hamburg angereist war.
Nina Nesbitt: Vor etwa fünf Jahren war ich schon mal in Hamburg, aber das ist jetzt mein erstes Mal in Köln. Ich bin gerade erst angekommen, aber von dem her, was ich bis jetzt gesehen habe, scheint es hier ganz nett zu sein.
minutenmusik: Du bist gerade erst in eine neue Wohnung in London gezogen..
Nina Nesbitt: Ich wollte schon immer nach London ziehen, aber das ist relativ schwierig. Ich komme aus einem recht kleinen Dorf in Schottland. London ist ein guter Ort, weil es dort eine Menge Musik gibt und viele verschiedene Kulturen. Es ist eine Stadt, in der man sich gut aufhalten kann.
minutenmusik: Bei meinem letzten Besuch in London habe ich es genossen, durch Camden zu spazieren. Da scheint es viele kulturelle Angebote zu geben.
Nina Nesbitt: Ja, das ist wirklich sehenswert!
minutenmusik: Soeben hast du eine brandneue Single namens “Somebody Special” rausgebracht. Was macht deine Musik eigentlich besonders?
Nina Nesbitt: Dass sie sehr persönlich ist, denke ich. Was die Lyrics angeht, glaube ich, dass es mein Ding ist, darin Geschichten zu erzählen. Es ist Musik, die auf das Wesentliche reduziert ist. Ich habe da viel Falsett, also wirklich hohen Gesang… Ich mag es, Abwechslung reinzubringen, was die Stimmlage betrifft. All dies schließe ich irgendwie zu Einem zusammen.
minutenmusik: Du hast geschrieben, dass „Somebody Special“ der „happy song“ auf deinem kommenden Album sein wird. Wie wird sich das neue Werk denn anhören?
Nina Nesbitt: Ich würde sagen, dass „The Best You Had“, welches die Single vor „Somebody Special“ war, ein guter Anhaltspunkt für den Sound des Albums ist. Ich hatte aber das Gefühl, dass es an der Zeit war, eine Art Upbeat-Song rauszubringen, bevor ich das Album veröffentliche.
minutenmusik: Glaubst du, dass sich deine Herangehensweise ans Musikmachen seit den Anfängen stark verändert hat?
Nina Nesbitt: Ja, denn anfangs wusste ich nicht, wie man Songs schreibt. Dann habe ich mit verschiedenen Sounds und in verschiedenen Studios experimentiert. Ich habe mit anderen Menschen zusammengearbeitet, kollaboriert… Und dann war ich eine Weile lang Songwriter für andere Leute. Durch die Arbeit mit anderen Menschen lernte ich gewissermaßen, was meine Stärken waren und wo sich meine Schwächen auftaten. So stellte ich fest, dass ich, verglichen mit einigen anderen Leuten, wirklich hoch singen kann, und entschied, dass ich das in meiner Musik machen würde. Und ich fand heraus, dass mir erzählerische Lyrics liegen, also entschied ich, diese in meiner Musik umzusetzen. Ich denke, dass ich einfach die Bereiche aufgegriffen habe, in welchen ich am besten bin. Wenn man die ganze Zeit mit anderen Leuten arbeitet, lernt man dadurch, was man gut kann. Ich gehe nicht mehr wirklich in einen Raum mit der Absicht, jetzt einen Song für mein neues Album zu schreiben. Ich gehe einfach rein und schreibe einen Song, was auch immer da passiert. Es könnte ein Song für jemand anderen werden oder aber einer für mich.
minutenmusik: Deine neuen Singles machen sich ja ganz gut. Wie zufrieden bist du mit den bisherigen Reaktionen deiner Fans?
Nina Nesbitt: Ja, die laufen richtig, richtig gut. Ich finde, dass sich die Musikindustrie seit meiner letzten Veröffentlichung so sehr verändert hat! Mein erstes Album kam vor vier Jahren raus, 2014. Für mich ging es nun um die Frage: Wie hole ich die Leute alle auf die Streaming-Seiten von Spotify und Apple Music rüber? Anstatt sich ein physisches Exemplar zu kaufen, denn das tun die Leute im UK nicht mehr.. Ich war also recht besorgt, wie es laufen würde, wenn ich in diesem Bereich vertreten wäre. – Es hat all meine Erwartung vollkommen übertroffen. „The Best You Had“ hat jetzt um die 20 Millionen Streams verzeichnet – und das ist verrückt! Ich habe nicht gedacht, dass es jemals dazu kommen würde. Das gibt mir die Hoffnung, dass es da tatsächlich eine Möglichkeit gibt, seinen Lebensunterhalt zu verdienen und auch neue Hörer zu finden.
minutenmusik: Wie ist es für dich, sehr persönliche Songs wie „The Moments I’m Missing“ vor Publikum zu singen?
Nina Nesbitt: Ich bin immer so emotional (lacht)… Ich habe das Lied in Glasgow gespielt, in Schottland, wo ich herkomme. Ich musste weinen, weil ich so glücklich war, über mein Leben zu singen. Ja, das kann schon recht emotional sein, aber ich würde auch keine Musik veröffentlichen wollen, die nicht persönlich ist.
minutenmusik: Bist du auf der Bühne eher spontan oder hast du es lieber durchorganisiert und geregelt? Gibt es zum Beispiel eine Setlist?
Nina Nesbitt: Ja, ich mache mir eine Setlist. Der Auftritt heute ist nur akustisch, aber normalerweise hätte ich meinen Studiomusiker und ein weiteres Bandmitglied dabei. Wir spielen zu einer Art Click-Track, wir haben also ein paar Teile aus dem Studio in unserer Show. Aber bei Anlässen wie diesem kann ich einfach sagen: Ok, mir ist heute danach, dieses bestimmte Lied zu spielen… Da mag ich es also, es offen zu halten.
minutenmusik: Als ich hörte, dass du mit Jake Bugg auf Tour gehst, fand ich das ziemlich interessant, weil ihr natürlich beide sehr talentierte Musiker seid, aber letztlich doch auch ziemlich unterschiedlich klingt. So kommst du mit deinem heutigen Akustik-Programm Jake, der ebenfalls alleine und mit Akustikgitarre auftritt, sicherlich ein klein wenig näher.
Nina Nesbitt: Ja, als ich erfuhr, dass ich das hier machen würde, sagte ich erstmal: „Bist du dir sicher, dass er will, dass ich mit auf Tour komme? Denn wir sind so verschieden.“ (lacht) Aber ich denke, dass wir im Endeffekt ja beide akustisch spielen und beide unsere eigene Musik schreiben. Man muss nicht genauso sein wie jemand anders. Ich glaube, dass die Leute offen dafür sind, sich verschiedene Genres anzuhören.
minutenmusik: Verändert sich immer noch viel in deinem Musikerleben oder hast du in diesem Geschäft inzwischen eine Routine gefunden?
Nina Nesbitt: Ich denke, das habe ich nicht. Man bringt einfach einen Song raus und schaut sich an, was dann passiert… Alltäglich bin ich halt im Studio oder gehe mit meinem Hund Gassi. Das ist sehr normal, aber dann bekomme ich auf einmal einen Anruf: „Du gehst für zwei Monate auf eine Tour nach Amerika.“ Ich sag nur so: „Okay…“ Es ist bisweilen ziemlich überwältigend, weil ich an diesen Orten noch nie war.
minutenmusik: Wie bekommst du denn deinen Alltag organisiert? Darf dein Hund mit auf Tour?
Nina Nesbitt: Ich kann ihn mit ins Studio nehmen. Mein Leben kann ich nicht wirklich organisieren. Ich kann nichts organisieren…. (lacht) Meine Mutter passt auf meinen Hund auf.
minutenmusik: Würdest du sagen, dass du dich im Laufe deiner bisherigen Karriere persönlich verändert hast?
Nina Nesbitt: Ja, ich glaube, ich war so um die 17, als ich meine erste EP rausgebracht habe. Ich denke, dass ich mich bis zum Alter von 23 Jahren, welches ich jetzt habe, natürlich verändert habe. Ich glaube, dass ich einfach richtig erwachsen geworden bin. Die Musikwelt war mir vorher so fremd, ich habe viel gelernt. Ich fühle mich, als hätte ich studiert. (lacht)
minutenmusik: Dann wirst du auf deiner Tour mit Jake Bugg sicherlich einige weitere wertvolle Erfahrungen sammeln können. Ich freue mich auf das Konzert und danke dir für deine Zeit.
Nina Nesbitt: Danke für das Interview.
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Die Rechte am Titelbild liegen bei Alex Jake.
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