Akon, Palladium Köln, 13.05.2024

akon pressefoto 2024

Sie sind zurück und sie sind überall: Die 2000er haben ein fettes Comeback. Sämtliche Hits der Ära werden gesamplet und gecovert, ganz viele finden sich plötzlich auf TikTok und dann in den Charts wieder. Nicht außergewöhnlich, ist ein vergangenes Jahrzehnt erst für ein Jahrzehnt total uncool, dann aber musikalisch und modisch wieder zurück im Game. Parallel dazu sind einige Stars der sehr erfolgreichen R’n’B-00er-Zeit sogar live on Tour. 2025 kommt Usher, bald Ne-Yo und aktuell Akon.

Akon ist wirklich einer der auffälligsten „Ach, den gibt’s auch noch?“-Acts. Klar, ein Spruch, der immer gerne mal als Gag verwendet wird, aber jetzt mal ehrlich: Wie lang war der lost? Wo war er? Was hat er gemacht? Fragen, die wir an dieser Stelle wohl nicht hinreichend klären. Fakt ist aber, dass der mittlerweile 51-jährige (!) US-Star mit senegalesischen Wurzeln zurück auf die Bühnen kehrt und dabei sogar erstmalig in Deutschland Halt macht. Das ist schon ein arg schräger Fakt, war der Sänger im vorletzten und noch zum Teil im letzten Jahrzehnt mit so vielen Songs erfolgreich, dass es genügend Anlässe schon gegeben hätte, um mal bei uns rumzukommen. These: Damals hat man eben noch richtig gut Platten verkauft und damit ordentlich eingenommen. Heutzutage ist eine Tour zweifelsfrei die größte Einnahmequelle.

Und das „Den gibt’s auch noch?“-Gefühl kommt nicht von irgendwoher. Den letzten größeren Hit in Deutschland gab es 2016 mit „Heatwave“ gemeinsam mit Robin Schulz. Sowieso galt Akon als äußerst beliebter Kollabo-Partner und hat mehr als Gast geglänzt als als Hauptkünstler. Mit einem eigenen Track ist zuletzt „Beautiful“ 2008 als Chartentry in seiner Diskographie verzeichnet. Das war wirklich schon vor-vorgestern. Aber Nostalgie geht immer, 2000er sind das Ding der Stunde und manche Fans treu til they die. Auf der The Superfan Tour zieht Aliaune Damala Bouga Time Puru Nacka Lu Lu Lu Badara Akon Thiam – no joke – innerhalb von dreienhalb Wochen durch UK, Frankreich, Dänemark, Norwegen, Schweden, die Schweiz, Österreich, Belgien, die Niederlande, Tschechien und Deutschland. Bei uns hält er viermal. Köln ist der dritte Deutschland-Spot und das elfte von insgesamt 17 Konzerten. Kurz vor dem Gig am 13.5., einem Montag, meldet das Palladium in der Domstadt ausverkauft.

Man könnte denken, die Zeit wäre ein wenig stehengeblieben. Wir erinnern uns alle an Besuche in Großraumdiskotheken als man noch rauchen durfte und die ganze Party über R’n’B und Hip-Hop lief, darunter auch viel Stuff von und mit Akon. Einige dieser Nachtschwärmer*innen haben ihr Outfit von damals aus dem Schrank geholt, sich für ein Konzert vergleichsweise aufwändig gestylt und in die Masse gestellt. Ein anderer Teil der Crowd ist aber eher Anfang 20, also zu Akons Aufkommen gerade erst geboren. Doch guter Old School stirbt eben nicht und wird an nächste Generationen weitergegeben.

Dass sich einiges trotzdem verändert hat, zeigt der Support. Der Musikproduzent Nektunez legt ab 20:15 Uhr für eine halbe Stunde auf, spielt dabei so manchen berechenbaren Banger, aber auch einige, die früher in dem Kontext so gar nicht gegangen wären. Adele , Avicii und Coldplay als Reggaeton-Remixe? Please not. Aber es heizt solide an, sagen wir so. Durchs Streaming sind Genregrenzen aufgelockert, also kann man auch im Vorprogramm von Akon Pop-Zeug pumpen. So ein wenig Kitsch-Trash kann man dem Voract aber nicht absprechen, sind besonders die grellen Visuals arg bad taste.

Gegen 22:35 Uhr, wenn Akon 95 Minuten gespielt hat, muss man aber sagen, dass es gemeinsam ein stimmiges Gesamtbild ergibt. Da hat man ein Viertel Leben auf den kultigen Typen gewartet, rund 80 Euro für ein Stehticket gelatzt – für ein Meet & Greet wird übrigens ein vierfacher Wert gefordert – um am Ende eher enttäuscht nach Hause zu fahren. Es ist eines dieser Konzerte, bei denen die Menschen auf der Bühne äußerst stark probieren, über Defizite hinwegzutäuschen, was in einigen Parts auch gelingt, in anderen aber so gar nicht.

Wir starten positiv: Akon hat richtig Bock. Er wirkt sympathisch, ist immer in Bewegung. „Cologne, make some noise!“ ist ein Ausruf, der offensichtlich seiner Meinung nach nicht oft genug gesagt werden kann. Wirklich sweet wird die Crowd auch mit Luftbildern von Köln begrüßt, was der Show eine individuelle Note verpasst. Neben dem Sänger gibt es einen weiteren Herrn mit einer mit Steinen besetzten Maske auf der Bühne, der aber nur für „Heys“, „Yeahs“, „Woahs“ zwischen den Lines zuständig ist. Ein weiterer Musiker ist hin und wieder für einige Effekte am Start und spielt Bass. Der Bass ist auch so ziemlich das einzig Musikalische an der Show.

Denn auch wenn Akons Mikro die ganze Zeit angeschaltet ist, so sind alle Songs fast ausnahmslos Vollplayback. Ein absolutes No Go. Geht wirklich gar nicht. Besonders, wenn Akon zwischendrin immer etwas reinruft oder auch mal einige Zeilen mitsingt und seine Stimme 2024 einen viel tieferen Klang hat als in den Aufnahmen. Das ist wirklich auf unverschämte Art erkennbar, da braucht man kaum Fachwissen. Richtig uncool. Viel besser wäre es live und dafür mit anderer Farbe im Sound, womöglich auch mit Backgroundsänger*innen, aber so geht eindeutig das Gefühl, was Konzerte ausmacht, total flöten. So wirkt es eher wie ein gutes Double, das im Club in den 2000ern Akon nachmacht.

Wo wir gerade bei Club wären: Da, wo Akon einst dominierte, gab es selten ganze Songs. Stattdessen Hook, Strophe, Hook, next. Das wird als Konzept übernommen. Unfassbare 42 Titel stehen auf der Setlist und nein, wie schon erwähnt, dauerte das Konzert keine vier sondern nur anderthalb Stunden. In den ersten 30 Minuten peitscht der einstige Superstar mal eben 22 Tracks durch, also einen pro 1 Minute 20 Sekunden. Vorteil: Man bekommt quasi alles, was jemals als Single veröffentlicht wurde und halbwegs erfolgreich war. Einzige Ausnahme ist „Hold My Hand“ mit Michael Jackson, aber ansonsten kennt jede*r Charthörer*in oder Clubgänger*in mindestens die Hälfte an dem Abend. Nachteil: Wenn man sich freut, dass einer der persönlichen Lieblinge gespielt wird, ist er in wenigen Augenblicken auch schon wieder vorbei. Lediglich ein paar der ganz großen Aushängeschilder wie „Lonely“, „Sexy Bitch“ oder „Don’t Matter“ gibt’s in voller Länge. Unangenehmstes Gegenbeispiel ist das Duett mit Gwen Stefani „The Sweet Escape“ von dem nur noch das markante „Wuhuu, Yeehuu“ übrigbleibt. Ja, so haben wir auch geguckt.

Was genau ein Hit ist und was nicht, zeigt übrigens das Publikum. Das ist trotz Disse-Klamotten ziemlich steif, bleibt viel stehen und bewegt sich kaum. Stattdessen gehen mindestens 50 Prozent aller Handys bei bekannten Liedern hoch und bei unbekannten eben gar keine. Passend für ein TikTok-Video sind die Songs ja schon in Kurzlänge geschnitten. Ganz merkwürdiges Feeling irgendwie. Doch Akon lässt sich feiern, feiert Köln, trommelt bei einem Block mit vielen Afro-Beats sogar auf Congas, hat mit Amirror ein weibliches Feature dabei und lässt mit seinem zweiten Bühnenmann an der Seite einige Male die Hüften kreisen und twerkt. Zum großen Finale kommt er bis an die erste Reihe in den Graben, schnappt sich sehr viele Handys, um sich und die Crowd zu filmen, was eine wirklich nette und sehr fan-nahe Aktion ist – aber sich von der Empore Handys herunterwerfen zu lassen, um sie nach dem Filmen wieder hochzuwerfen, muss dann auch nicht sein und ist ganz nebenbei saugefährlich. Um seine Dankbarkeit abzurunden, werden vor der Zugabe „Freedom“ noch einige gerade erst frisch unterschriebene Shirts in die Menge geworfen. Weitere Bühnenelemente sind eine große Leinwand mit wechselnden Videos und Visuals, Lichteffekte und ein paar Nebelstürme.

Gar keine Frage sind „Smack That“, „I Wanna F**k You“, „Locked Up“ oder auch das irrsinnig witzige „I Just Had Sex“ alles coole Songs, die zu jener Epoche zwingend dazugehören. Die gebündelt zu hören und den Künstler auf der Bühne dabei zu sehen, macht Spaß. Aber musikalisch ist das Akon-Konzert in Köln leider so gar nix und insgesamt auch zu viel Beiwerk für zu wenig Essenz.

Und so hört sich das an:

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