Es ist eine ungewöhnliche Konstruktion. Auf der Bühne des Palladiums ist eine weitere, in ihrer Dimension kleinere Erhöhung aufgebaut. Auf dieser stehen symmetrisch angeordnet ein paar Keyboards, ein Mikrofon samt Trinkflaschenhalter und ein Schlagzeug. Über all dem baumelt eine Vielzahl von Glühbirnen von der Hallendecke, links und rechts von der kleinen Bühne auf der großen Bühne sind weitere Lichter platziert. Drei Menschen und ihrer Kunst dient dieser Aufbau: Joe Newman an Gitarre und Bass, Augustus Unger-Hamilton am Keyboard und Thom Green am Schlagzeug, allesamt in ihren 30ern. Zusammen bilden sie die Indie-Band Alt-J, die seit knapp 15 Jahren aus wenigen Elementen große Hymnen entwerfen.
Nicht immer jedoch wird das aufwendige Bühnenbild den erhabenen Songs des Trios gerecht. Die Glühbirnen etwa leuchten zwischendurch auch in rot oder blau während die Band seitig auch in selbiger Farbe bestrahlt wird. Immer wenn die Kontraste stärker zur Geltung kommen jedoch, thronen die drei Protagonisten ihrem Schaffen würdig erhaben über den knapp 4000 Anwesenden. Während „Chicago“ etwa ist das der Fall, einem technoiden Stück vom aktuellen Album „The Dream“. Das ist nach fünf Jahren Pause Anfang des Jahres erschienen und zeigt die Band streckenweise folkiger und experimenteller als die drei Vorgänger. Gleich sieben Stücke davon spielt die Band (besonders eindrucksvoll: das eröffnende „Bane“ sowie die verschmitzt-ironische Krypto-Hymne „Hard Drive Gold“). Den Bärenanteil des Sets jedoch übernimmt das Debüt der Band, das dieses Jahr seinen ersten zweistelligen Geburtstag feiert. Dessen lange etablierten Klassiker wie „Matilda“, „Fitzpleasure“ oder auch „Breezeblocks“ schmettern textsicher aus hunderten Kehlen.
Grundsätzlich ist ein Alt-J-Konzert aber eher ein Ort des Tanzes denn des Singalongs. Präzise konstruieren Newman, Unger-Hamilton und Green nämlich Beats und Choräle herbei, die für sechs Hände ungewöhnlich vieldimensional anmuten und (fast) immer fehlerfrei über Griffbrett, Tasten und Felle in Musik übertragen werden. Von Song zu Song zu Song hastet die Band, lässt für nur wenige kleinere Danksagungen und Ansagen Platz. Nach 85 Minuten hat die Band so insgesamt 23 Lieder erschaffen und wieder erlischen lassen. Entschleunigt wird der Heimweg dennoch angetreten – dafür trägt die Musik Verantwortung. Die nämlich schießt einen bei Alt-J durchweg in Parallelwelten weit weg von Alltagsstress und -sorgen.
Mehr Alt-J gibt es hier.
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Foto von Jonas Horn.
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