“Some Mutts Can’t Be Muzzled” heißt es im gleichnamigen Song der jungen Punkband Amyl and the Sniffers. Zu deutsch: Manchen Kötern kann man keinen Maulkorb umlegen. Eine starke Bildsprache, die wie die Faust aufs Auge zum Sound der Band passt. Das Straßenköter-Image scheint den Australier*innen zu gefallen, wie auch ihr aktuelles Video zu “Got You” zeigt: Hier führt Frontfrau Amy Taylor ihre Bandkollegen an der Leine und hält sie eben wie eben jene Köter. Mit zahmen Schoßhündchen hat die Band nun wirklich nicht viel gemein. Im brechend vollen Bumann & Sohn wird die Band heute genau diese Attitüde in einem atemberaubenden Tempo präsentieren – und die Massen zur Ekstase bringen. Würde an diesem Abend nicht eine Sache dem ganzen Spaß im Wege stehen…
Zur ersten Einstimmung dürfen die Riot Grrls von der noch sehr frischen Band Jealous (nur ein Song bei Spotify!) die Massen anheizen. Trotz einer sehr starken Performance und eingängigen Songs passiert hier leider nicht mehr als Kopfnicken, doch das Publikum scheint die Band trotzdem durchaus zu mögen. Was hier jedoch schon auffällt: Gleich vier Fotograf*innen schwirren permanent um die Bühne und erhellen mit ihrem Blitzlicht (!) den gesamten, nun mal nicht sonderlich großen, Bühnenraum. Dabei halten die Kameraträger*innen die Linse gerne mal sehr nah an die Band heran – alles fürs gute Foto! Schon hier fühlt sich das an wie ein schlechter Scherz, da die Band selbst durchgehend den grellen Blitzlichtern ausgesetzt ist – Publikumsinteraktion wird da erschwert, auch wenn die Band ihr Bestes gibt. Wenn noch dazu kommt, dass sich Besucher*innen in der ersten Reihe genüsslich mit ihren Smartphones zum Blitzlicht-Reigen gesellen, um sich dann mit Lesebrille bewaffnet durch ihre Mediengalerie zu klicken, fühlt sich das an wie im Zoo. “Schmeiß dich doch mal in ‘ne richtige Rockstar-Pose für ein gutes Bild” – So kommt es zumindest rüber. Die Band liefert dennoch grandios ab, bis beim letzten Song sogar der Drummer der Hauptband aushilft, damit alle Musikerinnen gemeinsam singen können. Toll!
Dann stürmen Amyl and the Sniffers auf die Bühne – und ab dieser Sekunde ist das Bumann & Sohn ein einziger Moshpit. Ohne große Umschweife springt Sängerin Taylor in die Massen, ihre Band untermalt ihre Ekstase mit krachendem Garage-Punk, während sie immer wieder bekräftigende Gangshouts in den Raum hämmern. Der Rausch, der von dieser Performance ausgeht, ist unfassbar. Wenn eine Band den ursprünglichen Punk-Gedanken in all seinen Facetten in sich trägt, dann sind es wohl die Australier*innen: Mit Vokuhila und Klamotten, wie sie heute längst nicht mehr produziert werden, biedern sich die vier nicht an aktuelle Trends an und auch der Auftritt braucht keine großartige Inszenierung. So unverblümt und geradeheraus wie die Band hier abliefert, fühlt man sich glatt in ein Jahrzehnt weit vor sozialen Netzwerken und Mode-Punks versetzt. Dabei sind die knackigen Songs der Band meist 2 Minuten lang. Mit “Got You” ist natürlich auch die aktuelle Single am Start, die einen mitreißenden Vorgeschmack auf das Debütalbum liefert.
Umso verstörender der Umstand, dass sich dank der festen Fotografenwand ein Gefühl von einem durchproduzierten Gig ergibt. Zusammen passt das überhaupt nicht, vor allem da auch die Musiker*innen sichtlich genervt von dem permanenten Blitzlicht-Gewitter sind. Dank des permanenten Nebels, der schlechten Lichtverhältnissen und den permanenten Bewegungen der Band sind gute Fotos heute ohnehin nicht möglich – immerhin. Amyl and The Sniffers haben trotz aller Widrigkeiten bewiesen, was für eine außergewöhnlich grandiose Liveband sie sind und sollten damit in naher Zukunft locker auch größere Clubs zum Schwitzen bringen. Gebändigt werden können die Australier*innen nämlich nicht einmal von nervigen Blitzlichtern.
Und so hört sich das an:
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Beitragsbild von Julia.
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