Clowns, Rotunde Bochum, 23.07.2019

Wenn der Schweiß schon ohne das Zutun der Bands von der Decke tropft, ist das schon mal kein Maßstab mehr, um die schiere Live-Imposanz der Clowns zu belegen. Doch trotz der hohen Innentemperaturen brachten die Australier*innen die Massen zum Tanzen und Ausrasten – ganz dem selbst gegebenen Titel als “australische Version von Feine Sahne Fischfilet” nachkommend.

Zunächst eröffnen aber Snareset aus Münster, die ihre Punkhymnen über außergewöhnlich innovative Schlagzeugstrukturen bauen. Über die rund 40 Minuten Spielzeit mangelt es dann aber doch an Highlights und denkwürdigen Momente, um wirklich im Kopf zu bleiben. Potential für Größeres ist aber schon jetzt zu hören.

Und dann herrscht auch schon Ausnahmestimmung. Frontmann Stevie Williams geht ab dem ersten Song “Bland is the new Black” mit den Fans auf Tuchfühlung, spuckt sich die Ansagen vom Herzen, ohne dabei aber in die aggressive Hardcore-Haltung zu verfallen. Zwar zerpflügen die krachenden Riffs Bühne und Gehörgänge gleichermaßen, doch die Songs stolpern von brutalem Hardcore-Geknüppel immer wieder in schmutzige Garage-Melodien und wieder zurück. Insbesondere die innovativen Neuerungen des aktuellen grandiosen Albums “Nature/Nurture” heben die Band auch live von der Konkurrenz ab. “Freezing In The Sun” vereint beispielsweise kleine Gangshouts mit dem melodischem Klargesang von Bassistin Hanny J, um sich dann in krachende Riffs zu suhlen;  andere ausgefallenere Elemente wie die Sitar-Einlage in “Nurture” müssen live passen. Ganz so abwechslungsreich wie das Album klingt das Liveset also nicht, dafür machen die Australier*innen mit einem wahnsinnig hohen Energielevel ihrem Label Fat Wreck Records alle Ehre. Wie knallhart die Band abliefert, beweist auch Hanny J, die sogar mit ihrem Gips-Arm gekonnt die Bässe wummern lässt. Das Publikum dankt es ihnen mit einem Durchhaltevermögen, auch über das Highlight “Euthanise Me” hinaus.

Wieso aber Feine Sahne Fischfilet, wenn der brachiale Hardcore auf den ersten Blick nahezu nichts mit dem rumpelig-sympathischen Punk der Mecklenburg-Vorpommern gemein hat? Zum einen weil die Fischfilets die Clowns eigentlich für ihre Open-Air-Show in Dresden engagiert hatten, die aus gesundheitlichen Gründen seitens der Gastgeber abgesagt werden musste. Was die beiden Bands jedoch im Kern eint: Die DIY-Ästhetik und das offene Image, das gerade in diesen Genres oft mehr Schein als Sein sind, haben hier wirklich Hand und Fuß. Hinter all dem rüpelhaften Gedonner verstecken sich nämlich gesellschaftskritische Texte, die es wert sind, herausgebrüllt zu werden. Wie bei Feine Sahne eben. Im Frühjahr wollen die Clowns übrigens wieder kommen und so viel ist schonmal klar: Der Schweiß wird von der Decke tropfen.

Und so hört sich das an:

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Beitragsbild von Julia.

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