Auf der Bühne ist Teri Gender Bender eine Frau der Extreme. Ihre sympathisch-extravagante Performance schwankt zwischen komplexen musikalischen Darbietungen, einem plötzlichen simulierten Heulkrampf und dem perfekten Song.
Einer engen Beziehung zu Omar Rodríguez-López, welchen sie mit ihrer Bühnenpräsenz für sich gewinnen konnte, hat sie es zu verdanken, dass ihre Band über die Jahre schon für verschiedenste Projekte desselben als Support engagiert wurde. So waren Le Butcherettes bereits im März 2016 beim Konzert von At The Drive-In im Kölner Palladium mit dabei. Am 23. September stellten sie als Headliner ihr Können unter Beweis. Ort des Geschehens war das Artheater mit seiner angenehm intimen Atmosphäre.
Doch bevor Le Butcherettes die Bühne betraten, eröffneten The Picturebooks den Abend. Mit seinem 45-minütigen Supportset und einigen Fans im Gepäck wärmte das Gütersloher Duo die Anwesenden ordentlich auf. An den Instrumenten auf den Klang einer E-Gitarre und eines beckenlosen Schlagzeugs reduziert, hatte die kräftige Stimme von Fynn Claus Grabke eine starke Präsenz im Livesound der Freunde. Doch auch instrumental wurde hier nicht gerade wenig geboten. Ein ebenso minimalistisch wie imposant konzipiertes Live-Intro, in dem einzelne, wuchtige Schlagzeugeinsätze laute Gitarrenakkorde akzentuierten, stimmte schon zuversichtlich. Nach etwa zehn Minuten und den ersten beiden Liedern kamen die zwei dann so richtig in den Fluss und lieferten ein nahezu hypnotisierendes Zusammenspiel der Instrumente.
The Picturebooks mit Alejandra und Teri.
Auch Teri, die sich gleich neben mir einen Eindruck vom Geschehen verschaffte, konnte sich gut auf den Sound der Band einlassen. Insbesondere die Rhythmik war mitunter fesselnd.
Was Philipp Mirtschink an den Drums leistete, verdiente schon allein aufgrund des sichtbaren Kraftaufwandes seine Anerkennung.
Der neue Song „Bad Habits“ gab einen vielversprechenden Vorgeschmack auf das nächste Studioalbum, dessen Veröffentlichung für das kommende Frühjahr anvisiert ist.
Mit den Krachern „The Rabbit and the Wolf“ und „Your Kisses Burn Like Fire“ erspielte man sich den wohl größten Beifall des Publikums. The Picturebooks sind definitiv sehenswert.
Nach einer kleinen Pause betraten urplötzlich Le Butcherettes die Bühne und legten mit dem Opener „Burn The Scab“ einen umjubelten Einstieg hin. In der Geschichte der 2007 gegründeten Band hat es schon einige Mitgliederwechsel gegeben. Auch Omar Rodríguez-López hat hier bereits als Bassist mitgespielt. Aktuell ist sein Bruder Riko dafür zuständig. Sehr solide füllte dieser den kleinen Veranstaltungsort mit ordentlicher Lautstärke aus. Am Schlagzeug saß wiederum ein neues Gesicht: Alejandra Luna überzeugte mit einer recht songdienlichen Spielweise, die weder steif noch jemals hektisch wirkte, sondern eine tolle Balance zwischen Lässigkeit und Ambition schaffte.
Als feste Konstante der Band zog Teri Gender Bender klar die Aufmerksamkeit des Publikums auf sich, ließ aber ihren Musikern ausreichend Raum, sich zu entfalten.
Ein erster Höhepunkt des Abends war mit „I’m Getting Sick Of You“ und seinem absoluten Ohrwurmpotenzial erreicht. Das irrwitzige „The Leibniz Language“ zeigte sich in seiner Verbindung von intellektuellem Anspruch und einem unheimlichen Spaßfaktor als ein zentrales Stück im Programm. Hier konnte Teri auch am Keyboard mit ihrem einfachen, sehr stimmungsvollen Spiel brillieren.
Bei der Nummer „Dress Off“ war das Schlagzeug besonders vordergründig, während Teri ihre Überbekleidung gekonnt ablegte und den restlichen Auftritt fortan im knallroten Kleid bestritt, passend zu ihrer blutigen Gesichtsbemalung. Spanische Monologe und häufig wechselnde Verkörperungen verschiedener Gefühlslagen im Spiel mit Stimme und Bewegungen gehörten ebenfalls zur Bandbreite des rebellischen Repertoires. Beachtlich war die Authentizität der Inszenierungen, die sich nahtlos zu einem Gesamtkunstwerk zusammenfügten. Neben den älteren gespielten Songs überzeugte auch das neue Material problemlos. Mit „They Fuck You Over“ findet man auf dem aktuellen Album „A Raw Youth” schließlich eine auf den Punkt gebrachte, lebhafte Nummer, die einfach Spaß macht.
Als einer der einprägsamsten und besten Songs der Band war „Henry Don’t Got Love“ vom Debütalbum „Sin Sin Sin“ zu Recht der letzte im Programm und beendete das Konzert nach intensiven 75 Minuten. Eine liebliche Gitarrenmelodie, ein krachendes Riff und exzellenter Gesang fanden hier zusammen.
Der wirklich einzigartige Mix aus punkigen, progressiven und bizarren Elementen an diesem kurzweiligen, schönen Abend bleibt noch lange in Erinnerung und lässt auf ein baldiges Wiedersehen mit der Band hoffen.
Termine von Le Butcherettes (2018):
Als Vorband von At the Drive-In:
25.02.2018 Wiesbaden, Schlachthof
26.02.2018 Berlin, Columbiahalle
02.03.2018 Hamburg, Sporthalle
03.03.2018 Köln, Palladium
Als Headliner:
06.03.2018 Münster, Gleis 22
17.03.2018 Nürnberg, Club Stereo
18.03.2018 Dresden, beatpol
19.03.2018 Hannover, Lux
22.03.2018 Stuttgart, Keller Klub
So hört sich das an:
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Fotos von: Karsten Jahnke Konzertdirektion GmbH, The Picturebooks.
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