Unterhalten sich zwei Galaxien. Sagt die eine – keine Sorge, nicht verklickt. Das ist kein schlechter Witz aus den 90ern, sondern das Intro der aktuellen “I Love You So F***cking Much”-Tour der Glass Animals. Ins All geht es schon beim Artwork der aktuellen, vierten Platte der britischen Band. In der okay gut gefüllten Mitsubishi Electric Halle wird der Hyperschallsprung gleich für die Tausenden Fans gleichzeitig gezündet, das Ziel ist teils wild, teils absurd, größtenteils ziemlich gut. Ein Abend, der viel (!) mehr kann als “Heat Waves”.
Clash der Sterne
Eigentlich hätte es auf der Hand gelegen, als Support für diese Tour der Glass Animals einen ähnlich Groove-lastigen Synth-Pop-Act aus dem UK zu buchen. Genug davon gibt es im 80s Revival definitiv. Stattdessen übernimmt aber das Indie-Folk-Quartett The Big Moon die Bühne, die in einem ganz anderen Sternensystem wirken. Da, wo auf der anderen Seite Beats pulsieren und melodisch häufig in der Monotonie gecroont wird, gibt es hier vierstimmige Harmonien in bester HAIM-Manier und weite Folk-Flächen oder auch mal knackige Riffs. Eigentlich ein Gegensatz, aber im Spotify-Zeitalter klappt so ein Genre-Clash natürlich trotzdem (der wirklich tollen Performance der Band sei Dank!). Egal ob Minions Referenz (“Tonight, We Steal the Big Moon!”) oder Fatboy Slim-Cover (“Praise You”) – das Publikum liebt es. Und wir auch. Band steht auf jeden Fall auf der Liste für 2025!
Gegen 21:10 ist dann Stimmungswechsel angesagt, wie das Gespräch der beiden Galaxien auf den großen Screens sehr humorvoll und sogar auf Düsseldorf personalisiert ankündigt. Los geht es also und das direkt mit einem der großen Hits des 2016er Albums “How To Be A Human Being”: “Life Itself” hat heute das Schicksal des Pluto: Ursprünglich einer der neun Planeten, heute aber nix. Frontmann Dave Bayley hält die Kopfstimme des Refrains nicht, die Beats zerfasern im Äther. Der Einstieg ist damit musikalisch nicht unbedingt geglückt – aber der Abend geht ja noch länger.
Ananas, Kitsch, Glass Animals & Pokémon
Glücklicherweise – denn spätestens ab Song 3 ist die Stimmung vollkommen. Den Spot erhält “Wonderful Nothing” von der aktuellen Glass-Animals-Platte, der erstmalig die großartige Produktion der Tour vorführt. Die große Leinwand im Hintergrund, die vielen Bildschirme um die Band herum und auch das kleine Raumschiff im Zentrum der Stage zeigen einen pulsierenden Strich, der erst an Planktons Roboter-Ehefrau erinnert und später Beats nachahmt. Die Visuals sind dabei on Point auf den Drop, die Beats heben mit Hilfe dieser grafischen Umsetzung ab. Großes Kino! Im weiteren Verlauf des Abends schauen mal Pokémon, mal Röntgen-Aufnahmen von küssenden Menschen, mal kleine Wale auf den verschiedenen Bühnenelementen vorbei – immer im SciFi-Space-Setting. Atmosphärisch top.
Auch Bayley ist jetzt sicherer, übernimmt das Entertainment der Crowd alleine – die anderen drei Bandmitglieder bleiben über weite Teile des Sets zurückgezogen. Bayley tanzt dafür umso ausgiebiger, mal ziemlich lässig, mal auch etwas albern, immer aber super sympathisch. Von der Euphorie im Beat getriebenen Hit “Youth” über den ruhigen Feuerzeug-Moment “Lost in the Ocean” bis zum hymnischen Kitsch in “Creatures in Heaven” ist diese Setlist eine Wohltat für das Synth-Pop-Herz.
Und das bekommt dann beim großen Finale die ganze intergalaktische Breitseite: Erst mit “Pork Soda”, für das die Band endlich die zu Beginn des Auftritts auf die Bühne gehobene Ananas in die Luft reckt, dann mit dem spacigen “Tokyo Drifting”, dann -natürlich – mit “Heat Waves”. Das wird zwar nicht ganz so frenetisch mitgesungen, wie die Klickzahlen bei Streaming-Diensten hätten vermuten lassen – aber Glass Animals scheinen eine Fanbase erreicht zu haben, die mehr hört als ein One Hit Wonder. Die beiden Galaxien verabschieden sich gemeinsam mit der sichtlich dankbaren Band vom Publikum. Und das nach einem größtenteils angenehm musikalischen und wunderbar produzierten Konzert.
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Beitragsbild von Julia.
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