Wer nur für den einen Song da war, kann eigentlich nach fünf Minuten schon wieder gehen – mit diesem sarkastischen und leicht selbstironischen Opener eröffnet Pe Werner in Mönchengladbach ihr Konzert, nachdem als erster Titel „Kribbeln im Bauch“ zu hören ist. Der Song, der noch vielen in den Ohren blieb, ist also nicht nur das erste Lied auf der Best of-CD „Von A nach Pe“ sondern eben auch das erste auf der Setlist zur gleichnamigen Tour.
Dabei ist der größte Hit der 58-jährigen Heidelbergerin und Wahl-Kölnerin auch schon 28 Jahre her. Im Sommer ’91 stand der Titel in den deutschen Top 20 und überlebte nun fast drei Dekaden. Da Pe Malou Werner, wie die Sängerin auch ursprünglich heißt, aber bereits 1989 mit „Weibsbilder“ ihre erste Single veröffentlichte, wird dieses Jahr das 30-jährige Jubiläum gefeiert. Dafür stehen unzählige Konzerte auf dem Tourplan. Der 27.01. ist das Datum für die Location „Das rote Krokodil“. Versteckt am Ende eines großen Parkplatzes macht die Speicherhalle eine vortreffliche Figur. Neben leckerem Essen, ansprechenden Getränken und hübscher Deko, kreiert besonders das stimmungsvolle Bühnenlicht die passende Atmosphäre für einen intimen Abend, der im Rahmen des Programms „Wintermusik im Kunstwerk“ wie gerufen kommt. Nach einer kurzen und pünktlichen Begrüßung durch den Veranstalter Günter vom Dorp, betreten Pianist Peter Grabinger und Pe Werner die Bühne. Außer einem Flügel und zwei Mikrofonen wird wenig benötigt, um das Programm zu spielen. Ab und an gibt es Unterstützung von einer Mundharmonika und einem reduzierten Backgroundgesang. Trotzdem gibt es gehäuft magische Momente ohne überflüssigen Schnickschnack.
Pe zeigt sich gut gelaunt, redegewandt, lustig und moderiert stets sympathisch durch den Abend. Zu vielen Songs wird eine Anekdote aus dem Leben erzählt, viel Wortwitz geboten und gerne auch auf Publikumsreaktionen eingegangen. So finden auch einige humorvolle Titel wie „Prima Essen Gehen“ und „Vollmondgesicht“ den Weg zu den Zuschauern, abgerundet durch stilvolle Bewegungen und dosiertem zwei- und sogar dreistimmigen Gesang. Das Konzert ist ein guter Beweis dafür, dass man auch mit kleineren Achtungserfolgen durchaus viel Talent vorweisen darf. Irgendwo zwischen Annett Louisan und Roger Cicero entpuppen sich viele Songs als poetische Alltagsgeschichten. Liebesbekundungen wie in „Segler aus Papier“, Danksagungen an die beste Freundin in „Sonnenmacherin“ oder untypische Metaphorik in „Freibeuter-Sehnsucht“ sorgen für Gänsehaut und absolute Stille im Raum. Handys bleiben größtenteils in den Taschen. Das Durchschnittsalter im Publikum liegt geschätzt bei Mitte 40 und unterstreicht natürlich, dass die kommerziellen Höhepunkte bereits etwas in der Vergangenheit liegen, qualitativ aber hier erstklassig gearbeitet wird. Musik auf dem Niveau ist bei den weiblichen Musikerinnen in Deutschland wohl nur noch bei Julia Neigel anzutreffen.
Erst 40, dann 60 Minuten lang zeigt die Künstlerin in zwei Akten, dass sie eigentlich in ihrer Karriere alles richtig gemacht hat. Angefangen mit souligem Deutsch-Pop, angekommen im Chanson-Jazz-Pop. Die Waage wird gehalten zwischen Kabarett, technisch ambitionierten Gesangseinlagen, die auch mal klassisch anmuten und in unerwartete Höhen vordringen und ergänzt sich mit traurigen Beobachtungen aus dem Leben. Schafft bereits „Ihre Lichter“ zu einem Highlight zu werden, ist spätestens bei einem Trio an Songs so viel Tristesse erreicht, dass im Publikum mehrmaliges Schluchzen und feuchte Augen wahrzunehmen sind: „Vater Morgana“, „Trostpflastersteine“ und „Schnee von gestern“ sind in Kombination schlichtweg sensationell.
Zum Ende wird aber für fröhlichere Stimmung gesorgt. Pe improvisiert einige Klassiker der Musikgeschichte auf dem gleichen Klaviermotiv und landet bei „Hejo, spann den Wagen an“, das sie ans Publikum übergibt. Ein Kanon entsteht und die beiden Musiker auf der Bühne verlassen das Bild. Ein geschickter Schachzug, sodass das Publikum singt, währenddessen das Konzert endet. Glücklicherweise gibt es aber noch eine Zugabe und sogar eine Autogrammstunde.
Ein mutiges Konzert, das direkt am Anfang den großen Charterfolg stellt, dadurch das Publikum nicht den gesamten Gig über den Gedanken verfolgt „Kommt es jetzt?“ und stattdessen sich auf die Musik einlassen kann. Und das lohnt sich. Man sagt ja gern, dass bei einem Konzert, das nur aus Gesang und Klavier besteht, sich die Spreu vom Weizen trennt. Pe Werner lässt viele hinter sich und präsentiert ein Programm, das nicht nur dank eines sehr guten Pianisten nachhallt und auch noch Tage später beschäftigt. Für anspruchsvolle Hörer eine wirkliche Empfehlung.
Bild von Christopher.
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