Musik spricht eine eigene Sprache. Die kulturüberschreitende Verständigungsform, die Musik darstellt, kann derart stark und unmissverständlich ausfallen, dass neben der Kunst kaum Worte fallen müssen. Seit ihrer Gründung im Jahr 2001 veröffentlichten The Ocean unter stets wechselnder Besetzung – deshalb war man und ist man auch immer noch ab und an unter dem Namen „The Ocean Collective“ aktiv – sieben Studioalben, die stets ein tiefergehendes Konzept aufwiesen und damit der schwerfälligen und vertrackten Musik des Projektes um Gitarrist und Songwriter Robin Staps den perfekten Nährboden boten. Im November 2018 erschien mit „Phanerozoic I: Palaeozoic“ der aktuellste Langspieler des Momentan-Sextetts – eine Vertonung des Phanerozoikum, dem vor 541 Millionen Jahren begonnenen und bis heute reichenden Zeitalter. Diese Platte veranlasste die Band nun bereits zum zweiten Mal auf Tour zu gehen und im Rahmen dieser auch im relativ frischen Kölner Club Volta zwischen Kirchenfenstern und Industriecharme Halt zu machen. Dort stellten The Ocean und Mitstreiter die Musik über Show und ausufernde Ansagen und kamen fast gänzlich ohne überflüssige Worte aus.
Was für den Hauptact galt, war auch beim den beiden Einheizern Programm. Gaben sich Harod aus der Schweiz und Großbritannien mit ihrer krassen Sludge-Keule zunächst noch verhältnismäßig redselig, verloren Briqueville später kein einziges Wort. Ob unter den Roben und vergoldeten Masken überhaupt Menschen oder doch programmierte Maschinen hausten, blieb auch nach Ende des fast 60-minütigen Auftrittes offen. Der repetitive Post-Metal des Sextetts kam ebenfalls größtenteils ohne Vocals aus, die wenigen Gesangs- und Schreipassagen übernahm der am Bühnenrand positionierte Percussionist, der sich ansonsten geschickt hinter Boxen und Equipment versteckt hielt. Gerade hier erhaschte man bereits erste Headbanger, was wohl auch den häufig doch recht geradlinigen Songstrukturen der Band zu schulden war.
Anders sah das dann bei The Ocean aus, deren von Akzentverschiebungen und Taktwechseln durchzogene Songs häufig doch recht schwer zu folgen sind. Vielen schien das Material der Band jedoch so geläufig zu sein, dass auch hier ausgelassen getanzt werden konnte. Vor dem Hintergrund beeindruckte, wie sauber die fünf Instrumentalisten die nicht selten minutenlangen Stücke darboten. Die meiste Energie trug jedoch Sänger Loïc Rossetti auf die Bühne, der seit knapp zehn Jahren Teil des Projektes ist und damit bereits verhältnismäßig lange mitwirkt. Der Schweizer suchte immer wieder Blickkontakt mit dem Publikum, huschte ansonsten flink zwischen seinen Kollegen von links nach rechts und suchte gleich zwei Mal das Bad in der Menge. Zwischenzeitlich könnte man sogar meinen man befände sich – man ignoriere die musikalische Untermalung – eher auf einer Hardcore-Show als auf einem Metal-Gig. Nach wenigen Songs entwickelte sich im vorderen Hallendrittel sogar ein gesitteter, bei solchen Konzerten eher untypischer Moshpit.
Auch der Rest des Publikums gab sich der Musik hin und tanzte gebannt und in sich versunken – die Musik von The Ocean lädt dazu aber auch ein. Die perfekt durchgetaktete Lichtshow unterstütze diese eindringliche Atmosphäre ebenfalls. Dass hinzu noch der Großteil des Publikums auf unnötiges Gequatsche verzichtete, tat sein Übriges, um die wahrlich magische Grundstimmung aufrecht zu erhalten. Rosettis Kollegen fokussierten sich während ihres 80-minütigen Sets ebenfalls in Gänze auf die Musik und bekamen mit „Statherian“ aus dem 2007er-Album „Precambrian“, für das der Sänger die Bühne verließ, auch kurz die volle Aufmerksamkeit. Vor dem letzten Song des Abends erhob Songwriter Staps dann doch kurz sein Stimme, um sich wortkarg bei den Kölner Fans zu bedanken. Dann begann die Band mit den ersten brachialen Akkorden auch schon wieder den letzten Song „Benthic: The Origin of Our Wishes“ und übergab das Ruder an die Musik. Hach, was eine schöne Ausdrucksform!
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Foto von Jonas Horn.
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