Zugegeben, ich hätte jetzt gern geschrieben, dass durch den Erfolg des Films „Rickerl“ die Schlange am Einlass der Kantine sehr lang war. Gerade deswegen, weil ich erst dadurch so richtig Voodoo Jürgens für mich entdeckt habe. Aber die Wahrheit ist nicht nur, dass „Rickerl“ hierzulande vor allem ein Feuilleton-Liebling war, sondern auch, dass – umso erfreulicher natürlich für den Künstler – Voodoo Jürgens auch schon vor dem Film in Augsburg für ausverkauftes Haus gesorgt hat. So oder so: Erfreulich war die lange Schlange an der Kantine ebenso wie das gut gefüllte Innenleben allemal. Und wer sich diese Schlange draußen angesehen hat, dürfte es schwer gehabt haben, darauf zu kommen, wer hier heute spielt, denn die Hörerschaft des Wieners ist erfreulich breit gefächert.
Als Opener betrat mit Andrëas zunächst ein lokaler Support-Act die Bühne, der in Minimalbesetzung mit Gitarre und Stimme in Singer-Songwriter-Manier seine vom Leben geprägten Stücke zum Besten gab. Dabei schaffte er es, dass sich das Publikum schnell mit ihm anfreundete, den Geschichten hinter den Stücken lauschte und bei Stücken wie „20 Jahre“ oder auch „Verloren in Berlin“ mitging. Gerade letzteres ist so ein Punkt, denn eigentlich, so Andrëas, ist er mit Band unterwegs, und all das klingt dann etwas rockiger. Wenn man sich „20 Jahre“ bei Spotify anhört, weiß man, was er meint. Man kommt nicht umhin festzustellen, dass er auch in dieser äußerst kleinen Besetzung eine große Bereicherung des musikalischen Abends darstellte, und es sich gelohnt hat, zeitig vor Ort zu sein.
Eine Pause später dann der Moment, auf den gewartet wurde: Voodoo Jürgens und seine Band, die Ansa Panier, betraten die Bühne und eröffneten den Abend mit „Wien bei Nacht“. Was beim Publikum schwierig einzuordnen ist, gilt auch für die Musik. Irgendwie Austropop, Indie, aber es swingt und soult auch, alles in gut gewählter Besetzung, unter anderem mit Kontrabass und Violine. Und das sehr vielseitig, in einer Spannbreite von balladesken Stücken wie „Federkleid“ bis hin zum munter swingenden „Es geht ma ned ei“. Bei beidem zeigt sich die Band in Spiellaune, und auch das Publikum ist begeistert.
Was letzteres Stück auch zeigt: Voodoo Jürgens ohne Dialekt geht natürlich nicht. Wiener Dialekt mit Schmäh und Charme gehört einfach dazu. Dass es eine sprachliche Lücke gibt, obwohl Bayern und Österreich aus der Distanz betrachtet gern mal nah beieinander liegen, erklärt der Künstler humorvoll, indem er Begriffe wie „Trafik“ erläutert, während er seine Geschichten erzählt. Hier wird nicht nur Musik gemacht, hier wird auch – über die verbindende „Sprache“ der Musik hinaus – kommuniziert. Es geht um die Hintergründe der Stücke, oft mit einem Augenzwinkern, und man hängt ihm an den Lippen, während er vom Leben erzählt. Einem Leben, das vielleicht nicht immer den direktesten Weg genommen hat, aber dafür viel zu berichten hat.
Viel zu berichten für Abende wie diesen. Ein Abend, an dem es auch niemanden störte, dass es Mittwoch war und der eine oder andere vielleicht für den nächsten Morgen einen Wecker im Hinterkopf hatte. Stattdessen freute man sich, gemeinsam die Musik zu feiern, und spürte, dass Voodoo Jürgens erwartet wurde. Gerade bei den bekannteren Nummern wie dem Quasi-Hit „Heite grob ma Tote aus“ war die Stimmung hervorragend. Bis dann nach etwa 95 Minuten Schluss war. Schluss mit einem Set, das so in sich geschlossen war, dass es keine Zugabe brauchte, um die Zuschauer zufrieden in den späten Abend auf den Heimweg zu entlassen. Ein wirklich gelungener Abend!
Und so hört sich das an:
Die Rechte an den Bildern liegen bei Marius Meyer.
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