Wargasm, Die Trompete Bochum, 17.09.2022

Was Live-Auftritte dem Hörgenuss zuhause voraus haben, haben wir alle in den letzten Jahren der Pandemie zu spüren bekommen. Musik wird durch das Teilen mit anderen Hörer*innen und den Musiker*innen im besten Fall gefährlicher, mitreißender, emotionaler. Im schlechtesten Fall irritiert der Auftritt aber und könnte sogar etwas von der großen Liebe für gewisse Songs zerstören. Letzteres war beim zweiten Wargasm-Konzert in Deutschland EVER glücklicherweise nicht der Fall. Mit den Hürden von unvorhersehbaren Live-Momenten musste sich das britische Duo trotzdem auseinandersetzen. Und wie geht das am Ende auf?

Von Hürden…

Clubshows mitten im heißen Sommer sind so eine Sache. In der Trompete ist die Stimmung am Abend aber ziemlich gut, die Temperaturen erträglich – und es sind auch überraschend viele Leute angereist. Das angenehm bunt gemixte Publikum bekommt zunächst die Vorband Balance Breach aus Finnland vorgesetzt, die sogar ihre allererste Show in Deutschland spielen. Das klingt noch etwas ausbaufähig, vor allem im Gesang, ist ansonsten aber generischer Metalcore. Immerhin: Die Band wirkt sympathisch und das Publikum feiert glücklich mit.

Kurz nach 21 Uhr kommen dann auch schon Sam Matlock und Milkie Way mit ihren drei Tourmusikern auf die kleine Bühne und deuten unweigerlich einen etwas waghalsigeren Sound an. Aus den Boxen dröhnt zur Einstimmung nämlich ein Remix aus Fergies “London Bridge” und Disturbeds “Down With The Sickness” – vergesst die Grenzen des Pseudo-guten Geschmacks. Das macht ohne Coolness-Brille echt ziemlich viel Spaß.

Dann darf der abgedrehte Soundmix der Brit*innen die Trompete erfüllen. Melodische Hymnen von Way werden immer wieder vom gellenden Kreischen Matlocks zersetzt, dazu schwirren mal fette Riffs, mal pulsierende Beats durch den Keller-Club. Crossover ist eben back! Songs wie das geradlinige “D.R.I.L.D.O.” machen schon heiß auf das Debütalbum im September und bringen die Menge verlässlich zum Mitgrölen und Hüpfen. Und dann: technische Probleme, die Band muss unterbrechen. 20 Minuten lang. Das ist natürlich gerade für eine vorhersehbar kurze Show (die Band hat schließlich wie erwähnt noch keinen Langspieler veröffentlicht) absolut ärgerlich, Wargasm ist sichtlich peinlich berührt und überfordert. Das Publikum bleibt aber locker und tanzt eben so lange zu der Setlist der DJs weiter.

…und Esktase

Als es dann wieder weitergeht, ist die Stimmung schnell wieder am Siedepunkt. Dank der Panne bekommen die Fans sogar ungeplant das großartige “Post Modern Rhapsody” spendiert, das das Spiel mit Polyrhythmik und Punk-Gebären besonders smooth und hittig runterspielt. Dann gibt es sogar noch ein überraschend gelungenes Cover von Nirvanas “Territorial Pissings” on top, bei der die Band sogar ganz ohne musikalische Grenzgänge überzeugt. Way und Matlock werfen sich bei den Ansagen genauso passend die Bälle zu wie gesanglich und springen selbst vollkommen im Rausch über die Bühne. Matlock hält es irgendwann auch nicht mehr dort, er stürzt sich ins Publikum und lässt sich samt Gitarre wieder zurücktragen, das Publikum findet das vor allem: mitreißend. Als kurz nach 22 Uhr dann mit dem absoluten Banger “Spit.” das gellende Finale einläutet, steht in der Trompete niemand mehr still und der ungewöhnliche Klimax des bitterbösen Songs kommt live noch besser rüber.

Wie das mit einem besseren Sound und einer längeren Setlist klingen könnte? Zumindest in Bochum hat das Duo trotz der unpässlichen Problematiken bewiesen, dass sie das Zeug hätten, zu echten Szenelieblingen zu werden.

Und so hört sich das an:

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Beitragsbild von Julia.

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