Adam Angst – Neintology [Doppel-Review]

Am 28. September erscheint der langersehnte Nachfolger für das gefeierte Debütalbum der Punk-Band Adam Angst. Dafür beäugen wir das Werk aus zwei verschiedenen Perspektiven. Zuerst könnt ihr hier Maries Meinung lesen, danach folgt ein zweiter Blick von Julia:

Das mit den Erwartungen ist ja immer so eine Sache, denn eigentlich kann man ja nur enttäuscht werden. Und so erging es mir (zumindest beim ersten Hören) auch mit dem zweiten Album von Adam Angst. Meine Erwartungen an die neuen Songs waren groß, denn ihr selbstbetiteltes Debüt lief bei mir 2015 quasi durchgehend und hat sich zu einem meiner absoluten deutschsprachigen Lieblingsalben entwickelt. Nun haben sich Adam Angst drei Jahre Zeit gelassen, um den Nachfolger „Neintology“ zu veröffentlichen und leider schaffen sie es hierbei nicht ganz die gleiche Spitzfindigkeit und auf den Punk(t) gebrachte Sozialkritik rüberzubringen.

Der erste Unterschied ist schon beim Anschauen des Albumcovers zu erkennen: Dieses mal steht Felix Schönfuss nicht alleine, sondern zusammen mit dem Rest der Band (David Frings, Roman Hartmann, Christian Kruse und Johannes Koster) auf dem Cover. Das als Solo-Projekt von Felix gestartete Projekt Adam Angst ist nun eine vollständige Band. „Neintology“ startet mit einem instrumentalem Intro, welches zu dem Song „Punk“ überleitet. Und da nimmt das Schicksal seinen Lauf… „Punk“ versucht einem den Humor direkt ins Gesicht zu pressen. Und das funktioniert nicht. Es ist zu vorhersehbar und alles auch schon tausendmal gehört. Darauf folgt die Vorab-Single „Alexa“ mit dem gleichen Problem. Es möchte zu sehr witzig sein und erinnert dabei stark an „Dusche“ von Farin Urlaub. Insgesamt liegt für mich der Fokus zu stark auf den Texten, wodurch das Musikalische in den Hintergrund gerät und so ganz scheinen sich Adam Angst bei den Aufnahmen auch nicht einig gewesen zu sein, was sie denn eigentlich wollten. Aber ab der zweiten Hälfte bekommt mich das Album dann zum Glück doch noch! Es wird abwechslungsreicher, rotziger und einfach mehr Adam Angst. „Kriegsgebiet“ und „Alphatier“ sind sowohl musikalisch als auch textlich starke Songs und „D.I.N.N.“ kommt quasi als ein „Professoren“ 2.0 daher. Wo sie in den vorherigen Songs noch verloren wirkten, zeigen sie jetzt, dass sie auch anders können.

Insgesamt ist „Neintology“ kein schlechtes Album, aber das Debütalbum war doch noch ausgeklügelter und hatte etwas mehr Finesse. Gegen Ende steigert sich die Platte und es ist zwar nicht das, was ich erwartet hätte, aber je öfter ich es höre, desto mehr Gefallen kann ich an der Platte finden.

Und so sieht das Julia:

Plötzlich waren sie da: Adam Angst. Selten konnte eine deutschsprachige Band im Punk-Bereich direkt mit dem ersten Werk so begeistern und rasend schnell eine Fanbase aufbauen. Verdient, denn das Werk strotzte nur so vor Übersongs und zahlreichen interessanten Text-Ideen. Nun wird es Zeit für das zweite Album, das ja bekanntlich sowieso schwieriger ist.

Auf gewohnt sarkastische Weise betitelt die Band das Intro mit “Der Beginn von etwas ganz Großem”, nur um dann mit dem folgenden Stück “Punk” einen ziemlich knackigen, direkten Song rauszuhauen. Hier wird die Perspektive der “Trve Punks” eingenommen, die ganz genau wissen, was im Punk geht und was eben nicht. Selbstironisch wie Adam Angst nun mal sind, verpacken sie den Song in ein astreines Punk-Gewand, an dem selbst der größte Genre-Nazi nichts auszusetzen haben sollte. Zum nächsten Song ist es ein beachtlicher Sprung, sowohl musikalisch, als auch textlich. “Alexa” beschäftigt sich mit Kritik am technischen Fortschritt, baut dabei teils härtere Riffs und sogar einen Hauch Screamo, aber auch elektronische Passagen und ein kurzes Klavierstück ein. Ähnlich läuft die Reise auch weiter, ob Abschottung (“Blase aus Beton”), Konsumrausch (“Kriegsgebiet”) oder Nazis (“D.I.N.N.”) – hier bekommt ziemlich jeder und alles sein Fett weg. Musikalisch wagen Adam Angst kleine Experimente, in “Alle sprechen deutsch” werden so Ska-Beats eingebaut, die orientalisch anmuten und zum Thema Urlaubsland Türkei passen. Mit “Damit ich schlafen kann” hat sich gar eine kleine Ballade zum Thema Depression und Burn-Out eingeschlichen, die ohne großen Pathos tatsächlich einen überzeugenden Zugang zum Thema gefunden hat. “Kriegsgebiet” ist überraschend schnell, “D.I.N.N.” glänzt wiederum im Rock ‘n’ Roll-Gewand. Besonderes Lob verdient die Band wohl für “Alphatier”, da sie hier die eingestaubten Genderrollen, aber auch Gender als Konzept überhaupt kritisiert. Für eine Punk-Band mit rein cis-männlicher Besetzung ist das auch 2018 noch eine starke Geste und funktioniert zudem als starker Stoner-Track.

Auf den ersten Blick kann “Neintology” nicht ganz mit dem unfassbar gelungen Debüt mithalten. Doch gerade hier lohnen sich mehrere Blicke, denn wo das erste Werk noch den schnellen Weg geht und durch geradliniges Songwriting überzeugt, nimmt “Neintology” auch mal Umwege und gerade die Sound-Experimente können begeistern. Spätestens nach der anstehenden Tour werden sich dann wohl auch die Hits herauskristallisieren.

Das Album “Neintology” kannst du dir hier kaufen.*

Und so hört sich das an:

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Adam Angst live 2018:

  • 15.11.2018 Schlachthof Wiesbaden
  • 16.11.2018 Arena Wien
  • 17.11.2018 Backstage Halle München
  • 20.11.2018 Die Kantine Köln
  • 21.11.2018 Musikzentrum Hannover
  • 22.11.2018 Sputnikhalle Münster
  • 23.11.2018 Kulturzentrum Schlachthof Bremen
  • 24.11.2018 Übel & Gefährlich Hamburg

Adam Angst live 2019:

  • 22.02.2019 beatpol Dresden
  • 23.02.2019 Conne Island Leipzig
  • 24.02.2019 Das Bett Frankfurt am Main
  • 01.03.2019 Im Wizemann Stuttgart
  • 02.03.2019 Kleine Freiheit Osnabrück
  • 03.03.2019 FZW Dortmund

Rechte am Albumcover liegen bei Grand Hotel van Cleef.

 

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