Es gehört schon eine ordentliche Portion Selbstbewusstsein dazu, die eigene Konzerttournee – nicht zum ersten Mal – unter dem Titel „The Guitar Event Of The Year“ zu bewerben. Sein tatsächlich vorhandenes Ausnahmetalent wird dem überaus aktiven und kreativen Gitarrenhelden Joe Bonamassa aber auch kaum jemand absprechen wollen. Schon die Legende B. B. King erkannte schließlich die Fähigkeiten des jungen Bonamassa, als der gerade mal zwölf Jahre alt war, und ließ ihn sogar bei sich im Vorprogramm auftreten. Doch längst ist der mittlerweile 41-Jährige selbst zu einem respektierten Live-Performer von Weltrang avanciert. Aktuell scheint er außerdem in besonderer Konzertlaune zu sein, denn Bonamassa tourt unentwegt. Auch in Deutschland macht er dabei immer wieder Halt. Neben der Möglichkeit, Joe Bonamassa noch diesen Herbst in einigen Städten hierzulande live zu erleben, sind für Mai 2019 bereits weitere Shows angekündigt worden.
Noch im Frühjahr war der aus dem amerikanischen New Hartford (New York) stammende Bluesrock-Künstler mit seiner sorgfältig zusammengestellten Band bei uns zu Gast, spielte unter anderem in Frankfurt, Berlin und Köln. In der Domstadt am Rhein konnten auch wir uns dieses „Event des Jahres“ natürlich nicht entgehen lassen. Ort des Geschehens war die in der Theatervariante gemütlich verkleinerte Lanxess Arena. Die Bühne wurde in den Innenraum vorgezogen, so dass die eigentlich riesige Halle eine wesentlich intimere Atmosphäre hervorbrachte, als es bei einer der üblichen Massenveranstaltungen und normalem Bühnenaufbau der Fall gewesen wäre. Nach wie vor bot der veränderte Aufbau Platz für einige tausend Zuschauer, bei vollbestuhltem Innenraum und nicht ganz ausverkauftem Haus.
Überpünktlich und ohne Vorgruppe begann der mit Spannung erwartete Abend, als sich die Halle verdunkelte, während Bonamassa und seine Begleiter die Bühne betraten. Beinahe auf die Sekunde genau zur angekündigten Uhrzeit des Konzertbeginns tauchte Bonamassa dann im Scheinwerferlicht auf und spielte den ersten Ton, eher gesagt das erste Riff. Mit „King Bee Shakedown“, einem Vorboten seines am 21.09.2018 erscheinenden dreizehnten (!) Studioalbums „Redemption“, startete der Auftritt nämlich recht fetzig, vielleicht ein wenig hektisch, aber auch wachrüttelnd. Die erste Nummer brauchte es auch noch, bis alle, die von der Pünktlichkeit des Showbeginns überrascht wurden, ihre Plätze eingenommen hatten. Weitere zum Konzertzeitpunkt noch unveröffentlichte und damit einem Großteil des Publikums kaum vertraute Songs wie „Evil Mama“ zeigten im Anschluss, mit welcher Selbstsicherheit Bonamassa doch auf der Bühne steht. Das äußere Erscheinungsbild des Musikers tat dazu sein Übriges. Stets elegant und stilbewusst wirkte Joe Bonamassa in seinem blauen Anzug und mit Sonnenbrille, mit seinen gewählten Bewegungen auf der Bühne und den gut durchdachten Ansagen. Bei aller Etikette und Selbstdarstellung ließ er dennoch nicht den Anschein von Arroganz oder Überheblichkeit aufkommen. So lobte er auch sämtliche Musiker, die er um sich herum versammelt hatte. In ihrer jeweiligen Disziplin seien sie alle unter den Besten zu verordnen, die diese Welt zu bieten habe, versicherte Bonamassa. Zu seinen Bühnenkollegen gehörten nicht nur solche Musiker, die rockbandtypische Instrumente wie Schlagzeug und Bass bedienten. Auch Backgroundgesänge, der warme und oft ausgeflippte Klang der Hammond-Orgel oder aber Blasinstrumente wie Saxofon und Trompete vervollständigten den Sound. Dabei ließ Bonamassa durchaus viel Raum für die Soloeinlagen der anderen Instrumentalisten, was den Abend recht abwechslungsreich machte. Seinem Publikum dankte Bonamassa mehrfach für den Applaus und er zeigte sich bemüht, eine angenehme Veranstaltung für jedermann zu kreieren. So lud er im späteren Verlauf des Konzerts das Publikum im Innenraum dazu ein, sich zu erheben und seiner Bewegungsfreude im Bereich direkt vor der Bühne Ausdruck zu verleihen. Eine an sich lockere und gut gemeinte Geste, die bei dem durchschnittlich etwas älter ausfallenden Publikum, von dem ein guter Teil auf seinen Plätzen sitzen blieb, allerdings auch zeitweise für Sichtbehinderungen sorgte.
Natürlich war es Joe Bonamassas Ruf, Herausragendes mit seiner Gitarre zu zaubern, der die meisten in die Arena gelockt hatte. Und der Künstler wurde diesem Ruf auch völlig gerecht, indem er nicht nur unzählige technisch raffinierte, sondern auch zahlreiche gefühlvolle Passagen in sein Spiel einarbeitete. Vor diesem Abend hatten wir noch den Eindruck, dass Bonamassa in erster Linie durch technische Brillanz zu überzeugen vermag, doch wurden wir im Laufe des Konzertes eines Besseren belehrt. Vor allem beim Live-Auftritt zeigte sich, dass er über weite Strecken sehr emotional spielt und die vermeintlich hundertprozentige technische Ausgereiftheit immer wieder auch zurückstecken darf, um stattdessen spontanen Emotionen ihren freien Lauf zu lassen.
Mit seinen eigenen Songs lieferte Joe Bonamassa eine überzeugende Performance ab. Besonders die noch gar nicht so alte Nummer „How Deep This River Runs“ punktete mit angenehmen Harmonien und stellte auch den soliden Gesang Bonamassas heraus. Fast alle Songs im Programm waren außerdem gespickt mit einer Vielzahl oftmals wilder Gitarrensolos – genau das hatten wir uns natürlich gewünscht. Manchmal kam da tatsächlich noch mehr, als wir erwartet hatten. Der Song „Slow Train“ klang trotz seines Titels bisweilen fast wie ein Zug kurz vor dem Entgleisen, weil sich Bonamassa so ins Zeug legte. Bei derart vielen ausgedehnten Instrumentalpassagen schaffte er es gemeinsam mit seiner Band, aus gerade einmal 14 Songs eine zweistündige Show aufzubauen. Es blieb zuletzt der Eindruck, dass Joe Bonamassa ein guter Songwriter, aber ein noch besserer Interpret ist. So waren es insbesondere die Coverversionen in seinem Set, die uns zu begeistern wussten. Hervorzuheben sei die lange Version des Led Zeppelin-Klassikers „How Many More Times“, welche das Hauptset sehr rifflastig zum Höhepunkt führte.
https://www.youtube.com/watch?v=TuocThsJa0g
Am 18. Mai erschien die neue Konzert-DVD “British Blues Explosion Live”.
Zur Abrundung des Abends spielte Bonamassa genau eine Zugabe, aber die hatte es in sich. In dem kurzen Zeitraum vor dem Wiederbetreten der Bühne frage er sich immer, was er den Leuten noch geben solle, wenn er genau einen weiteren Song spielen könnte. Die Antwort: Spiel etwas, was die Leute kennen! Und so wurde der Tim Curry-Song „Sloe Gin“ ausgepackt, den Bonamassa bereits 2007 auf seinem sechsten, nach eben diesem Song benannten Album gecovert hat. Mit der Gesangszeile „I’m so damn lonely“ und dem feinfühligen Solo-Gitarrenspiel wurde die Nummer zum melancholischen sowie emotionalen Höhepunkt des Konzertabends in Köln.
So hört sich das an:
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Joe Bonamassa live 2018/2019:
01.10.2018 – Rostock, Stadthalle
02.10.2018 – Oberhausen, König-Pilsener-Arena
03.10.2018 – Mannheim, SAP-Arena
05.10.2018 – Fulda, Esperantohalle
06.10.2018 – Wetzlar, Rittal-Arena
08.10.2018 – Neu-Ulm, Ratiopharm-Arena
12.05.2019 – Hamburg, Barclaycard Arena
14.05.2019 – Düsseldorf, Mitsubishi Electric Halle
15.05.2019 – Baden-Baden, Festspielhaus
17.05.2019 – Münster, MCC Halle Münsterland
18.05.2019 – Stuttgart, Porsche-Arena
20.05.2019 – München, Olympiahalle
Die Bildrechte liegen bei Marty Moffatt (Titelbild) und Christie Goodwin.
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