Bright Eyes – Down in the Weeds, Where the World Once Was

Wäre die aktuelle Indie-Szene ein Sammelsurium aus körnigen DIY-Filmchen aus dem eigenen Kämmerchen, wären Bright Eyes der ganz große Blockbuster. Natürlich einer von den guten, einer, mit Ecken und Kanten und echten Gefühlen. Einer von diesen Lieblingsfilmen, bei denen man trotz all der vielen vergangenen Jahre noch genau an dieser Stelle weinen muss, genau hier die Faust recken mag, genau dort an die vielen Festivalmomente denkt. Während also die ganze Szene mit LoFi-Bedroom-Pop experimentiert, gilt beim ersten Bright-Eyes-Album seit neun Jahren das Motto “klotzen statt kleckern”. Wie sollte man diese übergroßen Geschichten und Gefühle über apokalyptische Angstzustände und klammheimliche Hoffnungsträger auch anders verkleiden als in die schönsten Streicherarrangements des ganzen Jahres? “Down in the Weeds, Where the World Once Was” ist genau so erhaben, genau so verträumt, genau so beklemmend wie Titel und Cover versprechen.

Von Folk und Freundschaft

Das Geheimrezept des US-amerikanischen Trios lässt sich mit diesen beiden großen Fs sehr gut zusammenfassen. Während sich die Welt mehr und mehr in einer unaufhaltbaren Abwärtsspirale zu befinden scheint, haben sich Conor Oberst, Mike Mogis und Nate Walcott vergangenes Jahr dazu entschlossen, dem wieder etwas entgegenzusetzen. Nicht, dass Alben von Bright Eyes jemals freudesprühende Eskapismsmomente bereit hielten. Doch dort, in einer kleinen Enklave zwischen dem ohrenbetäubenden Lärm der Welt und dem rücksichtslosen Ellbogenkampf des Kapitalismus sitzt das Trio in einem kleinen Wäldchen aus Streichern und Bläsern, spielt die schönsten Folksongs des 21. Jahrhunderts. In der einen Hand fest umklammert die Bilder der Liebsten, in der anderen die eigenen Sorgen. Von dort erklingen dann also schunkelnde Trotz-Liebeslieder wie “Just Once in the World”, die sich dem düsteren Horizont bewusst sind, aber doch lieber auf das kleine Teelicht auf der Hand schauen. Aber auch schöne chorale Elemente wie im hittigen “Forced Convalescence” und nautische Dudelsack-Töne (“Persona Non Grata”) schmiegen sich in den Hörgang.

Das ganz Große im ganz Kleinen

Mögen sich die himmlischen Arrangements in “Dance and Sing” noch so sehr in cineastische Breiten schwingen, am Ende geht es bei den Bright Eyes ja doch ums Herz. In jedem Pulsschlag der 14 Songs spürt man dieses tiefliegende Bedürfnis, das man aktuell sehr gut gebrauchen kann. Dank der spannenden Rhythmussektion aus Jon Theodore (Mars Volta, Queens of the Stone Age) und Flea (Red Hot Chili Peppers) dürfen sich Songs wie das hallende “Pan and Broom” dann sogar deutlich vom urigen Folk-Sound verabschieden, den Instant-Klassiker wie “Mariana Trench” sonst verstärkt predigen. In den Leerzeichen von “One and Done” und dem Bombast vom Better-Oblivion-Community-Center-Zögling “To Death’s Heart (In Three Parts)” verbirgt sich letztendlich aber vor allem ein behutsames Versprechen: “Wir schaffen das irgendwie.” All den nachdenklichen, bekümmerten Momenten, die in Obersts einzigartigem Timbre mitschwingen, zum Trotz trommeln sich Stücke wie “Stairwell Song” dann sogar recht optimistisch nach vorne. “Down in the Weeds, Where the World Once Was” taugt zwar für die ganz großen Leinwände, fühlt sich aber gleichzeitig wie ein ganz eigener intimer Schatz ein. Denn wie die Freundschaft der drei auf den wohlig warmen Sound abfärbt, kann auch den traurigsten Moment erträglich machen.

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