Brimheim – can’t hate myself into a different shape

Brimheim - Can't Hate Myself into a different Shape

Musiker*innen können mit Worten und Sounds Gefühlen einen konkreten Ausdruck verleihen, die sich im schnöden Alltag unserem Verständnis entziehen. „can’t hate myself into a different shape“ ist dafür ein glühender Beweis, stellt es doch eine immens wichtige und gleichzeitig traurige Beschreibung der Realität vieler Personen dar. Selbsthass, das Gefühl, niemals zu genügen und vor allem das Verlangen, jemand anders zu sein, bestimmen den Alltag vieler Menschen in der auf Leistung fokussierten Welt. Doch es steckt eben auch die Unmöglichkeit dieses Bestrebens im Vordergrund, die Feststellung, dass jedes Verlangen im Nichts versickern wird. Das liest sich resigniert wie trotzig, aber auch etwas hoffnungsvoll. So viel Bedeutungsgewalt in einen Albumtitel zu stecken, verspricht eine spannende musikalische Reise – insbesondere bei einem Debütalbum! Was steckt also hinter dieser Brimheim? Und warum ist sie so gut?

Gefühle gebannt in Notenhälse & Textfetzen

Helena Heinesen Rebensdorff heißt die dänisch-faröische Musikerin, die sich mit ihrem ersten Langspieler direkt in unserem Indie-Herzen breit machen möchte. Das klappt vor allem deswegen so gut, weil die im Titel versprochene Feinfühligkeit in der zugehörigen Musik einen fruchtigen Nährboden findet. Im Zentrum von „can’t hate myself into a different shape“ stehen stets die Gefühle, die Ängste, die Sorgen des lyrischen Ichs, die Instrumente schmiegen sich an diese Emotionen, lassen sie Raum einnehmen. Dabei klingt Brimheim mal nach hittigem Indie für die Uni-Radios dieser Welt („hey amanda“), manchmal wiederum beinahe theatralisch düster, alleine vor einem schwarzen Klavier irgendwo im Wald („straight into traffic“). Dass Rebensdorff mit dem Album selbst eine depressive Phase verarbeitet, spürt man allen Elementen dieser Musik an.

Das gewisse Etwas

Wie es sich für reduzierten Indie dieser Qualitätsgüte gehört, ist natürlich auch das Timbre Brimheims von einer unglaublichen Wärme, die nicht selten an Lucy Dacus erinnert. Und auch der Spagat zwischen eingängigem Indie-Rock und sanftem Folk passt zu der Bubble an vielversprechenden Singer-Songwriter*innen rund um das Boygenius-Trio. Was Brimheim nun vor allem hervorhebt, ist der Hang zur Exzentrik. Das lässt im Titeltrack, der eigentlich lässig nach vorne geht, ein elektronisches Brummen im Hintergrund knirschen, bei „poison fizzing on a tongue“ gleiten Percussions in eine groteske Parallelwelt, die von düsteren Björk-Synthies getragen wird, das Interlude „like a wedding“ erinenrt an Grimes, der Closer „hurting me for fun“ setzt nach sanfter Introspektive auf pochende Beats, die in den Äther ausfaden. Und das alles, während sich die Platte über weite Strecken zwischen Chören, Riffs und Herz-auf-der-Zunge-Lyrics der Marke „i miss you all the goddamn time“ („favorite day of the week“) bewegt. Eine unglaublich schmackhafte Mischung aus Gefühl und Experimentierfreudigkeit, die uns Brimheim hier kredenzt. Da greifen wir gerne immer wieder zu.

Und so hört sich das an:

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Rechte am Albumcover liegen bei W.A.S. Entertainment.

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