Callejon – Hartgeld im Club

Ein Albumcover kann  viel über den Sound einer Platte aussagen. „Hartgeld im Club“ macht das auf einem extrem hohen Niveau, denn im Prinzip reicht es aus, das Cover mit dem Bandnamen in Verbindung zu bringen, um gleich Bescheid zu wissen, wie diese Platte klingt. Callejon schreiben sich wieder mit „K“ – wie beim Riesenerfolg von „Man spricht Deutsch“, dem Cover-Album der deutschen Metalcore-Riesen. Während damals von den Ärzten über Tic Tac Toe bis zu Tokio Hotel die unterschiedlichsten Acts der deutschsprachigen Musiklandschaft ein Metal-Gewand übergestülpt bekamen, sind die Zeichen 2019 ganz auf dem erfolgreichsten Genre der letzten Jahre: Hip-Hop.

2017 erschien mit „Fandigo“ das letzte Album der Band, die sich von ihrem knallharten Metalcore-Gepose abwendete und stattdessen dem aktuell angesagten Synth lastigen Alternative widmete. Nun geht’s aber wieder Back to the Roots, großartige Experimente muss man bei diesem Coveralbum nicht erwarten. Für Fans gut, für alle anderen wahrscheinlich ziemlich langweilig. Für die 11 Coversongs fiel die Wahl auf einige der erfolgreichsten Hip-Hop-Songs der letzten Jahre – von Sidos „Schlechtes Vorbild“ über „Palmen aus Plastik“ von Bonez MC und RAF Camora bis zu Alligatoahs „Willst du“. Selbst die hart gesottensten Metal-Fans sollten diese Songs kennen, Mitsingen kann man also schon vorm ersten Hördurchlauf. Das kommt natürlich dem Ziel des Nebenprojekts zugute: im Gegenzug zu den eigenen Alben soll mit Kallejon einfach Spaß gehabt werden, Moshpits natürlich inklusive. Die Songs unterscheiden sich dabei nur in leichten Nuancen, „Von Party zu Party“ lädt in Hardcore-Manier zum Hüpfen ein, während „Schlechtes Vorbild“ eher auf Metal-Riffs setzt; „Was du Liebe nennst“ baut hingegen auf Gangshouts. Besonders auffällig ist soundtechnisch jedoch „Arbeit nervt“, was vermutlich auch daran liegt, dass Deichkind den üblichen Soundrahmen von Hip-Hop auch selbst ziemlich sprengen. Mit dem extremen Electro-Anteilen im Original muss eine Metal-Band erstmal mithalten – und das schaffen Callejon tatsächlich auch. Im Hintergrund wabert es zwischenzeitlich noch elektronisch vor sich hin, vorne spielt sich die Instrumental-Fraktion um Kopf und Kragen und Bastian Sobtzick spuckt mit Hilfe weiterer Stimmebenen immer wieder „Arbeit nervt“ über die satten Riffs. Direkt im Anschluss wird mit RINs „Bros“ der neueste Track reingeworfen – und sogar einige Autotune-Passagen werden in den Metal-Sound integriert. Schließlich wird es dann endlich Zeit für die neuen Songs der Band. Beim Titeltrack gesellen sich Rapperinnen Antifuchs und Pilz hinzu. Besonders hervorheben darf man diese featured Artists, denn sowohl der Metal als auch der Hip-Hop kann das Problem des ansonsten lächerlich geringen Anteils an weiblichen Musiker*innen kaum von sich weisen. Auch die Cover-Songs stammen ausnahmslos von männlichen Acts – dem Erfolg ist es wohl geschuldet. Umso schöner, dass sich die Band hier bewusst für eher unbekannte Begleitung entscheidet, die das Titelstück zu einem schicken Hip-Hop-Metal-Hybriden umfunktionieren.

Ein stereotypischer Metal-Fan in der zarten Hingabe zu einem stereotypischen Hip-Hop-Fan – ein Cover, das Bände spricht. Gegensätze ziehen sich an und überreden Callejon gleich zu einem ganzen Hip-Hop-Coveralbum, das wahrlich nicht vor Innovation, davor aber vor Moshpit-Hymnen strotzt. Wer bisher schon wenig für die Band übrig hatte – denn Geschmackssache ist diese Art von Spaß-Metal sicherlich – wird auch hier nicht fündig werden. Wer das Ganze jedoch nicht zu ernst nimmt und einfach kurzweiligen Spaß sucht, könnte ihn hier finden. Die Frage bleibt natürlich, womit Callejon in Zukunft fahren werden – dem „Fandigo“-Sound, der eher weniger gut ankam – oder eben genau diesem Metalcore-Sound, der 2018 wiederum etwas altbacken wirkt. Zum Abschluss dann das Schmankerl für alle Callejon-Fans: „Porn From Spain 3“, die lang ersehnte Fortsetzung der ersten beiden Songs. Unterstützung bekommt die Band von den Freunden von K.I.Z., dazu stößt außerdem niemand Geringeres als Ice-T! Auch hier stehen die Zeichen auf Moshpit und bieten mit direkten Ansagen an AfD-Wähler*innen einen schönen Abschluss mit der einen Sache, auf die sich Fans aller Genre einigen sollten: Diskriminierungen jeder Art haben auf keinem Musik-Festival der Welt etwas zu suchen. Den Spaß an der Sache merkt man der Band hier am deutlichsten an – und das ist doch schließlich auch mal ein schöner Beweggrund!

Das Album „Hartgeld Im Club“ kannst du dir hier kaufen.*

Und so hört sich das an:

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https://www.youtube.com/watch?v=Dv8QoR_qGS8

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Callejon live 2019:

  • 31.01.2019 Lido Berlin
  • 01.02.2019 Täubchental Leipzig
  • 02.02.2019 Grünspan Hamburg
  • 07.02.2019 Schlachthof Wiesbaden
  • 08.02.2019 Substage Karlsruhe
  • 09.02.2019 Sputnikhalle Münster
  • 14.02.2019 Tower Musikclub Bremen
  • 15.02.2019 Faust – 60er Jahre Halle Hannover
  • 16.02.2019 zakk Halle Düsseldorf
  • 21.02.2019 Hirsch Nürnberg
  • 22.02.2019 Flex Wien
  • 23.02.2019 Backstage Halle München

Rechte am Albumcover liegen bei Century Media Records.

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