Beim vierzehnjährigen Andrea-Ich lösten die mystischen Finnen HIM und ihre düstere Musik Gänsehaut und ein kleines bisschen Herzchenaugen aus. Und auch heute noch hört sie sich gerne “Love Metal” an. Das Album zählte in seinem Erscheinungsjahr zwar nicht gerade zur Kindergarten-Musik von Emilia, aber mit knapp 16 Jahren Verspätung hat sie sich des Werkes angenommen. Ob es sie überzeugen konnte? Wir werden es sehen.
Andrea sagt dazu:
HIM – eine Band, an der sich die Geister scheiden. Den einen ist es zu weichgespült, als dass es als Metal anerkannt werden könnte. Für die anderen ist es zu dunkel, zu depressiv, zu laut. Die Meinungen über die mittlerweile aufgelöste Band gehen weit auseinander. Auf mich hatte „His Infernal Majesty“ schon immer eine faszinierende Wirkung – und ja, das mag nicht zuletzt am düsteren Charisma von Frontmann Ville Valo liegen. Den Höhepunkt erreichte meine Faszination 2003, als das vierte Album „Love Metal“ mein vierzehnjähriges Herz eroberte.
„Love Metal“ ist dabei nicht nur der Titel des Albums, sondern der Begriff wird auch gerne gleich als Genrebezeichnung für die Musik der Finnen genutzt. Metal mit einem ausgeprägten Hang zum Soften. Und dieses Konzept wird konsequenterweise das ganze Album über durchgezogen. Die Platte startet mit dem Kracher „Buried Alive By Love“. Kracher im wahrsten Sinne des Wortes, denn gleich in den ersten Takten scheppern einem die Gitarren und Drums nur so um die Ohren und werden schon bald von Ville Valos verzerrter Stimme komplettiert. Ein Opener, der direkt ordentlich vorlegt und wachrüttelt. Im zweiten Song folgen allerdings ganz andere Töne, womit auch direkt die beiden Extreme des Albums abgesteckt werden. Mit sachter Klavierbegleitung und zartem Stimmeinsatz beginnt „The Funeral of Hearts“, neben „Join Me“ wohl eine der im Mainstream bekanntesten Hymnen der Band. Textlich geht es – wie auch in den meisten anderen HIM-Titeln – um unglückliche Liebe, Sehnsucht, zerbrochene Herzen. Zugegebenermaßen sind Ville Valos Texte nicht gerade originell und abwechslungsreich, sondern strotzen nur so vor bittersüßer Melancholie. Love Metal halt. Die Songs schaffen zum Glück immer wieder den passenden Gegenpol und pendeln zwischen melodischen Strophen und druckvollen Up-Tempo-Refrains, wie es in „Soul On Fire“ nahezu perfektioniert wurde. „The Sacrament“ bedient mit fast schon poppiger Melodie nochmal die Mainstream-Geschmäcker, ohne jedoch zu nervig oder schnulzig zu werden. Fast alle Songs des Albums liegen mit einer Spielzeit von 5 bis 6 Minuten schon weit über der durchschnittlichen Radiohit-Länge. Getoppt wird das allerdings nochmal vom letzten Titel „The Path“, der mit knapp 8 Minuten die Platte zum großen Finale bringt. Was anfangs noch nach recht belangloser Ballade klingt, gipfelt zum Ende hin in ein gut 1,5-minütiges, episches Gitarrensolo, das den Hörer zufrieden zurücklässt.
„Love Metal“ ist sicherlich kein musikalisch-innovatives Meisterwerk. Für mich ist es aber ein stimmungsvolles Zusammenspiel aus düsterer Melancholie und trotzdem druckvoller Dynamik. Und deswegen landet es auch heute noch immer mal wieder auf meinem Plattenspieler.
Emilia findet:
„Love Metal“ – bereits der Titel der Platte, für die ich dieses Mal den Contra-Part übernehme, ließ mich erahnen, was mich erwarten würde – und doch kam es ganz anders als erwartet. Nicht unbedingt positiver, aber anders. Doch ich greife vorweg. Im Plattenkrach geht es diese Woche um die finnische Dark Rock/Metal-Band HIM. Bis dato kannte ich von besagter Band lediglich den Song „Join Me“, den ich eigentlich sogar ganz gut finde. Also dachte ich mir, dass es so schlimm ja gar nicht werden könne. Kleiner Spoiler: Doch, konnte es. Aber lest selbst.
HIM betiteln ihren Musikstil selbst als Love Metal – daher auch der Albumtitel. Metal ist jetzt nicht gerade meine liebste Musikrichtung, wie man schon im Plattenkrach zu System of a Downs „Toxicity“ lesen konnte. Dennoch entschied ich mich, dem Album eine Chance zu geben. Als erstes dürften einem dabei die ungewöhnlich langen Spielzeiten der Songs ins Auge fallen, womit die Platte bei nur elf Titeln auf über eine Stunde Spielzeit kommt. Es gibt Künstler, bei denen würde ich mich über so etwas freuen und mir Songs mit einer durchschnittlichen Länge von fünf, teilweise sogar sieben oder acht Minuten sogar wünschen. HIM gehören leider nicht dazu. Aber da musste ich jetzt durch.
Los geht es mit dem Track „Buried Alive By Love“, der mit einem eigentlich recht vielversprechenden Gitarrenintro beginnt, im Refrain jedoch durch ein an Störgeräusche erinnerndes Quietschen zerstört wird und leider viel zu hektisch wirkt. Etwas ruhiger und weniger hektisch werden die nächsten Songs, allerdings lässt sich hier nun kaum eine Nummer von der anderen unterscheiden, denn gerade in den Refrains klingen die nachfolgenden Tracks und vor allem die langsameren Tracks zum Ende der Platte alle doch sehr ähnlich und monoton.
Allgemein scheinen HIM in ihren Liedern ein immer gleiches Schema aus pseudo-melancholischen Texten und leicht wehleidigem Gesang, untermalt von sehr gewollter Gitarrenbegleitung zu verfolgen. Und nachdem ich bereits diverse andere Alben von Metal-Bands hören durfte (musste), wage ich auch zu bezweifeln, dass HIM sich guten Gewissens Metal-Band nennen können, oder was auch immer sie mit der Bezeichnung Love Metal ausdrücken wollen.
Ein Song des Albums ist mir dann aber doch recht positiv im Gedächtnis geblieben: „The Sacrament“ mit seiner Klavierbegleitung gefiel mir tatsächlich gar nicht mal so schlecht. Ein ganz kleines bisschen kann ich Andrea also doch verstehen, auch wenn HIMs „Love Metal“ wohl eher nicht zu einer meiner Lieblingsplatten werden wird.
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Mehr Plattenkrach: Hate it or love it – was für den einen ein lebensveränderndes Monumentalwerk ist, ist für die andere nur einen Stirnrunzler wert! Ein Album, zwei Autor*innen, ein Artikel, zwei Meinungen! Mehr Auseinandersetzungen findest du hier.
Und so hört sich das an:
Die Rechte für das Albumcover liegen bei BMG Finland.
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