In einem bildgewaltigen, bizarren Paralleluniversum durchbricht eine güldene Kreatur ein kaum fassbares, schwebendes Objekt. Wtf? Falls es euch schon beim Cover zu “Euphoric” schwer fällt, einen klaren Gedanken zu erfassen, dann wartet mal, bis ihr die Platte aufgelegt habt. Das Londoner Trio Calva Louise hat sich für das Debüt-Album direkt mal die Aufgabe eines Konzeptalbums vorgenommen und ließ Gitarristin und Sängerin Jess Allanic deswegen neben dem beeindruckenden Cover auch direkt einen animierten Film und eine Graphic Novel passend zu dem Album gestalten. Warum auch nicht? Zu dem schier unaufhaltsamen Tornado, in den sich “Euphoric” entwickelt, passt dieser Rundumschlag fraglos.
Die Negation einer Schublade
Menschen suchen die Ordnung im Neuen, das Klassifizieren ist uns in dem Übermaß an Eindrücken eine unverzichtbare Zwangsneurose. Problem nur, wenn Bands wie Calva Louise mit ihrem Sound so unbegreiflich ausarten. Wobei so ganz problematisch ist das eigentlich überhaupt nicht, denn die 13 Stücke von “Euphoric” stecken so voller Überraschungen, dass der leicht erhöhte Puls mal eine willkommene Abwechslung ist. Ein wenig anstrengend mag es vielleicht sein, aber keine Angst: Mit Stücken wie “Belicoso” und “Trial” würde das Trio fraglos jede Masse zum Springen bringen.
Der Versuch einer Einordnung
In der Transition von Audio zum geschriebenen Wort wird zweifellos eine große Bandbreite dieser faszinierenden Band verloren gehen. Denn wie “The Odds” oldschoolige 80s Pianostücke mit kuriosen Geräuschen und höchstmodernem Alt-Rock zusammenwirft, ist kaum in Worte zu fassen. NuMetal-Vibes gibt es hingegen im leicht unheimlichen Titeltrack, in “Hunting” tanzen Muse und Wolf Alice zusammen am Abgrund der Welt. Jess Allanic ist dabei eine unvorhersehbare Kriegsgöttin, mal in abgedrehten Sphären á la Grimes wie im Synthie-Track “Malfada”, mal gefangen zwischen mehrspurigen Harmonien, Poppy-Screamo und glasklarem Pop (“Free To Be Lost”). Nebenbei gibt es dann noch einen kontinuierlichen Spagat zwischen Spanisch und Englisch – aber klar doch!
Dass Ben Parker dann noch für permanente Rhythmuswechsel sorgt und Alizon Taho mit ihrem Bass jedes Navi in die Irre führen würde, setzen diesem unfassbarem Weg die Krone auf. Verstehen muss man hier eigentlich überhaupt nichts mehr, offene Münder reichen vollkommen aus. Und den Namen Calva Louise solltet ihr euch definitiv merken.
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