Die Erwartungen hinsichtlich des vierten Casper Albums „Lang Lebe Der Tod“ sind hoch. Hatte der Bielefelder Rapper letztes Jahr mit großen Tamtam erst das Album angekündigt, dieses dann einige Wochen später auf unbestimmte Zeit verschoben, erscheint nun – fast ein Jahr nach dem eigentlich geplanten Release – endlich das langersehnte Werk. Die Verschiebung trug logischerweise eher zu einer erhöhten Erwartungshaltung von Fans und Allgemeinheit bei. Wer sich musikalisch noch einmal perfektionieren will, bei dem muss das Ergebnis dann auch das bestmögliche sein – so die Logik vieler. Wie groß der Druck, der im vergangenen Jahr auf Casper lastete, gewesen sein muss, kann sich vermutlich niemand vorstellen. Nun aber zum Album.
Zehn ganze Songs und ein Interlude haben es letzten Endes auf „Lang Lebe Der Tod“ geschafft. Ob industrial Elektro und Post-Rock Soundstürme, harte Rap-Parts und gefühlvoller Gesang, Gesellschaftskritik und sehr persönliche Texte – die Bandbreite des knapp 40zig minütigen Albums erstreckt sich über ein sehr weites Spektrum. Dennoch erscheinen die vielen verschiedenen Merkmale nicht willkürlich zusammengewürfelt, sondern fügen sich zu einem in sich schlüssigen Gesamtkunstwerk zusammen.
Textlich sind vor allem die ersten acht Titel eher gesellschaftskritisch ausgerichtet – im Fokus steht hier Skandalgeilheit („Lang Lebe Der Tod“, „Alles Ist Erleuchtet“), Verschwörungstheoretiker („Morgellon“) und auch fragwürdiges Verhalten vieler Menschen gegenüber sogenannten „Promis“ („Lass Sie Gehen“). Richtig persönlich wird es zum Ende des Albums hin. Das atmosphärisch elektronische „Deborah“ dreht sich um Depression. Ein erster Schritt der Heilung psychischer Krankheiten ist die Krankheit zu erkennen und diese zu personifizieren – Casper tut dies hier, indem er ihr den Namen „Deborah“ gibt. Die großartige Gitarren-Hymne und Albumcloser „Flackern, Flimmern“ beschäftigt sich mit Selbstzweifeln, bringt im Chorus zum Schluss aber noch einen Funken Hoffnung ein: „Und plötzlich alles so leicht. So leicht als ginge alles von selbst.“ Spätestens wenn der Track gegen Ende hin in Double-Bass-Geballer und Gitarrengeschrammel, im Hintergrund ein schmerzverzerrter Schrei Caspers, den letzten mit viel Pathos gesungenen Refrain einläutet, wird deutlich, was für ein Monster von Song Casper hier geschaffen hat.
Ob der Blick auf die Gesellschaft oder in sich selbst – Casper skizziert viele Probleme unser heutigen Gesellschaft, die teils durch den immer größer werdenden Erfolgswahn, teils durch immer verzwicktere Gesellschaftsstrukturen begünstigt werden. Auch die Elektro-Punk Hymne „Wo Die Wilden Maden Graben“ nimmt diese beiden Perspektiven ein und ist wohl einer der besten Songs, die der Bielefelder je veröffentlicht hat. Zwischen treibenden Schlagzeugbeats und flotten Gitarren erhebt der Rapper seine Stimme im Refrain zu einem großen Mitsing-Spektakel, bloß um den Song dann erst mit tiefen elektronischen Bässen und später mit einem Headbang-Gitarren-Outro ausklingen zu lassen. Wirklich massentauglich ist auf „Lang Lebe Der Tod“ Weniges – klar gibt es immer wieder große poppige Momente, dennoch bauen Casper und sein Team in jeden Song gewissen Elemente ein, die man sonst im Radio so nicht kennt. Seien das die langen verzwickten Strophen in „Lass Sie Gehen“, dass neben Ahzumjot auch Portugal. The Man featured, oder eben das lange, durchdachte Outro von „Wo Die Wilden Maden Graben“.
Dass sich Casper für „Land Lebe Der Tod“ noch einmal Zeit gelassen hat und die Fans warten mussten, hat sich auf jeden Fall gelohnt. Das Ergebnis der Warterei ist unangenehm, aufgebracht, teilweise sogar wütend, regt zum Nachdenken an und macht betroffen – man merkt, dass der Herr sich hier wirklich Gedanken gemacht hat, wie man klingen möchte und was man sagen möchte. Wir sind begeistert!
Und so hört sich das an:
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Casper live 2017 / 2018:
31.10.2017 – Münster, Halle Münsterland
02.11.2017 – Luxemburg, Rockhal (LU)
03.11.2017 – Zürich, Samsung Hall (CH)
04.11.2017 – Stuttgart, Schleyerhalle
08.11.2017 – Hamburg, Sporthalle
10.11.2017 – Dortmund, Westfalenhalle 1
14.11.2017 – Wien, Stadthalle (AT)
17.11.2017 – München, Zenith
18.11.2017 – Frankfurt am Main, Festhalle
21.11.2017 – Leipzig, Arena
22.11.2017 – Bremen, ÖVB Arena
24.11.2017 – Berlin, Max-Schmeling-Halle
25.11.2017 – Hannover, Swiss Life Hall (Ausverkauft)
09.03.2018 – Würzburg, S. Oliver Arena
10.03.2018 – Erfurt, Messehalle
Die Rechte für das Albumcover liegen bei Columbia / Sony Music.
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