Ezra Furman – Twelve Nudes

Kaum hat man sich von dem waghalsigen Road Trip auf „Transangelic Exodus“ erholt, sitzt Ezra Furman schon den nächsten Schalk im Nacken. Mit „Twelve Nudes“ möchte der*die US-Amerikaner*in eine eigene Version von Punk erschaffen, aber keine Sorge – Deswegen verlieren die Arrangements nicht gleich den unverkennbaren Touch, von dem Furmans Jünger seit Jahren nicht genug bekommen.

Von der gigantischen Reise des Vorgängers lässt nur „In America“ noch etwas erahnen, wenn hier die Ausgestoßenen der Gesesellschaft in einem zärtlichen Soundgewand ihre Zuflucht finden. Doch auch wenn sich die restlichen Songs vermehrt in einer polternden Garage-Brühe suhlen, schimmert das Storytelling-Talent Furmans immer wieder durch. Also formuliert „Trauma“ mit Nachdruck eine niedergeschlagenen Song für die Verlierer des Kapitalismus und geht mit bestimmten Worten den Fragen „what makes a girl put up a fire?“ und „what takes a man to take a hammer in his hand?“ nach. In „Evening Prayer aka Justice“ ruft Furman nur folgerichtig zum gemeinsamen Kampf gegen strenge Rollenbilder auf, denn natürlich steckt auch in „Twelve Nudes“ in jedem Takt mehr Queerness als sich die meisten Cis-Dudes der Szene wünschen könnten. Auch wenn „I Wanna Be Your Girlfriend“ einen klassischen Lovesong imitiert, stehen inhaltlich alle Zeichen auf Progression: Während alle im Umkreis auf der Suche nach Jobs und Familien sind, denkt das lyrische Ich über „quitting Ezra and going with Ezme“ nach. Genderbending in feinster Form, das sich aber auf Albumlänge nicht immer so leicht verdaubar äußert. Denn das in der heutigen Gesellschaft Queerness bei Weitem kein Spaziergang ist, beschreibt das tief melancholische „Transition From Nowhere To Nowhere“ mit so absoluten Thesen wie „Nobody cares if you’re dying until you’re dead“. Auf ganzer Albumlänge haut Furman ganz im Sinne des Lebens aber vor allem mal richtig auf die Kacke, ob im Proto-Punk-Gewand des kreischenden Openers „Calm Down aka I Should Not Be Alone“ oder dem verzerrten „Rated R Crusaders“, das mit quietschenden Gitarren in einer stetigen Abwärtsspirale versinkt. Bei all dem queeren Inhalt zerrt Furman mit unmissverständlichen Brechern wie „Thermometer“ und „My Teeth Hurt“ auch die hart gesottensten Verfechter der Heteronormativität in den schönsten Moshpit des Jahres.

Wenn nämlich schon kein für die Gesellschaft als „normal“ geltendes Leben möglich ist, fragt Furman zuletzt die beste rhetorische Frage seiner Karriere: „What Can You Do But Rock N Roll“? Mit Ezme, Ezra und allen Freund*innen klingt das immerhin nach einer sehr erträglichen Zukunft.

Das Album „Twelve Nudes“ kannst du hier bestellen.*

Und so hört sich das an:

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https://www.youtube.com/watch?v=8e1h31hVGSw

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Ezra Furman live 2019:

  • 16.11.2019 Luxor Köln
  • 17.11.2019 Festsaal Kreuzberg Berlin
  • 23.11.2019 Molotow Hamburg

Rechte am Albumcover liegen bei Bella Union.

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