Haiyti – Montenegro Zero

Haiyti - Montenegro Zero

Es fing an mit Moneyboy, dann kamen LGoony und Crack Ignaz, fast zeitgleich Yung Hurn und zuletzt Rin und Trettmann – den neuen Rap-Stil, den man seit einigen Jahren von Nordamerika nach Deutschland importiert, gibt es noch nicht wirklich lange. Schnell bekam diese Bewegung, deren Musik sich vor allem durch die ausgiebigen Verwendung von Autotune und oftmals atmosphärischen, mal knalligen Trap-Beats auszeichnet, von der Presse den Titel „Cloudrap“ aufdiktiert – einen wirklichen einheitlichen Szenegedanken gibt es jedoch kaum. Sinnvoller scheint es diese Strömung einfach als deutschen „Newschool“-Rap zu betiteln. Immer mehr aufsteigende Künstler und die immer größer werdenden Hallen, in denen diese auftreten, zeigen, dass die Relevanz dieser Musik, deren Künstler sich sonst oftmals extrem unkonventionellen Methoden, wie kostenlosen Releases, bedient, nicht unterschätzt werden darf, wie es viele Anhänger konventionellerem Hip-Hops tun.

Mittlerweile hat dies sogar das Mainstream-Radio mitbekommen und mit Rin den ersten Künstler der neuen Raphoffnung gepusht, der auch tagsüber und zu besten Sendezeiten Airplays auf den größten Radiostationen bekam. Auch die Hamburger Rapperin Haiyti konnte sich in den letzten Jahren innerhalb Fans des neuen Musikstils mit einigen Mixtapes und EPs einen gewissen Bekanntheitsgrad erspielen, was ihr im letzten Jahr schon einen Auftritt auf den Schwesterfestivals Rock Am Ring und Rock Im Park bescherte. Sie ist die erste Rapperin des Newschool-Rap, die nun von einem Majorlabel gesigned wurde: Ihr Debütalbum „Montenegro Zero“ wird nun über Vertigo/Capitol, das zu der Universal Music Group gehört, veröffentlicht und stellt somit den nächsten Versuch dar eine/n Künstler*in der Bewegung in den Mainstream zu katapultieren. Die Aussichten sehen für Haiyti dabei gar nicht mal so schlecht, was ihr Debüt eindrucksvoll unter Beweis stellt.

Auf zwölf Songs fährt die Rapperin hier alle Stärken auf, die sich im Laufe ihrer Karriere herauskristallisiert haben und zeigt, dass sogar innerhalb der fortschrittlichsten Unterart des Hip-Hop noch Progressivität möglich ist. Vor allem, wenn sie mit ähnlicher cool- und funkyness wie Bilderbuch in ihrem Autotune-Smascher „Sweetlove“ den Hörer durch die Blues-Pop-Ballade und Albumcloser „American Dream“ führt, wird dies deutlich. Die Verwendung von Stimmeffekten funktioniert vor allem dann grandios, wenn Haiyti Autotune als Instrument nutzt, mit dem man experimentieren kann, wie in dem brachialen, teils geschrienen „Mafioso“. Gerade diese sonderbaren Songs tragen dazu bei, dass das Debütalbum der fleißigen Hamburgerin ihre wohl vielseitigste und ausgeklügeltste, gleichzeitig aber auch eingängigste Veröffentlichung darstellt.

Die Themen, die Haiyti behandelt, bewegen sich dabei zwischen (kriselnden) Beziehungen („Sunny Driveby“, „Gold“), Erfolg („100.00 Fans“) und Reichtum („Monacco“). Das ist natürlich nicht sonderlich intuitiv – die direkte Art und Weise, wie die Rapperin textet, sorgt jedoch dafür, dass ihre Texte sowohl schnell im Kopf bleiben, als auch eine gewisse Einzigartigkeit und Cleverness erhalten. Spätestens zu dem technolastigen „Berghain“ muss man die Hamburgerin einfach lieben, wenn aus ihrem Mund „Ich war noch nie im Berghain. Bitte lass mich da nicht rein.“ tönt, während der Beat genau in dieser Ausführung auch aus dem so bekannten Berliner Elektroschuppen schallen könnte.

Rin hat mit „Eros“ bewiesen, dass der Newschool-Hip-Hop-Sound so langsam auch im Mainstream Fuß fassen kann, gewann die 1Live-Krone für das beste Album und spielte Massen an ausverkauften Hallen-Shows, auf denen trotz durchmischterem Publikum immer noch absoluter Abriss herrschte. Bei Haiyti deutet sich eine ähnliche Zukunft an. So laufen schon vereinzelt Songs der Rapperin auf dem größten öffentlichen Jugendradiosender Deutschlands 1Live und stellt die Dame aus St. Pauli die erste deutsche Frau dar, die das Cover der Rap-Zeitschrift Juice ziert. Der Hamburgerin gelingt es sehr kontinuierlich Pop mit dem Zukunftssound der Rap-Musik zu vermischen, dabei aber nicht ähnlich belanglose Thematiken und Texte aufzufahren, die sonst im Dudel-Pop vorherrschen. In der Hinsicht hat sie vor Rin klar die Nase vorne, wird es aber vielleicht gerade deshalb etwas schwieriger haben, komplett bei der breiten Masse Anklang zu finden – so traurig das auch ist. Zu einem Teil wird ihr das mit diesem äußerst guten Debüt aber sicherlich gelingen.

„Montenegro Zero“ erscheint am 12.01.2018 über Vertigo/Capitol und kann hier* vorbestellt werden.

Und so hört sich das an:

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Haiyti live 2018:

23.02.2018 Frankfurt, Zoom
24.02.2018 Münster, Skaters Palace
25.02.2018 Hannover, Faust
02.03.2018 Köln, CBE
03.03.2018 Zürich, Exil (CH)
04.03.2018 Stuttgart, Im Wizemann
09.03.2018 München, Hansa 1
10.03.2018 Wien, Grelle Forelle (AT)
11.03.2018 Leipzig, Täubchenthal
16.03.2018 Berlin, SO36
18.03.2018 Hamburg, Mojo Club

Die Rechte für das Albumcover liegen bei Vertigo/Capitol.

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