Laura Jane Grace & The Devouring Mothers – Bought To Rot

Mittlerweile ist der Markt ziemlich überflutet von Frontpersonen großer Punkbands, die auch mal Lust auf eigene Solopfade haben. Ob nun Dave Hause, Nathan Gray, Brian Fallon oder Chuck Ragan – sie alle bedienen neben ihren Hauptbands die Singersongwriter-Sparte mit ruhigeren Alben. So überrascht es wohl kaum, dass auch Laura Jane Grace, ihres Zeichens Frontfrau der Punkband Against Me!, nach nun mehr 21 Jahren mit ihrer Band auch den Drang nach einem Solowerk verspürt.  Nur so ganz solo ist es dann doch nicht, wie der Anhängsel „& the Devouring Mothers“ verrät – mit dabei sind Atom Willard und Marc Jacob Hudson, langjährige Weggefährten der Musikerin.

Wenn man nun ein Soloalbum einer Frontperson in den Händen hält, hegt man ob der verwandten Alben, gewisse Erwartungen – ruhige Töne, sanfte Melodien, eben das Gegenteil von der Hauptband. Und dann ertönt „China Beach“, das Intro eines Albums, das alles ist, aber sicherlich kein reines Akustik-Album für zerbrochene Herzen. Schon im ersten Song nutzt Grace die Spoken Word-Technik, nur um im Refrain immer wieder ins Schreien abzurutschen, die Gitarren stolpern von sanften Akkorden zu Hardcore-Riffs und lassen unweigerlich aufhorchen. Was auch immer Grace hier vorhat, ist kein Singersongwriter-Einheitsbrei! Im folgenden „Born In Black“ wird es dann eher monumental, die große Americana-Hymne erinnert stark an Tom Petty, den Grace auch als klaren Einfluss angibt. Nach diesem doch sehr weitflächigen Track geht die Stimmung mit dem „Airplane Song“ über in die geradlinige Rockrichtung, um dann mit „Apocalypse Now (& Later)“ wohl den typischsten Singer-Songwriter-Moment des Albums zu beschwören. Hier bringt Grace die Lagerfeuer-Romantik zu so schönen Zeilen wie „On Top of the World at the End of the World with You“ auf die Platte. Im nächsten Zug nimmt das Album wieder Fahrt auf, „Reality Bites“ thematisiert persönliche Komplexe der Gesellschaft im Rahmen eines Uptempo-Alternative-Songs, „Amsterdam Hotel Room“ geht mit Spoken Word und Stonergitarren wieder aufs Ganze und schreit förmlich nach Moshpit. Überhaupt – so ganz langweilig wird es mit Grace nie, selbst wenn es einige sehr ruhige Momente gibt. „Screamy Dreamy“ und „The Hotel Song“ beginnen zerbrechlich, brechen aber schließlich auf und offenbaren Grace‘ ganzes Herz – so sehr legt sich die Sängerin in jedes einzelne Wort herein. Im Gegensatz dazu ist „Valeria Golino“ wohl der düsterste Song des Albums, die Gitarren sind auf Moll getrimmt, Grace schreit sich ihren Frust von der Seele und nur die Instrumente zerren sie noch in halbwegs geordnete Bahnen.

„Bought To Rot“ ist Laura Jane Grace‘ Hommage an Chicago.  Man spürt, wie jedes Wort aus Grace‘ eigener Erfahrung stammt, wie tausende Erlebnisse und unzählige Menschen die Musikerin mit diesem Ort verbinden. „Bought to Rot“ spricht über Freundschaft, Liebe, Verzweiflung, die Gesellschaft, ist hymnisch, zerbrechlich, gefährlich und gespickt von großen Melodien. Der Markt ist vielleicht überflutet von Soloalben großer Punkfrontpersonen. Für dieses Herzensalbum, das so viel mehr ist als artverwandte Platten vieler Kollegen, hat Grace aber ohne Frage einen Platz in den großen Bestenlisten des Jahres verdient.

Das Album „Bought To Rot“ kannst du dir hier kaufen.*

Und so hört sich das an:

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https://www.youtube.com/watch?v=48fbH6aef2E

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Rechte am Albumcover liegen bei Bloodshot Records.

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