Noir Reva aus Koblenz zeigen mit ihrem zweiten Studioalbum wie viel Atmosphäre rein instrumentale Musik vermitteln kann. Vierzig Minuten und sechs Songs lang zieht das Quartett die Zuhörer*innen mit glasklaren Gitarren, Laut-Leise-Dynamiken und mächtig viel Soundfläche in ihre eigene Lebenswelt, die Assoziationen von Natur- und Wettergewalt weckt. Damit hat „Continuance“ all das, was eine gute Post-Rock-Platte auszeichnet.
Für die volle Entfaltung der Atmosphäre sorgen vorrangig die zwei Gitarren, die sich zumeist spielerisch umgarnen und perfekt miteinander harmonieren. Das stellt bereits der Opener „Fiowia“ unter Beweis. In Explosions In The Sky-Manier tauchen hier immer wieder neue Melodiestränge auf, die binnen kürzester Zeit von neuen verspielten Tonfolgen abgelöst werden. Schlagzeug und Bass setzen ihren Fokus demgegenüber voll und ganz auf die Dynamiken. Gerade „Skyward“ darf als bislang wohl energetischster Song der Band zwischenzeitlich sogar mit Blast-Beats nach vorne scheppern. Auch „Goraiko“ führt die Band mit seinem Double-Bass-Gebretter in ungewohnt harte Gefilde. Ansonsten leitet die Rhythmus-Sektion die Gitarren behutsam an der Hand durch die Laut-Leise-Wanderungen, die die Songs – das haben alle gleich – unternehmen.
Im Gegensatz zum Vorgänger „Nuance“ muten die Stücke häufig etwas elektronischer an. Das liegt wohl auch daran, dass Noir Reva ihre Ausbrüche vermehrt mit sphärischen Synthesizern anfetten. „They Do Exist“ wird außerdem zunächst von Klavier angeleitet, kommt dann nahezu zwei Minuten komplett ohne Schlaginstrumente aus und bricht selbst nach dem Schlagzeugeinsatz erst 90 weitere Sekunden später das erste Mal richtig aus. Wer sich darin versteht den Spannungsaufbau derart lange zu strecken ohne dabei in die Langeweile zu führen, der darf sich gerne als Meister seines Faches bezeichnen.
Instrumentaler Post-Rock mag zwar nicht mehr einer zweiten Mondlandung gleichen und in den vergangenen zwei Dekaden an Innovationstrieb eingebüßt haben, Bands wie Noir Reva zeigen jedoch, dass es auch reichen kann seiner Passion mit viel Mühe nachzugehen. Dazu passt auch der Titel des Albums, das in gewissem Maße vielerlei Bestand darstellt. Das Genre und ihren Bandsound revolutionieren die Koblenzer damit nicht. Wie schon das Debüt bietet jedoch auch „Continuance“ versiertes Songwriting und eindringliche Atmosphären und lässt die Zuhörer*innen deshalb jede investierte Minute Arbeit spüren – und Zeit scheint echt viel in das Projekt geflossen zu sein.
Und so hört sich das an:
Noir Reva live 2020:
06.06. – Koblenz, Jam Club
Die Rechte für das Cover liegen bei Midsummer Records.
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