Owen – The Avalanche

Owen ist Mike Kinsella. Mike Kinsella ist Sänger und Gitarrist von American Football. American Football schrieben Ende des letzten Jahrhunderts mit ihrem ersten Studioalbum Emo-Geschichte. „The Avalanche“ ist das bereits zehnte Album von Owen. Das wird keine Emo-Geschichte schreiben. Einen Lauscher kann man der Platte trotzdem guten Gewissens schenken.

Während für die mittlerweile wieder aktiven American Football verstärkte Klänge dominieren, so kanalisierte Owen Kinsellas ruhige und verletzliche Charakterzüge. Ähnlich sind dahingegen die Sound- und Motivschichtungen, die sowohl „The Avalanche“ als auch das Schaffen der berüchtigten Hauptband durchziehen, auch wenn Owen seine Konstrukte vermehrt um Akustik-Gitarren baut. Diese reichern wiederum ein Wechselspiel aus Klavier, verschiedenen Gitarren, Streichern und reduzierten Drums an. Ganz so nackt wie die Musik vieler anderer Songwriter-Projekte ist der Sound dann nämlich doch nicht. „Dead For Days“ beispielsweise arbeitet mit Akustik-Arpeggio und gelegten Klavier-Chords. Immer wieder erheben sich jedoch auch Streicherteppiche gen Mix-Oberfläche. In der Bridge übernehmen dann Kinsella-typische Math-Spielereien samt Flageolett-Harmonien. Auch das verspielte Hauptmotiv von „Headphoned“ lässt vertracktere Rhythmen zu.

Apropos Math-Rock: Schätzen Fans die Arbeit des 43-Jährigen besonders wegen seiner einmaligen Frickel-Gitarren, so reduziert „The Avalanche“ seinen Math-Anteil auf ein Minimum. Die Hauptmotive sind dabei zumeist simpel gehalten. Trotzdem erhalten bleiben die langatmigen Melodieläufe, die die Musik Kinsellas immer schon durchzogen. So ergänzen das einfache Schrammel-Konstrukt von „On With The Show“ in Strophen und Refrains auch kleinere E-Gitarrenläufe, die dem Song die nötige Tiefe verleihen.

Ein ebenfalls fester Bestandteil von Owen ist die charakteristische, leicht verträumte Stimme des 43-Jährigen. Die gleitet gelegentlich sogar in kraftvollere Ausbrüche wie in „Mom And Dead“, der in seiner zweiten Hälfte eh ungewohnt laut wird. Währenddessen sehnt Kinsella sich Zweisamkeit herbei oder besingt die Liebe und – ohja – beschäftigt sich mit seinen psychischen Abgründen. In die Schublade „Songwriter-Emo“ lässt sich die Musik von Owen also durchaus noch einordnen. „The Avalanche“ wird jedoch besonders dann spannend, wenn Kinsella seinen Math-Einflüssen Platz schafft und diese in akustische Gewänder transformiert. So geschehen beispielsweise in „I Should’ve Know“. Ansonsten sind die neun Stücke – auch dank ihrer breiten Produktion – zwar immer schön anzuhören, heben sich jedoch nicht so sehr von anderen Songwriter-Künstler*innen ab wie die Hauptband von ihren Genre-Kollegen*innen. Und bekanntlich lässt sich der Referenzpunkt einer Hauptband oft nur schwerlich von dem Schaffen in Nebenprojekten trennen.

Das Album „The Avalanche“ kannst du dir hier kaufen.*

Und so hört sich das an:

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Owen live 2021:

27.04. – Köln, Stereo Wonderland
28.04. – Berlin, Badehaus

Die Rechte für das Albumcover liegen bei Polyvinyl.

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