Riot Spears – Bad

Riot Spears

Spätestens seit der “Free Britney”-Bewegung sollten die meisten begriffen haben, inwiefern Britney Spears zu einer tragischen aber doch auch irgendwo logischen Konsequenz der westlichen Popkultur ist. Schließlich versucht diese seit vielen Jahrzehnten, Frauen und Queers zu entmündigen und lieber als vorgefertigte Tokens ganz nach der Vorstellung der mächtigen weißen Cis-Männer auf die Bühnen zu zerren. Warum also nicht diese Kunstfigur Britney Spears in einen positiven Moment des Empowerment neu konnotieren? Riot Spears machen genau dies, wenn sie im aktuell überraschend sprießenden Riot Grrrl-Närhboden frei von Kommerz gegen eben genau diese Art von Fremdbestimmung ankämpfen. Dafür vandalisiert das Debüt “Bad” in feinster DIY-Ästhetik fröhlich pfeifend alle internalisierten Sexismen.

Protest & Pop

Klar, die Riot Spears machen schon Punk. So einen, der schön kracht und den man sich auch bei all der hohen Qualität nicht außerhalb von angenehm miefigen Kellerclubs vorstellen mag. Doch irgendwo zwischen den lärmenden Riffs von Martha Kamrath, dem pulsierenden Bass von Svenja Weiß und dem rasenden Beat von Blanca Schmid lässt das Trio auch immer wieder ganz unaufällig Platz für die Art Melodiebögen, die eine einfach nicht in Ruhe lassen wollen. Pop also. Ganz schön verzwickt die Sache, aber wer braucht bei einer feministischen Band schon Labels? Eben. Deswegen kann man die eigene Kehle auch einfach zum Glühen bringen, wenn die drei Bandmitglieder gemeinsam in bester Punk-Manier “Get off my boaaaat” gröhlen. Aber das ist bei all der Liebe zu den kathartischen Effekten von gemeinsamem Gangshouts bei Weitem nicht alles, was die Riot Spears da angerichtet haben.

Körnig & komplex

Natürlich können auch einfache Thesen und simples Songwriting ein Mittel zum Zweck sein. Für die Riot Spears nur eben einfach nicht. Da klingen sie im einen Moment noch wie eine bissige Version von Garbage (“Pathetic”), nur um im nächsten Moment alle Lampen auszuknipsen und in der nächtlichen Dunkelheit körnigen Grunge aufzulegen (“Mermaid Bitch”). Für genügend Verschnaufspausen ist auf der Platte aber auch gesorgt, wie die melancholische Alternative-Strophe im poppigen “Monster” beweist, die auch Wolf Alice gefallen könnte. Rhythmus-Feinschmecker*innen zappeln hingegen am liebsten zum flotten “Park Song” mit – ich meine, Cowbells! Neben dem Überraschungsei-Closer “Devil & The Sea” mit dem Hidden Track “Tea Diver” stellt vor allem “Alien Pain” vor, wie wunderbar dieses Spiel aus Dissonanz und Harmonie zusammenfließen kann. In einem bedächtigen Klimax entwickelt sich die Sehnsucht nach extraterrestrischem Leben hier nach einer kurzen Indie-Verschnaufpause in einen wüsten Instrumental-Nebel, in dem sogar die tragenden Stimmen reibend abbrechen. Großes Kino.

Übrigens: Textlich ist hier zwischen introspektivischen, aktivistischen und fantastischen Elementen so viel zu entdecken, dass die atmosphärische Dichte über Spiellänge vor allem für ein Punk-Album überragend ausfällt. Britney wäre begeistert.

Und so hört sich das an:

Artist PageFacebook / Instagram / Bandcamp

Rechte am Albumcover liegen bei Ladies & Ladys.

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