Dem Death From Above 1979-Vergleich müssen sich Royal Blood stellen. Immerhin waren die Kanadier die ersten, die auf den Duo-Hype damals Anfang der 2000er als Schlagzeug-Bass-Kombination aufsprangen und den Viersaiter dabei ungewohnt nah an den Gitarrensound brachten. Mike Kerr und Ben Thatcher aka Royal Blood übertrugen dieses Konzept dann in den 2010er-Jahren in den Mainstream, kamen statt dem Hardcore und Punk aber aus dem Alternative und Rock. Doch die Parallelen zwischen den Zweimannbands reichen noch weiter: Beide bringen nach längerer Pause 2021 neue Alben heraus, beide wenden sich auf diesen Disco-Ästhetiken zu.
Mehr und doch weniger
Doch nun erstmal zu den zwei Briten aus der Küsten- und Musikstadt Brighton: Die erleichtern ihren Sound für ihr drittes Album „Typhoons“ zwar, laden diesen gleichzeitig aber auch mit Zusatzgepäck auf. Paradox? Jaein. Die ersten zwei Royal Blood Alben lassen sich mit ihren oft trägen Rhythmen und dicken Basswänden durchaus als schwer und gewaltig umschreiben. „Typhoons“ ist da unbeschwerter, zieht die BPM oft signifikant an und möchte mit seinem groovigen Riffing eher zum Tanzen denn zum Kopfnicken animieren. Das beste Beispiel dafür: Das zuckelige „Limbo“. Hit!
Abgesehen davon waren das selbstbetitelte Debüt und sein Nachfolger „How Did We Get So Dark?“ jedoch relativ reduziert arrangiert und ausproduziert. Ein paar Kuhglocken oder Claps hier, ein Klavier oder Keyboard da – den Rest übernahmen Bass und Schlagzeug. Vor dem Hintergrund ist der dritte Streich von der großen Insel mit mehr Gepäck ausgestattet. Die Basssounds sind ausgefeilter – am abgefahrendsten ist da wohl der Synth-Knarzer von „Mad Visions“. Und es geschehen mehr Dinge, die die zwei Kerninstrumente umgeben oder auch supplementieren. Das Klimper-Klavier in den Strophen von „Either You Want It“ zum Beispiel spendiert dem Song viel Offenheit. Achja: Und mit „All We Have Is Now“ hat „Typhoons“ gar eine obligatorische Piano-Ballade.
Es ist nichts mehr wie es früher war
„Typhoons“ ist bei all dem in vielerlei Hinsicht ein Aufbruch. Vorbei sind die Tage knackiger, von Materialmangel geplagter 50 Minuten Sets. Vorbei sind die Zeiten zu zweit. Schon seit einigen Jahren wird die Band von Backgroundsänger*innen und -musiker*innen begleitet, die sie dabei unterstützen, die Studioaufnahmen live umzusetzen. Und vorbei sind die Tage, in denen Kerr auf der Bühne direkt aus der Jacky-Flasche trank. Letzteres – der Alkoholentzug des Bassisten – findet auch indirekt auf dem Album statt: In den finsteren Texten. Die rechnen mit alten Dämonen ab und geben Gefühle wie Kontrollverlust, Schmerz und Trauer wieder.
Eine Handvoll Rückfälle – im positiven Sinne – behält sich die Band dann aber doch vor. Das von Josh Homme ausproduzierte „Boilermaker“ und das groovige „Who Needs Friends“ lassen die Haare in altbekannter Manier lässig durch die Luft schwingen. Fernab davon ist „Typhoons“ jedoch eine konsequente und runde Sache. In der Hinsicht sind Royal Blood ihren Kollegen von Death From Above 1979 einige Schritte voraus. Eine Umkehrung der Machtverhältnisse.
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