Silverstein – Misery Made Me

Zwei Jahre, zwei Monate, drei Wochen, sechs Tage oder 817 Tage – solange ist es her, dass ich meinen letzten Text bei minutenmusik veröffentlicht habe. Alles kommt irgendwann im Leben einmal wieder – so auch meine Lust nach langer Auszeit wieder über Musik zu schreiben. Vor allem gilt es aber für neue Musik der kanadischen Post-Hardcore-Band Silverstein, die uns in stetiger Regelmäßigkeit mit neuen Releases erfreut und kürzlich ihren neuen Longplayer “Misery Made Me” veröffentlicht hat. Passenderweise handelte auch mein letzter Artikel auf dieser Seite von Silverstein. Das Konzert im Carlswerk Victoria im Februar 2020 fand im Rahmen der Jubiläumstour zum 20 jährigen Bestehen von Silverstein statt und war eine der letzten Tourneen, die noch nicht von pandemiebedingten Auflagen und Lockdowns eingeschränkt wurde.

Das neue Album “Misery Made Me” ist der Beweis dafür, dass Silverstein 20 Jahre noch lange nicht genug waren. Und was bitte soll diese Band noch großartig falsch machen? Wirklich enttäuschende Alben in der Diskografie sind nicht vorzufinden, Songs, die das Publikum auf jeden Fall hören will, sind inzwischen genug vorhanden, um ganze Abende zu füllen. “Misery Made Me” kann also von Beginn an so viel gar nicht falsch machen. Gleichzeitig wäre es eine echte Überraschung, wenn Silverstein mit ihrem zehnten Studioalbum ihre bisherige Diskografie in den Schatten stellen würden. Das beliebteste Album ist wohl bis heute “Discovering the Waterfront” aus den Anfangsjahren der Band, daran hat keines der folgenden Releases etwas ändern können.

Bereits der erste Durchlauf des neuen Longplayers zeigt, dass diese Vorannahmen eintreffen. “Misery Made Me” ist ein weiteres gelungenes Silverstein-Album. Die Band liefert genau das, was man von ihr erwartet. Schnörkelloser Post-Hardcore, der mal lauter mal leiser daherkommt. Der auch nicht vor elektronischen Elementen zurückschreckt. Eingängig waren die Melodien und Refrains der Band schon immer, harte Breakdowns und die Screams von Frontmann Shane Told sorgen jedoch für Abwechslung in den Songs und haben Silverstein – im Gegensatz zu vielen Genre-Kolleg*innen – davor bewahrt, sich den Vorwurf gefallen lassen zu müssen, sie seien zu sehr in den Mainstream abgedriftet.

Mit “Our Song”, “Die Alone” und “Ultraviolet” startet “Misery Made Me” gleich mit den großen Hits, die sich schnell zu Ohrwürmern entwickeln. Obwohl die Musik große Lust auf Dosenbier, Sonnenschein und Festival macht, haben Silverstein einmal mehr negative Gefühle in den Mittelpunkt ihres Songwritings gestellt, wie schon der Album-Titel verrät. Shane Told und seine Bandkollegen arbeiten Emotionen auf, die wir alle in den Pandemiejahren näher kennenlernen mussten: Einsamkeit, Angst, Isolation und Frustration. Mit “The Altar/Mary” ist es Silverstein gelungen die gesamte Bandbreite an Emotionen in einem (Doppel)song perfekt unterzubringen, denn hier folgen brachiale, wütende Shouts auf ruhige Momente. Am Ende des Albums macht die Band dann doch ihren Frieden mit dem inneren und äußeren Elend auf der Welt. “Misery” ist einfach nur schön anzuhören und ein toller akustischer Abschlussong des Albums.

“Misery Made Me” hat aber auch seine schwächeren Momente, diese befinden sich im Mittelteil des Albums. Songs wie “Cold Blood”, “Slow Motion” oder “Don’t Wait Up” sind vielleicht ganz nett und tun niemandem weh – in erster Linie sind sie aber langweilig und überleben kaum mehr als den ersten oder zweiten Durchlauf des Albums, bevor sie anschließend jedes Mal geskippt werden.

Insgesamt können Silverstein-Fans hier bedenkenlos zugreifen und werden auch auf dem neuen Album ihre drei bis fünf Hits mitnehmen. Wer sich noch nie für die Band begeistern konnte, der wird auch mit “Misery Made Me” nicht glücklich.

Das Album kannst du hier kaufen*.

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Die Rechte fürs Cover liegen bei SILVERSTEIN/UNFD.

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