Slash feat. Myles Kennedy & The Conspirators – 4

Endlich wieder Zeit. Eigentlich wollten Slash und seine Band Guns n’Roses zum wiederholten Male die Welt unsicher machen, um den echten Hard Rock zurück auf die Bühnen zu bringen. Warum das nicht geklappt hat, ist mittlerweile nicht mehr nötig zu erklären. Ähnlich ging es wohl auch seinem Buddy Myles Kennedy, der sowohl solo als auch mit seiner Truppe Alter Bridge Bock hatte zu zocken. Aber Bock haben wir ja alle in Überdruss.

Und wenn ein gewisses Virus eben einem verbietet, auf die Bühnen zu dürfen, darf man trotzdem zumindest unter bestimmten Auflagen ins Studio. Wo wir wieder bei der Zeit wären: Slash feat. Myles Kennedy & The Conspirators, die sich aus den beiden Musikern Todd Kerns und Brent Fitz zusammensetzen, haben ihre Vorgängerplatte irgendwo zwischen unzähligen Gigs und Studioaufnahmen fix eingespielt, was man dem dritten gemeinsamen Album auch sichtlich angehört hat. War auf den beiden ersten Werken nahezu fast nur hochkarätige Songware zu finden, wurde auf “Living the Dream” ganz schön geschludert. Ein wenig Copy + Paste zuzüglich herausgenommenem Tempo braucht ein Slash-Fan halt nicht.

Aber die Corona-Zwangspause scheint Inspiration und Energie gebracht zu haben, denn die vierte Runde mit dem konsequent wie simplen Titel 4 macht das, was zuletzt daneben ging, wieder ziemlich richtig. Dreieinhalb Jahre hat man sich genommen, die auch exakt von Nöten waren, um von allen wichtigen Versatzstücken ein paar Häppchen zu nehmen.

4 ballert. Zwar wurde in der Quantität erneut ordentlich abgespeckt – “Living the Dream” ging 52 Minuten, “World on Fire” 77 und “Apocalyptic Love” 61 – und lediglich zehn Titel mit nicht einmal 44 Minuten Laufzeit für die Fans bereitgestellt, die knappe Dreiviertelstunde zieht aber dafür im Tempo und in der Straightness ziemlich durch. Ganz besonders zum äußerst wichtigen Opening hat man voll auf Treffsicherheit gesetzt und mit “The River is Rising” sehr überdurchschnittliche Kost am Start.

Der tolle Eröffnungstrack hat alles, was man braucht. Hervorragende Hook im Refrain, derbe E-Gitarren-Riffs, unerwartete Tempi-Wechsel im B-Teil und endlich wieder Myles, der in nicht nach zu machende Höhen vordringt. So muss das und kein bisschen anders. Der treibende Sound ist hypnotisch, fesselnd und old schoolig. Nicht weniger geht es im Lean-Back-Highway-Song “Whatever Gets You By” und in dem mollig-schwermütigen “C’est la vie” gut zur Sache. Das macht unglaublichen Spaß und zeigt, was man als Zuhörer*in in den letzten Jahren vermisst hat.

Doch so ganz rundum sorglos fühlt man sich final dann doch nicht abgeholt. Denn gerade die Fans, der sensationellen Rockballaden, müssen stark sein: Eine richtig gute gibt’s nämlich exakt kein einziges Mal. Komisch. Selbst auf dem schwächsten “Living the Dream” gab es immerhin zwei Emo-Brecher, die super funktionierten. Darauf hat man nun auf 4 nahezu quasi gänzlich verzichtet. Gekuschelt wurde in den letzten zwei Jahren anscheinend genug auf der heimeligen Couch. Klar, ist einiges mal etwas softer als das davor, aber so richtige Intimität mit legendärem Gitarrensound scheint 2022 ziemlich out zu sein. Da geht “Fill My Love” noch am ehesten in die Richtung und ist auch gleichzeitig eins der absoluten Melodie-Highlights.

Dafür sind auf der anderen Seite Bluesrocker wie “Actions Speak Louder Than Words” in der Aussage sehr treffend und wollen wieder gehört werden. In der zweiten Hälfte fühlt man sich jedoch ein wenig zu monoton unterhalten, sodass mit “Spirit Love” und “April Fool” auch Füllmaterial zu finden ist, was bei gerade einmal zehn Tracks etwas ärgert. Beim Rauswurf “Fall Back To Earth” wird in epischer sechseinhalb Minuten Länge noch mal breit das große musikalische Können gezeigt, nur in der Komposition nicht ganz geliefert.

Aber egal. Slash feat. Myles Kennedy & The Conspirators kommen zwar mit 4 noch nicht ganz an ihre hohe Qualitäten der ersten beiden Alben heran, machen aber wieder mehr Spaß als auf dem zwischengeschobenen Musswerk namens “Living the Dream”. Vielleicht ist ja bald auch mal wieder Rock’n’Roll live, denn das ist schließlich das, wofür jeder einzelne der Member gemacht wurde.

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