Yungblud – Weird!

Yungblud

“Mit seiner ganz besonderen Mischung aus abwechslungsreicher, unverkennbarer moderner Musik und klugen, hinterfragenden, rebellischen Lyrics könnte Yungbluds kometengleicher Aufstieg genau so weitergehen,” stellten wir in unserer Review zum Debütalbum “21st Century Liability” vor knapp 2,5 Jahren in Aussicht. Eine Prognose, die sich mehr als bewahrheiten sollte. Die wunderbare und rappelvolle Show, die wir kurz nach diesem Release in der Kantine besuchten, wird mit ziemlicher Sicherheit erstmal das kleinste Konzert des Briten bleiben. Dank der kontinuierlich wachsenden Yungblud-Army und Features mit Bring Me The Horizon, Halsey, Travis Barker und Machine Gun Kelly hat sich Yungblud endgültig als eine der wichtigsten Stimmen der alternativen Szene etabliert. Nun also das schwere zweite Album, aus dem bereits etliche Songs im Voraus veröffentlicht worden waren. Doch sind die unangepassten Manifestationen des Musikers auf dem Albumcover genau so vielfältig wie die Genres?

Ist das noch progressiv oder schon generisch?

Nicht nur mit visuellen Inhalten wie cineastischen Videos und einer großen Social-Media-Präsenz sticht Yungblud aus der Masse heraus. Auch sein Sound, der sich frei an Anleihen aus Hip-Hop, Rock, Emo und diversen anderen Einflüssen bedient, hat sich längst zu einem Alleinstellungsmerkmal entwickelt. Aus dieser Dualität von Form und Klang entstand schließlich die Marke Yungblud. So individuell dies in vielerlei Hinsicht wirkt, so schleicht sich auf dem Zweitling “Weird!” dann doch eine gewisse Repitition ein. Ganz so unbeherrschbar und abgedreht wie Yungblud als Künstler in vielerlei Hinsicht auftritt erscheint die Platte tatsächlich nicht. Möchte man nun mit einem objektiven Maßstab an die Sache herangehen, könnte man also ob vorhersehbarer Soundstrukturen mäkeln oder den doch oft viel gehörten Referenzen Uninspiriertheit vorwerfen. Aber seien wir mal ganz ehrlich: Diese Taktik greift bei Yungblud einfach nicht. Als Identifikationsfigur mit einer derart großen Plattform steht bei Yungblud stets das Gesamtbild im Fokus.

Hauptsache es schmeckt!

So jemanden wie Yungblud hätte ich mir für meine Jugend auch gewünscht. Wenn die David-Bowie-Referenz “mars” über die junge Transfrau erzählt, die ihren Eltern bei einem Yungblud-Konzert zeigen konnte, dass ihre Queerness eben nicht nur eine Phase ist, ist das gleichermaßen bewegend wie empowernd. Mit seinem androgynen Auftreten erntet Yungblud mit Sicherheit auch eine Menge Spott – toxischer Maskulinität sei dank – doch sein Mut ist eben auch ein wichtiger Faktor für seine Ausnahmerolle. Gerade im alternativen Musikbereich ließ es bisher schlicht an solch exzentrischen Figuren missen. Und zumindest inhaltlich liefert Yungblud dann auch durchgehend ab – Zeilen wie “Love me in a closet, but i’m coming out” (“Strawberry Lipstick”) sind hier wie selbstverständlich an der Tagesordnung und auch die Feier des eigenen Todes als Freak Show (“Freak Show”) offenbart einen transgressiven Moment. Das ist nur selten subtil, trägt die eigene Queerness lieber mit dem glitzernden Vorschlaghammer in den Raum. Musikalisch untermalt ein Großteil des Albums diese Statements mit einem Mix aus akustischem Pop-Rock (“Love Song”) und recht generischem Pop-Punk (“Charity”). Doch einige Songs stechen dann doch heraus: Das basslastige “Cotton Candy”, der Emo-Hit “Teresa” oder der stampfende “superdeadfriends” sorgen für die nötige Abwechslung, um “Weird!” dann doch zu einer runden Sache zu machen.

Dank einer starken Haltung und vielen ähnlich treffenden Melodien besiegelt “Weird!” Yungbluds Siegeszug ein weiteres Mal. Kritiker*innen mögen da noch so ihre Nase rümpfen – so viel Fortschritt wie Yungblud als Gesamtkunstwerk mit sich bringt, können viele andere Künstler*innen mit noch so ausgeklügeltem Songwriting nicht ansatzweise nachahmen. Als queeres Vorbild, das gemeinsam mit seiner Community die Wände der alternativen Szenen einreißt, hat Yungblud definitiv die Berechtigung, ein Ausrufezeichen im Albumtitel zu platzieren.

Das Album “Weird!” kannst du hier kaufen. *

Und so hört sich das an:

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Rechte am Albumcover liegen bei Interscope Records.

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