„Könnt ihr uns hören?“-Lesung, FZW Dortmund, 12.03.2019

„Wer war der Erste? Das ist ja vor allem eine Definitionsfrage. Es gab 1980 auch schon Punkmusiker, die Rapsongs gemacht haben. Aber Real Rap – als Rap-artige Musik von Angehörigen der HipHop-Szene – gab es in den frühen Achtzigerjahren kaum.“ – dieses Zitat stammt von Hip-Hop-Journalist Falk Schacht und war eine von vielen Aussagen, die am Dienstagabend im Dortmunder FZW besprochen wurden. Denn wie unzählige weitere findet sie ihren Ursprung in einem der über 100 Interviews, die die Journalisten und Autoren Jan Wehn und Davide Bortot in den vergangenen Monaten und Jahren mit Rappern, Produzenten, Journalisten und sonstigen Kennern der deutschen HipHop-Szene führten. Dabei fragten sie ihre Interviewpartner nach deren persönlicher Geschichte im HipHop, wie sie zu dem Genre kamen, was sie damit verbinden und vieles mehr – und lassen so die Protagonisten aus den verschiedensten Epochen des deutschen HipHop und Rap ihre eigene Geschichte von den 80er Jahren bis heute erzählen.

So entstand schließlich eine 450 Seiten umfassende, ausführliche „Oral-History des deutschen Rap“, die vor kurzem unter dem wunderschönen Titel „Könnt ihr uns hören?“, in Anlehnung an den Track „Könnt ihr mich hör’n?“ von Cora E., im Ullstein Verlag veröffentlicht wurde. Eine Lesetour mit diesem Geschichtsbuch ist da nur die logische Konsequenz, sodass die beiden Autoren in diesen Tagen – wie am Dienstag in Dortmund – in insgesamt neun deutschen Städten zu Gast sind und aus ihrem Buch vorlesen, Anekdoten über die Entstehung erzählen und mit ihren Gästen über HipHop quatschen.

Da Davide Bortot, ehemaliger Chefredakteur der Juice, leider krank war und so nicht wie geplant gemeinsam mit Jan Wehn auf der Bühne sitzen konnte, musste letzterer zunächst alleine in die Lesung starten – was das Ganze aber keinesfalls schlechter machte. So erzählte der Journalist zunächst von der Idee und Entstehungsgeschichte des Buchs und las anschließend Teile des ersten Kapitels vor, aus dem auch das oben genannte Zitat von Falk Schacht stammt. Vielen im Publikum merkte man dabei an, wie sie sich zurückversetzt fühlten und bei einigen Passagen wissend nickten, lachten oder die Zitate kommentierten.

Doch lange sollte der Autor nicht alleine auf dem Sofa auf der Bühne bleiben – denn wie in jeder Stadt war auch in Dortmund einen besonderen Gast aus der deutschen HipHop-Szene eingeladen, der live auf der Bühne interviewt werden sollte. Mit Juicy Gay war an diesem Abend wohl einer der jüngsten Rapper der Tour zu Gast, der fast schon exemplarisch für eine ganze neue Generation steht, die sich in den letzten Jahren im Deutschrap etabliert hat. Gemeinsam mit Jan Wehn unterhielt er sich darüber wie er zum HipHop kam, seine ersten Tracks, seinen Werdegang und seinen Bezug zu Moneyboy, welcher schließlich auch in dem abschließend von Wehn und Juicy Gay abwechselnd gelesenen Kapitel eine zentrale Rolle spielte.

In fast schon Wohnzimmer-artiger Atmosphäre hatten gegen Ende dann auch die Besucher noch die Möglichkeit Fragen an Jan Wehn und Juicy Gay zu stellen, was nochmals für einige Lacher und angeregte Unterhaltungen sorgte. „Ich glaube so viele Fragen wurden bisher noch in keiner Stadt gestellt“, resümierte der Autor zufrieden – was für ein schöner und interessanter Abend über Real-Rap, deutschen HipHop und seine Geschichte!

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Die Bildrechte liegen bei Robert Winter.

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