Zugegebenermaßen, zunächst klingt das etwas verwunderlich – macht bei genauerem Hinhören jedoch unfassbar viel Sinn: Mantar veröffentlichen eine Cover-EP. Für „Grungetown Hooligans II“ hat das Duo acht Alternative-Rock-Klassiker durch ihren räudigen Doom-Punk-Sound geprügelt. Dass dieses Prinzip funktionieren kann, haben die Sludge-Metaller Thou mit ihrem Nirvana-Tribute-Album „Blessing Of The Highest Order“ erst kürzlich bewiesen. Mantars jüngste EP ist jedoch nicht nur deutlich kürzer als das Werk von Thou, die beiden gebürtigen Bremer versuchen sich auch gleich an sieben Bands, anstatt es bei einer zu belassen.
Nicht noch irgendwas mit Cover-Songs
Dass Mantar auf College Rock und Gegenkultur stehen, ist nichts neues. In ihrer Anfangszeit wurde die Gruppe beispielsweise mit Nirvana verglichen, was die beiden Norddeutschen freudig als Kompliment aufgefasst haben. Aber auf „Grungetown Hooligans II“ spielen Mantar keine Nirvana-Songs oder Stücke anderer Grunge-Superstars. Sie lassen die Musik der Gruppen wieder auf erleben, welche den Weg für die Alternative Nation der 90er Jahre geebnet haben: L7, The Jesus Lizard, Sonic Youth, Mazzy Star, Babes In Toyland, Mudhoney und 7 Year Bitch. „Grungetwon Hooligans II“ ist die Antwort auf die Frage, woher die zahlreichen befremdlichen Akzente in ihrer Musik kommen.
Cover-Werke gibt es bekannterweise wie Sand am Meer und in den allermeisten Fällen haben sie auch keinen kreativen oder innovativen Mehrwert. Als prominentestes Beispiel dürfte hier wohl „Garage Inc.“ von Metallica aufgeführt werden. Nur selten kommt bei dem Versuch altbewährten Songs neue Energie einzuhauchen so etwas kraftvolles, originelles und in sich Stimmiges raus, wie Mantar es hier gelingt. „Grungetown Hoolignas II“ ist eine erstklassige Hommage an die 90er Jahre, hat aber gleichzeitig einen experimentellen Charakter.
Einmal durch die Hölle und zurück
Mit aller Gewalt treten Mantar die acht Songs durch ihren brachialen Doom-Metal-Crust-Punk-Sound und wieder zurück. Dabei behandeln sie die Stücke stehts mit größtem Respekt. Die erste Vorabsingle, eine Eigeninterpretation von Mazzy Stars „Ghost Highway“, stellt das wohl größte Experiment der Platte dar: seichter Alternative-Sound mit Country-Schlagseite im Mantar-Gewand. Was fraglich klingt, stellt sich als brillantes Unterfangen dar. Hanno Klänhardts räudige Stimme ist der wohl gewaltigste Unterschied zu den Originalversionen der Songs, die in der Regel mit recht empfindsamen Gesang auskommen. Ansonsten hält sich das Duo musikalisch nah an den Urfassungen.
Von den Punkrockerinnen L7 nehmen sie sich gleich zwei Stücke vor: Das bissige „The Bomb“, welches die EP mit einer brachialen Ohrfeige eröffnet, und das Grunge-lastige „Can I Run“. Beides Stücke ihres 94er Meilensteins „Hungry For Stink“. Am organischsten wirkt jedoch ihre Version des Sonic-Youth-Klassikers „100%“. Mantar geben die ohnehin schleppenden Passagen des Songs noch schwerfälliger zum Besten. Besonderes Augenmerk des Stückes liegt auf den zahlreichen Schlagzeug-Akzenten. Im dazugehörigen Musikvideo gibt es dann fliegende Skateboards, Bier und Chips auf Parkplätzen. Sie erweisen den Noise-Rock-Ikonen rund um Kim Gordon und Thurston Moore alle Ehre. Sowieso ist diese EP ein ehrfürchtiger Knicks vor dem gelebten Rebellentum der 90er Jahre. Eine Liebeserklärung von Außenseiter an Außenseiter.
Das Album ist hier erhältlich.*
Und so hört sich das an:
Website / Facebook / Twitter / Instagram
Die Rechte am Albumcover liegen bei Mantarecordings/Cargo.
* Affiliate-Link: Du unterstützt minutenmusik über deinen Einkauf. Der Artikel wird für dich dadurch nicht teurer.